Publiziert am: 19.06.2015

Der erste Schock ist überstanden Dienstleistung: Ertragslage Industrie: Ertragslage Industrie: Auftragslage Dienstleistung: Geschäftslage

KMU-Barometer – Nach dem Wegfall der Kursuntergrenze des Euro zum Schweizer Franken verbesserte sich das Barometer bei den KMU im Baugewerbe wieder leicht. Die wirtschaftliche Lage im zweiten Quartal verbesserte sich somit.

Das Barometer für die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in der Industrie stieg von -1,28 Punkten im März auf -0.68 Punkte im April. Bei den Grossunternehmen, die weniger unter dem Frankenschock litten als die KMU, verbesserte sich das Barometer von -0,85 auf -0,18 Punkte. Allerdings lagen die April-Werte immer noch unter dem langjährigen Schnitt von 0,13 Punkten für die KMU und 0,15 Punkten für die Grossunternehmen. Bei beiden Unternehmensgruppen trugen vor allem höhere Bestellungseingänge im Vergleich zum Vormonat und eine allgemein etwas optimistischere Erwartung bezüglich vieler Indikatoren zum besseren ­Ergebnis bei. Der mittlerweile etwas schwächere Franken dürfte zur leicht optimistischeren Stimmung beigetragen haben. Aber trotz der zwischenzeitlichen Aufhellung beim Euro-Franken-Wechselkurs blieben die Auftragseingänge aus dem Ausland eher verhalten und die Unternehmen beurteilten diese als sehr schlecht.

Rückläufige Erträge

Besonders düster schätzten die Unternehmen im zweiten Quartal ihre Ertragslage ein. Obwohl sich die Erträge sowohl bei den KMU wie auch bei den Grossunternehmen seit 2011 nicht verbessert hatten, war der Rückgang bei der Umfrage im zweiten Quartal doch beträchtlich. Aber auch bei diesem Indikator, wie bei den meisten anderen, schnitten die Grossunternehmen besser ab als die KMU. Die Unternehmen beurteilten im April die Anzahl der Beschäftigten als zu hoch. Die Autoren gehen davon aus, dass es aufgrund der Frankenstärke vermehrt zu Entlassungen kommen wird. Die Erwartungen der Arbeitslosenquote für das Gesamtjahr 2015 liegen deshalb bei 3,6 Prozent.

Auftragsbestand bei KMU im Baugewerbe steigt an

Vor allem bei den grossen Unternehmen im Baugewerbe liess die Dynamik spürbar nach. Die Geschäftslage wurde zwar immer noch als gut beurteilt, doch in den letzten Quartalen erhöhte sich der Anteil der Unternehmen, die sie als schlecht oder befriedigend beurteilen, stetig. Im Gegensatz dazu verbesserte sich bei den KMU die wirtschaftliche Lage im zweiten Quartal wieder leicht. Diese unterschiedliche Beurteilung bei der wirtschaftlichen Lage dürfte auch auf den Auftragsbestand zurückzuführen sein, der bei den KMU im Baugewerbe anstieg und bei den Grossunternehmen abnahm. Bei den Gewinnen hingegen waren keine Unterschiede auszumachen.

Auch bei den Dienstleistungsunternehmen fiel die allgemeine Beurteilung der Geschäftslage im zweiten Quartal immer noch gut aus, obwohl sich die Dynamik etwas abschwächte. Die KMU beurteilten dabei die wirtschaftliche Lage leicht schlechter als die Grossunternehmen. Bei den anderen Indikatoren sah das Bild im tertiären Sektor im zweiten Quartal nicht viel besser aus als in der Industrie. Sowohl die Nachfrage wie auch die Ertragslage verschlechterten sich bei beiden Unternehmensgrössen. Zudem erwarten die Dienstleister in nächster Zeit sinkende Verkaufspreise.

Tourismus und Detailhandel leiden

Neben dem Tourismus dürfte auch der Detailhandel, wegen des Einkaufstourismus und der wegbrechenden Margen, besonders stark vom Ausstieg der Schweizerischen Nationalbank (SNB) aus der Kursuntergrenze betroffen sein. Die grossen Detaillisten schätzten die Geschäftslage im April zwar immer noch als befriedigend ein. Doch die Ertrags­lage verschlechterte sich und beim erwarteten Umsatz waren die Grossunternehmen auch etwas vorsichtiger. Deutliche Bremsspuren hinterliess der SNB-Entscheid bei den KMU im Detailhandel. Neben der Geschäftslage, die seit einem Jahr als schlecht beurteilt wird, verschlechterten sich im April alle restlichen Indikatoren ebenfalls noch einmal deutlich. Noch düsterer sieht das Bild in der Tourismusbranche aus, unabhängig von der Unternehmensgrösse, wo sich alle Indikatoren verschlechterten.

KOMMENTAR

Steuert die Schweiz in eine Rezession?

Minus 0,2 Prozent. Um so viel ist das reale Bruttoinlandprodukt der Schweiz im ersten Quartal 2015 geschrumpft. Zwar ist es nicht dramatisch, aber wichtig. Es ist nämlich die erste negative Wachstumszahl des BIP seit dem 3. Quartal 2011. Auch damals hatte die Wirtschaft unter dem starken Franken gelitten.

Dieser ist eine Herausforderung für die Schweizer Wirtschaft. Bis Produktivitätsgewinne seine Wirkung kompensieren, dauert es eine Weile. Es ist darüber hinaus unklar, ob die Wirtschaft alle Auswirkungen wird kompensieren können. Dieser Anpassungsprozess kann sogar Jahre dauern.

Was aber auch bemerkenswert ist: Die weltweiten Zahlen waren im ersten Quartal 2015 nicht erfreulich. China, einer der wichtigsten KMU-Handelspartner der Schweiz, verlangsamte stark. Die USA, ansonsten bekannt durch ihre Erfolgsgeschichte der letzten Jahre, schrumpften sogar ein wenig. Und auch die EU wächst viel schwächer, als die massive Geldspritze es hätte erahnen lassen. Es kann sein, dass die globale Wirtschaft ein «holpriges» Quartal hatte und die Schweiz davon erwischt wurde.

Trotz der eher düsteren Bilanz hält man beim Staatssekretariat für Wirtschaft SECO die im März veröffentlichte Prognose, die für das Gesamtjahr ein BIP-Wachstum von 0,9 Prozent in Aussicht stellt, nicht für unrealistisch. Unbestritten ist aber, dass Konjunkturprognosen in Anbetracht des unklaren Währungsverlaufs mit grosser Unsicherheit behaftet sind. Die meisten Konjunktur-Szenarien für das laufende Jahr beruhen auf der Annahme eines durchschnittlichen Euro-Kurses von Fr. 1.10. Das ist schon sehr optimistisch.

Henrique Schneider,

Ressortleiter sgv

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