Publiziert am: 12.08.2016

«Den Jungen eine Chance geben»

EUROSKILLS 2016 – Die Unternehmerin Susan Meier setzt sich aktiv für den Berufsnachwuchs in der Kosmetikbranche ein. Als Chefexpertin bei SwissSkills trainiert sie zurzeit Carla Calderari für den europäischen Berufswettkampf im Dezember in Schweden.

Exakt, sorgfältig und hochkonzen­triert führt Susan Meier eine Gesichts-
behandlung durch. Dabei ist deutlich spürbar, dass die Kosmetikerin ihren Beruf mit viel Herzblut und Leidenschaft ausübt. Auch ihr Flair für den Umgang mit Menschen, sowohl mit der Kundschaft als auch mit den Mitarbeiterinnen ist auf den ersten Blick ersichtlich. Die Haut fasziniere sie: «Ich liebe es, mit der Kundin Lösungen zu erarbeiten, sie zu pflegen und zu verschönern. Spannend ist auch, im kreativen Bereich mit Farben und Formen zu arbeiten.» Es sei ein befriedigendes Gefühl, wenn am Ende der Behandlung das Ergebnis nach dem Wunsch der Kundin ausfalle.

«das traditionelle Handwerk mit unseren Händen spielt 
die grösste Rolle.»

Zu ihrem Beruf ist Susan Meier auf unkonventionellem Weg gekommen: Sie stammt ursprünglich aus der Hotellerie und Gastronomie und führte unter anderem einen Betrieb in der Ostschweiz: «Unsere Familie ist in der Gastronomie verwurzelt, so war es klar, dass auch ich diesen Weg einschlagen würde.» Nach rund zehn Jahren in der Gastronomie legte sie eine berufliche Pause ein und meldete sich zu einem Kosmetikkurs an: «Einfach aus persönlichem Interesse», wie sie sagt. Aus dem Kosmetik­lehrgang an einer Privatschule wurde ihre heutige Berufung. «Ich wollte mehr über Kosmetik wissen und das handwerkliche Können perfektionieren und entschied mich für eine Berufslehre als Kosmetikerin EFZ.» Diese schloss sie, als sie 37 Jahre alt war, ab, und schon zwei Jahre später folgte die Höhere Fachprüfung. Sie machte sich danach selbstständig. Seit 1993 führt sie in Luzern ihr Kosmetikinstitut Cosmetic Susan Meier mit vier ausgebildeten Kosmetikerinnen und einer Lernenden.

 

Einen professionellen Job machen

Die Kosmetikbranche hat sich im Laufe der Jahre stark gewandelt. Kosmetik und Beauty haben heute bei 40 bis 60 Prozent der Leute einen sehr hohen Stellenwert. «Dies zieht sich quer durch die Gesellschaft, von der Handwerkerin bis zur Geschäftsfrau sowie durch alle Altersklassen», sagt Meier. Grossen Wert legt die engagierte Berufsfrau darauf, immer auf dem neusten Stand bezüglich Ausbildung und Produkte zu sein. «Wichtig ist, sich einerseits auf das Kosmetikangebot zu konzentrieren, andererseits aber schon an die Zukunft zu denken und die Trends zu beobachten, um sie allenfalls frühzeitig in das eigene Angebot zu integrieren», betont Meier. Dabei ist ihr ein normales Verhältnis zur Haut und deren Alterung sowie die jeweilige Veranlagung ein grosses Anliegen. «Trotz aller Trends spielt bei den Kunden das traditionelle Handwerk mit unseren Händen die grösste Rolle. Gerade im Hightech-Zeitalter ist es wichtig, wieder Nähe zu spüren, sich pflegen und verwöhnen zu lassen», weiss die passionierte Kosmetikerin. Die grösste Herausforderung für sie ist, auf dem Markt zu bestehen, indem sie eine so professionelle Dienstleistung bietet, die den verlangten Preis bei der Kundschaft mehr als rechtfertigt. «Nur so können wir uns den Lohn zahlen, der uns auch zusteht», hält Meier fest.

Die jungen Frauen unterstützen

Als Unternehmerin setzt sich Meier für den Berufsnachwuchs ein: «Ich möchte jungen Frauen die Chance geben, den schönen Beruf der Kosmetikerin von Grund auf zu lernen und ihnen eine gute berufliche Weiterentwicklung zu ermöglichen.» Deshalb engagiert sie sich als Chefexpertin bei SwissSkills und Expertin bei EuroSkills. Sie hat in den vergangenen Jahren schon viele junge Frauen für die nationalen und internationalen Berufswettkämpfe trainiert, und dementsprechend verfügt sie über viel Erfahrung. Die Schweiz ist im internationalen Umfeld bis jetzt vorne dabei. Doch darf man sich nicht täuschen lassen. «Auf europäischer Ebene ist es schwer abzuschätzen, wie gut die Schweiz positioniert ist», gibt die Expertin zu bedenken. «Auf internationaler Ebene mischeln wir vorne mit. Die Asiaten trainieren aber immer intensiver und immer mehr miteinander, dabei greifen sie auch auf Experten aus Europa zurück.» Gerade die WorldSkills im letzten Sommer in São Paulo hätten gezeigt, dass die Konkurrenz nicht schläft: «Die Anforderungsprofile sind zum Teil unsicher und immer herausfordernder», so Meier.

