Publiziert am: 08.05.2015

Das Fass droht nun überzulaufen

FRANKENSCHOCK –Die KMU in der MEM-Branche geraten durch die Aufhebung des Mindestkurses massiv unter Druck und 
mussten bereits 2000 Stellen abbauen. Daher sind rasche Entlastungen in Regulierung und Administration unumgänglich.

Die KMU in der MEM-Branche (Maschinen-, Elektro- und Metall-Branche) haben aufgrund der Aufhebung des Euromindestkurses durch die Schweizerische Nationalbank bereits rund 2000 Stellen abgebaut. Dies geht aus einer repräsentativen Umfrage von Swissmechanic, dem führenden Arbeitgeberverband der KMU in der MEM-Branche, hervor. Die seit Jahren sinkenden Margen, die gestiegenen Preise im Export und der erneut stärker gewordene Schweizer Franken zwingen etliche Unternehmen zu drastischen Massnahmen. 16 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, bereits Entlassungen vorgenommen zu haben. Ein Trend, der anhalten wird, sollte sich der Franken gegenüber dem Euro nicht abschwächen.

«Die Zitrone ist schon längst ausgepresst.»

Viele KMU versuchen mit Massnahmen wie der Erhöhung der Wochenarbeitszeit, Kurzarbeit sowie Auslagerungen von Bereichen und Produktionsoptimierungen, den Abbau von weiteren Stellen zu verhindern. «Die Zitrone ist schon länger ausgepresst. Schon in der Eurokrise 2009 haben die KMU Massnahmen eingeleitet, um die Konkurrenzfähigkeit aufrecht zu erhalten», sagte Swissmechanic-Direktor Oliver Müller anlässlich einer Medienkonferenz in Zürich. Nun drohe das Fass bei einigen KMU überzulaufen. Sorgen bereiten vor allem die Aussagen von befragten Unternehmen im Hinblick auf das kommende Halbjahr im Bereich des Personals. 13 Prozent der Befragten planen für den Fall einer ausbleibenden Entschärfung der Situation weitere Entlassungen oder die Einführung von Kurzarbeit.

Gefälle innerhalb der Branche

Die Umsätze sowie die Entwicklung der Auftragseingänge für die kommenden Monate lassen viele KMU grundsätzlich positiv in die Zukunft schauen. Rund 40 Prozent der befragten Unternehmen beurteilen den Umsatz im 1. Quartal 2015 als «befriedigend». Die KMU in der MEM-Branche verfügen gemäss Oliver Müller nach wie vor über herausragende Fähigkeiten und sind auf den Märkten gut positio­niert. «Unsere Produkte sind gefragt, das ist nicht das Problem. Die hohen Preise, gepaart mit einer steigenden Regulierung und administrativen Belastungen, schmälern die Margen und gefährden wichtige Investitionen in die Produktion.» Dabei gilt es innerhalb der KMU-Branche zu unterscheiden. Die erste Gruppe von Unternehmen operiert gewinnbringend und verfügt über eine positive Situation. In der zweiten Gruppe der KMU-MEM sind jene Unternehmen, die mit Massnahmen wie Produktionsoptimierungen, Erhöhung der Wochenarbeitszeit, Kurzarbeit, der Bearbeitung von neuen Märkten oder verstärkten Marketingmassnahmen die derzeitig angespannte Lage zu überbrücken versuchen. In der dritten Gruppe sind jene angesiedelt, die bereits jetzt das letzte Mittel – Massnahmen im Personalbereich – ergreifen mussten und sich in einer prekären Situation befinden.

«Eine Abwanderung von Teilen der MEM-Branche wäre für die Schweiz ein grosser Verlust.»

Letztere stehen gemäss dem Präsidenten von Swissmechanic, dem Glarner Unternehmer Roland Goethe, vor einem Scheideweg. «Gelingt es ihnen nicht, die Kostenseite nachhaltig in den Griff zu bekommen und müssen sie weiterhin mit einem starken Franken nahe der Parität zum Euro kalkulieren, wird es zu weiteren Auslagerungen und ersten Geschäftsaufgaben kommen.»

Schweiz braucht MEM-Industrie

Eine Abwanderung von Teilen der MEM-Branche, einem der wichtigsten Industriesektoren, wäre für den Wirtschaftsstandort Schweiz ein grosser Verlust. «Die Schweiz als internationalen Forschungsstandort zu positionieren, ist richtig. Hier können wir unsere Stärken in Forschung und Entwicklung ausspielen. Aber ein guter Forschungsstandort braucht auch eine produzierende Industrie. Theorie und Praxis gehören zusammen», ist Goethe überzeugt.

Deshalb gelte es, die Rahmenbedingungen des Werkplatzes Schweiz zu verbessern. Regulierungen und administrative Belastungen sollen reduziert und die Exportförderung für KMU verbessert werden. Im Zentrum steht jedoch die Reduktion des Staatsapparates. «Wir Unternehmer mussten in den vergangenen Jahren die Effizienz unserer Produktion über 30 Prozent steigern. Es wurde alles unternommen, um Arbeitsplätze zu schützen. Im gleichen Zeitraum ist der Staat um 30 Prozent gewachsen. Das muss korrigiert werden», fordert Roland Goethe. Dabei seien kurzfristige und einfache Massnahmen hilfreich, wie etwa der vermehrte Verzicht auf die Einbindung von Unternehmen in Umfragen und Studien. «Wir müssen aufhören, jedes Thema zu bewirtschaften, nur weil eine Interessensgruppe dafür wirbt.» Zudem brauche es eine Solidarität auf dem Werkplatz Schweiz. Politik und Gesellschaft müssten den KMU-Unternehmen, die regional stark verankert sind, den Rücken stärken.

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