Publiziert am: 24.03.2017

«Das ist ein krasser Wortbruch»

HÖHERE BERUFSBILDUNG – Das SBFI will sich bei der Umsetzung der Finanzierung von Vorbe­reitungskursen nicht an den Parlamentsbeschluss halten. Der sgv wehrt sich vehement dagegen.

Im letzten Winter wurde mit der 
Verabschiedung der SBFI-Botschaft die Stärkung der Höheren Berufsbildung verankert. Nun geht es in die Umsetzung der neuen Finanzierungssystematik. «Der Wechsel von der Unterstützung einzelner Vorbe­rei­tungskurse durch die Kantone hin zur Finanzierung der Teilnehmenden direkt durch den Bund – Subjektfinanzierung – zeigt allerdings, dass noch einiges diskutiert und klargestellt werden muss», stellt Christine Davatz, sgv-Vizedirektorin und Bildungsverantwortliche fest.

«Glaubt das SBFI wirklich, mit einem solchen Vorschlag die höhere Berufs­bildung zu stärken?»

Als in der Projekt-Steuergruppe des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation SBFI «Stärkung der Höheren Berufsbildung» klar war, dass es kein Abrücken mehr gab von der Subjektfinanzierung und man diese erst noch an die Absolvierung der Prüfung knüpfte, handelte der Schweizerische Gewerbeverband sgv. Er setzt sich dafür ein, dass auch Personen, die die Prüfung noch nicht absol­viert haben, bereits während ihrer Ausbildung Teilbeiträge anfordern könnten. Dazu Davatz: «Durch diese Umstellung werden einerseits die Kurskosten höher und anderseits ist nicht jeder Kursteilnehmer in 
der Lage, über eine längere Zeit Tausende von Franken vorzuschies-
sen. Trotzdem wollen wir nicht als Bittsteller daherkommen müssen, ist doch das erklärte Ziel des Bundesrates, die Höhere Berufsbildung endlich zu stärken.» Nach heftigen Debatten im Parlament versprach der Bundesrat, dass man für diese Teilfinanzierung ein einfaches System wähle, bei dem man seine finanziellen Verhältnisse nicht offenlegen müsse.

Frage von Nationalrat Hans-Ulrich Bigler

Das SBFI lädt nun Ende Februar die Verbundpartner ein, zur vorgeschlagenen Verordnungsänderung Stellung zu nehmen. Der Bundesrat respektive das SBFI überraschte dabei mit einer neuen Schikane: Gesuchsteller, die bereits während des Vorbereitungskurses Teilbeiträge möchten, müssen ihre letzte rechtskräftige Steuerveranlagung offenlegen. Auf die Frage vom Zürcher FDP-Nationalrat und sgv-Direktor Hans-Ulrich Bigler, wie der Bundesrat begründe, dass das SBFI dem Willen des Parlamentes nun nicht entspreche, erhielt er vom Bundesrat am 6. März 2017 folgende Antwort: Es treffe zu, dass der Vertreter des SBFI in der vorberatenden Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur gesagt haben, die Gesuch­stellenden müssten die finanziellen Verhältnisse nicht offenlegen. Er habe aber auch betont, dass die Gesuchstellenden darlegen müssen, dass sie zu den Härtefällen gehören. Deshalb stelle der Verordnungsentwurf einen Kompromiss dar, der eine einfache, niederschwellige Prüfung der Härtefälle ermögliche. Als Bedarfsnachweis wird die Veranlagung der direkten Bundessteuer vorgeschlagen – dies, ohne dass die Gesuchstellenden zusätzlich und detaillierter über ihre finanziellen Verhältnisse Auskunft geben müssten.

Wille des Parlaments 
nicht respektiert

Für Nationalrat Hans-Ulrich Bigler wie auch für den sgv ist dies ein krasser Wortbruch zu dem, was im Parlament diskutiert wurde. «Damit wird nicht nur der Wille des Parlaments nicht respektiert, sondern vor allem auch nicht berücksichtigt, dass Auszahlungen von Teilbeiträgen an die letzte rechtskräftige Steuerveranlagung gebunden sind und zwischen dem Einreichen einer Steuererklärung bis zu deren Rechtskraft mindestens ein bis drei Jahre vergehen können.» Dies bedeute, dass die für die Bemessung von Teilbeiträgen gültige Erklärung weit vor dem Beginn der Ausbildung liege und mit der Situation während der Weiterbildung meist nichts zu tun habe. «Muss der Teilnehmer zum Beispiel die Arbeitszeit für die Teilnahme an der Ausbildung reduzieren, verringert sich dadurch sein Einkommen. Dies wird aber erst in einer rechtskräftigen Steuerveranlagung sichtbar, welche nach Ausbildungs­abschluss für die Auszahlung von Teilbeiträgen eingereicht werden kann», bringt es Bigler auf den Punkt.

Auch der Schwellenwert des steuerbaren Einkommens sei so tief angesetzt, dass man, um auf null Franken Bundessteuer zu kommen, kaum in der Lage sei, eine Ausbildung vorzufinanzieren. «Glaubt das SBFI wirklich, mit einem solchen Vorschlag die Höhere Berufsbildung zu stärken? Oder will das SBFI sogar die von den Organisationen der Arbeitswelt OdA getragenen Berufs- und höheren Fachprüfungen abschiessen? Dies, einfach um zu demonstrieren, dass in der Verbundpartnerschaft nur 
der Bund das Sagen hat?», fragt sich Davatz. CR

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