«das Können und Wissen aus dem Berufsalltag reichen bei weitem nicht mehr.»

Im Bereich «Make-up» und «Medizinische Massage» werde immer mehr verlangt. «Da müssen unsere Leute einen grossen Spagat machen, denn eine fundierte Grundbildung und das Können und Wissen aus dem Berufsalltag reichen hier bei Weitem nicht mehr. Sie müssen neben dem Arbeitsalltag innerhalb von wenigen Monaten quasi zwei neue Berufe erlernen. Dies bedingt eine schnelle Auffassungsgabe und viel Disziplin.» Hinzu kommt noch, dass die jungen Frauen in diesen neuen Techniken Routine bekommen müssen, was im Berufsalltag rein zeitmässig eine gros­se Herausforderung ist.

Ein intensives Training, viel Eigenmotivation und grosse Unterstützung vom Umfeld sind Grundvoraussetzungen für die Teilnahme an einem Berufswettkampf. «Es reicht nicht mehr, eine Topberufsfrau zu sein. Man muss im richtigen Moment am richtigen Ort das Richtige machen, um ganz vorne dabei zu sein», sagt Meier. Leider sei an den internationalen Wettkämpfen häufig die Objektivität nicht für alle gleich, bedauert die versierte Chefexpertin zudem. Doch am wichtigsten ist für sie, «dass meine Kandidatin optimal vorbereitet ist und mit guter Erinnerung an den Berufswettbewerb zurückdenkt, egal welchen Rang sie erreicht hat.» Jeder Berufswettkampf ist auch für Meier ein neues Erlebnis, wo sie neue Erfahrungen sammeln kann. «Ich bin stolz, im SwissSkills-Team dabei zu sein. Durch das Training mit den Kandidatinnen bekomme ich selber immer wieder Schub, am Ball zu bleiben und meine Arbeit zu überdenken und zu optimieren», so Meier.

Seit 15 Jahren im SFK-Vorstand

Susan Meier ist seit 2001 Mitglied im Vorstand des SFK und seit vier Jahren Vizepräsidentin; in dieser Funktion ist sie für die Öffentlichkeits­arbeit zuständig. Dabei setzt sie sich stark für den Beruf der Kosmetikerin EFZ ein. «Ein Problem, das wir heute haben, ist, dass jede und jeder ein Kosmetikinstitut eröffnen kann. Es gibt kaum Kontrollen, und für Kundinnen und Kunden ist es oft schwierig, vor einer Behandlung die Qualität eines Instituts zu beurteilen», so Meier. «Dies ist oft eine Gratwanderung und auch eine grosse Herausforderung für unseren Verband.» Ihr liegt auch die Grundbildung sehr am Herzen. Sie hat lange dafür gekämpft, dass der Beruf der Kosmetikerin an den nationalen und internationalen Berufswettkämpfen präsent ist. «Es ist mir ein Anliegen, dass unser Beruf von der Öffentlichkeit anerkannt wird», betont Meier. Wenn sie nicht ihren Beruf ausübt – dann ist sie gerne mit sympathischen Leuten zusammen, liest oder walkt im Freien.

Corinne Remund

EUROSKILLS 2016

Intensives Training

Zurzeit laufen die Vorbereitungen für die 
EuroSkills 2016 in Göteborg auf Hochtouren. Als Chefexpertin bei SwissSkills und Expertin bei EuroSkills trainiert Susan Meier die diesjährige Kandidatin Carla Calderari aus Bremgarten (BE). «Wir trainieren intensiv und sie absolviert jeden Monat zwei bis drei Block­trainings sowie zusätzlich Massage- und Nagelkurse», sagt Meier. Bereits im letzten Herbst habe sie eine Produkteschulung in Göteborg besucht, «damit wir frühzeitig mit den gewünschten Pflegeprodukten arbeiten können». Susan Meier ist sehr zufrieden mit der jungen Frau: «Sie hat eine schnelle Auffassungsgabe, ist sehr pflichtbewusst und ehrgeizig. Ich habe ein gutes Gefühl für die Meisterschaften im Dezember», so die erfahrene Trainerin.

Die 5. EuroSkills Competitions finden vom 1. bis 3. Dezember an der Westküste Schwedens in Göteborg statt. Rund 500 junge Berufsleute aus 30 europäischen Ländern kämpfen in 38 verschiedenen Berufen um den Europameistertitel. Das Schweizer Team wird in zehn Berufen um die Medaillen kämpfen. Neben Teilnehmenden aus der Deutschschweiz sind dieses Mal ein Wettkämpfer aus der Romandie sowie ein Wettkämpfer aus dem Tessin dabei.CR

 

LINK

www.euroskills.org

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