Am 27. November 2016 entscheiden Volk und Stände ĂĽber die AtomausstiegsÂinitiative. Nicht nur die bĂĽrgerlichen Parteien, sondern auch der Bundesrat lehnt die Initiative ab. Er setzt auf einen kontrollierten Ausstieg aus der Kernenergie, der mit dem Ausbau der einheimischen erneuerbaren Energien und Stromnetze Schritt hält. «Das verschafft der Schweiz die fĂĽr den Umbau der Energieversorgung nötige Zeit», sagte Energieministerin Doris Leuthard vor den Medien in Bern.
Die Atomausstiegsinitiative will neue Kernkraftwerke (KKW) verbieten. Zusätzlich fordert sie, die Laufzeit der bestehenden fünf KKW zu begrenzen. «Bei Annahme der Initiative würde der neue Verfassungsartikel sofort greifen, es bräuchte nicht noch ein Gesetz zur Umsetzung: Die drei KKW Mühleberg, Beznau I und Beznau II müssten somit bereits 2017 abgeschaltet werden, Gösgen 2024 und Leibstadt 2029», so die Vorsteherin des Eidgenössischen Departementes für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK. Die Initiative verlangt zudem, dass der Bund seine Energiepolitik auf weniger Energieverbrauch, mehr Effizienz und erneuerbare Energien ausrichtet. Genau das hat das Parlament mit 
der Energiestrategie bereits be-schlossen. Die Folge der links-grünen
Initiative wäre eine übereilte Abschaltung der KKW.
«Der fehlende Anteil könnte nicht rasch genug mit Schweizer Strom aus erneuerbaren Energien ersetzt werden.»
Dazu Leuthard: «Schon 2017 würde der Schweiz rund ein Drittel des heute produzierten KKW-Stroms fehlen.» Mühleberg, Beznau I und Beznau II produzierten im Schnitt der letzten zehn Jahre jährlich gut acht Terawattstunden Strom. «Dies entspricht dem durchschnittlichen jährlichen Stromverbrauch von rund 1,6 Millionen Haushalten. Der fehlende Anteil könnte nicht rasch genug mit Schweizer Strom aus erneuerbaren Energien ersetzt werden», betont Leuthard. Die Schweiz müsste deshalb bedeutend mehr Strom aus dem Ausland importieren und somit auf dreckige, ausländische Kohle- und auf fremde Kernkraftwerke zurückgreifen. Dies sei «Dreckstrom» aus Deutschland und Frankreich, den Hauptimportländern der Schweiz, wo Strom 
heute nach wie vor zu grossen Teilen 
von Kohle-, Gas- und Kernkraftwerken produziert werde.
«Grosse Probleme»
«Die Initiative weckt falsche Hoffnungen und schafft grosse Probleme», erklärte die Bundesrätin. Der Ausstieg aus der Kernenergie sei sinnvoll und machbar. Der KKW-Strom lasse sich aber nicht so rasch und einfach durch sauberen einheimischen Strom ersetzen. «Der Umbau unserer Energieversorgung braucht Zeit. Mit einem übereilten Ausstieg und forcierten Stromimporten ist der Schweiz nicht gedient.»
Die Initiative berge auch finanzielle Risiken für Bund und Steuerzahlende, führte die Bundesrätin ins Feld: «Entschädigungsklagen der Betreiber für Investitionen, die sie im Vertrauen auf das geltende Recht mit unbefristeter Betriebsbewilligung getätigt haben, sind absehbar. Sind die Klagen erfolgreich, so müsste der Bund – und damit letztlich alle Steuerpflichtigen – diese Entschädigungen bezahlen.»
Netzversorgungssicherheit ist 
gefährdet
Der Graubündner Regierungsrat Mario Cavigelli richtete als Präsident der Energiedirektorenkonferenz EnDK den Fokus auf die Versorgungssicherheit der Schweiz, die durch die Initiative massiv gefährdet werde. Die EnDK stehe hinter dem Entscheid des Bundesrates. Aus ihrer Sicht sei das Risiko von Stromausfällen markant höher, weil durch deutlich mehr 
Stromimporte eine Überlastung 
der Netzinfrastruktur drohe. Dazu Cavigelli. «Unsere Stromleitungen und andere Teile des Netzes reichen heute nicht aus, um dauerhaft bedeutend mehr Strom einzuführen. Die notwendige Verstärkung mit Ausbau und Erneuerung der Strom-
leitungen braucht Jahre.»
«Unsere Stromleitungen reichen heute nicht aus – das Risiko von Stromausfällen ist gross.»
