Publiziert am: 10.03.2017

Ein Jahr mit vielen Risiken

Schweiz–CHILE – Chile, das einstige Wunderkind in Südamerika, machte im Jahr 2016 eine Rezession durch. Was wird im 2017? Neben Wahlen stehen weitere wichtige Entscheide an: Eine Rentenreform und die Steuerung der Einwanderung.

Die politischen Wolken über dem Anden- und Pazifikstaat Chile deuten auf Sturm. Denn zwei Themen drängen sich vor: eine Rentenreform und die Steuerung der Einwanderung. Und: Im Jahr 2017 finden in Chile Präsidentschaftswahlen statt. Die aktuelle Staatspräsidentin Michele Bachelet tritt mit ihrer Mitte-links Koalition zur Wiederwahl an. Sebastian Piñera wird die Liberalen und Konservativen anführen. Die Stimmung ist gereizt. Keine Woche vergeht ohne Demonstrationen.

Strittige Rentenreform

Anders als in der Schweiz sorgt in Chile eine Rentenreform nicht nur für Diskussionen, sondern für Spannungen – bis hin zu gelegentlichen Gewaltausbrüchen. Der Zorn des Volkes richtet sich vor allem gegen private Fondsmanager, die sogenannten AFP. Sie sollen überproportional vom System profitieren. Chiles privates Rentensystem stammt aus der Zeit von General Pinochet, und viele halten es durchaus für ein erfolgreiches Privatisierungsmodell. Aber vielen Rentnern blieben nur Auszahlungen unter dem Mindestlohn (ca. 300 Dollar pro Monat), und das System muss darum kämpfen, in Chiles grosse informelle Wirtschaft vorzudringen.

«der kupferpreis bestimmt die soziale ruhe.»

Die sechs derzeitigen AFP verwalten momentan etwa 170 Milliarden US-Dollar. Diese sind das Produkt der obligatorischen Arbeitnehmerbeteiligung von zehn Prozent. Ein Vorschlag, der derzeit im Kongress debattiert wird, sieht die Installierung eines staatlichen AFP vor, der mit den privaten Fondsmanagern konkurrenzieren soll. Ein anderer Vorschlag beinhaltet eine überschau­bare Arbeitgeberbeteiligung.

Demonstranten forderten eine umfassende Revision. Sie wollten sogar eine Rückkehr zu steuerfinanzierten Renten. Präsidentin Bachelet hat diese Idee verworfen und bemerkt, dass sie angesichts der Überalterung von Chiles Bevölkerung unerschwinglich wäre.

Heisses Thema Einwanderung

Die Einwanderung hat sich auch in Chile als umstrittenes Thema herausgestellt. Die Versuchung, durch populistische Appelle an fremdenfeindliche Instinkte zu punkten, wird für die chilenischen Kandidaten gross sein. Die Präsidentschaftswahl findet Ende 2017 statt. Der konservative 
Gegenkandidat hat bereits darauf hingewiesen, dass er die «Einfuhr von kriminellen Immigranten» verhindern würde.

Obwohl Immigranten nur knapp 
2 Prozent der chilenischen Bevölkerung ausmachen (in den USA sind es etwa 13 Prozent), verändert sich das Gesicht der chilenischen Einwanderung. Traditionell sind der Grossteil der chilenischen Einwanderer Peruaner, Argentinier und Bolivianer gewesen, die in der Regel als Mestizen oder indigene Völker auszumachen waren. Heute gesellen sich zu diesen Gruppen noch Haitianer, Dominikaner und Kolumbianer afroamerika­nischer Abstammung.

Verschiebungen in der Demografie der Einwanderung haben Ängste über deren Integrität bei der nationalen Identität und der Sicherheit hervorgerufen. Das Tempo des Wirtschaftswachstums dürfte wohl 
bestimmen, ob dieses Thema in der öffentlichen Debatte wichtig wird.

Wie weiter?

Das Jahr 2017 wird es zeigen. Chiles Wirtschaft hat eine hohe Abhängigkeit vom Kupferexport. Je nachdem, wie es diesem Zweig geht und wie sich die Kupferpreise entwickeln, kann sich der Staat mehr Umverteilung – und damit soziale Ruhe – leisten. Dabei gelten die 25 Cent pro Pfund Kupfer als Grenze. Sind die Preise höher, kann sich der chilenische Staat Umverteilung leisten.

Politische Programme, regionale Spannungen und der Verlauf der Wirtschaft werden die Wahlen in Chile prägen. Doch der Ausgang dieser Wahlen wird die Zukunft eines bisher erfolgreichen Landes noch viel entscheidender weisen.

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2015 importierte die Schweiz Güter im Wert von 559 Millionen Franken aus Chile, mehrheitlich Edelsteine und Edelmetalle, landwirtschaftliche Produkte und Papierwaren. Die Exporte nach Chile beliefen sich auf 256 Millionen Franken und betrafen hauptsächlich Maschinen, Pharmazeutika und Präzisionsinstrumente. Ende 2014 betrugen die Schweizer 
Direktinvestitionen in Chile 1,9 Milliarden Franken, und Schweizer Firmen beschäftigten 18 839 Angestellte. Ein Freihandelsabkommen zwischen Chile und der EFTA ist seit 2004 in Kraft.

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