Suzanne Thoma, CEO der Bernischen Kraftwerk AG BKW, bezeichnete den Ausstieg aus der Kernenergie «als globales Mehrgenerationen-Projekt, das seine Zeit braucht». Ein erfolgreicher Ausstieg aus der Kernenergie könne nur geplant und geordnet vonstattengehen. Ein Kernkraftwerk könne man nicht einfach so vom Netz nehmen und abschalten. «Das Stilllegen eines KKW ist komplex und muss deshalb sorgfältig geplant und durchgeführt werden, wobei die Sicherheitsvorkehrungen oberste Priorität haben», so Thoma. Der Prozess daure entsprechend lang. So rechnet die BKW für die Stilllegung des KKW Mühleberg vom Zeitpunkt der Einreichung des Stilllegungsprojektes bis zum Abschluss der Rückbauarbeiten mit über 15 Jahren.
Corinne Remund
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STROMAUSFÄLLE & Blackouts nicht provozieren
Werkplatz Schweiz in Gefahr – KMU-Wirtschaft warnt
Rund 60 Prozent des Schweizer Strom-
verbrauchs entfallen auf die Wirtschaft. Eine sichere Versorgung ist daher fĂĽr unsere 
Unternehmen extrem wichtig. In den letzten Jahrzehnten war dies in der Schweiz stets 
gewährleistet – und zwar auf einem sehr hohen Niveau. Mit der Atomausstiegsinitiative der GrĂĽnen gerät dieser zentraler Standortfaktor in Gefahr. Eine allfällige NetzĂĽberlastung, die zu Stromausfällen oder Blackouts fĂĽhren wĂĽrde, hätte fĂĽr die KMU- Wirtschaft verheerende Auswirkungen. Dies zeigt eindrĂĽcklich die Aussage eines Schweizer Aufzugsherstellers: «Ich gehe von rund 500 000 Liftanlagen aus, welche in der Schweiz täglich mehrere Millionen Personen befördern. Da Stromausfälle heute noch eher selten vorkommen, ist es auch selten, dass AufzĂĽge deswegen stecken bleiben. Kommt es dennoch zu einer Panne und sind Personen eingeschlossen, so können wir das Problem heute innerhalb einer Stunde lösen», erklärt er und fĂĽhrt weiter aus: «Bei längeren StromÂausÂfällen 
wĂĽrden wichtige AufzĂĽge an Notstromaggregate angeschlossen, damit eine Evakuierung jederzeit ohne weiteres möglich wäre. Allerdings gibt es noch ganz viele «alte» Liftan
lagen ohne Notrufsysteme, bei denen man sich bei Einschluss durch einen Stromausfall nur bedingt bemerkbar machen könnte.»
«Ohne Strom geht gar nichts»
Eine katastrophale Auswirkung hätten Stromausfälle auch im Hotellerie- und Gastgewerbe. Dazu Casimir Platzer, Präsident GastroSuisse und Inhaber des Belle Epoque Hotel Victoria in Kandersteg: «Eine sichere Stromversorgung ist für die Restaurants und Hotels in der Schweiz fundamental wichtig. Ohne Strom kann dem Gast kein Menü zubereitet werden, kann der Hotelgast kein Zimmer buchen und keine Seilbahn fährt den Touristen auf den Aussichts-Gipfel. Die Stabilität der Schweiz trägt zu ihrer Attraktivität als Destination bei.» Der Gastronom weiter: «Experimente bei der Energieversorgung und drohende Blackouts würden diesen Ruf gefährden. Für ein belebtes Hotel mit Restaurant wäre ein Stromausfall verheerend. Alles stünde still und die Gäste, die eigentlich Genuss und Erholung suchen, würden ihren Besuch in schlechter Erinnerung behalten. Wenn die Versorgungssicherheit mit Strom gefährdet wird, entstehen dem Betrieb zusätzliche Kosten, um in eine Notstrom-Infrastruktur zu investieren.»
Auch Marianne Meister, Kantonsrätin FDP, Gemeindepräsidentin von Messen (SO) und Präsidentin des Kantonal-
Solothurnischen GewerbeÂverbands, warnt vor einer Kurzschlusshandlung: «Die 
Initiative gefährdet die Sicherheit der Stromversorgung. Die Kernenergie macht heute rund 40 Prozent des Schweizer Strommixes aus. Wenn wir grosse Anteile jäh wegschneiden, riskieren wir Stromausfälle und Blackouts, die verheerende Folgen fĂĽr Wirtschaft und Gewerbe haben.» CR