Publiziert am: 16.09.2016

Eine Notbremse für das Parlament

VERORDNUNGSVETO – Die Ständeratskommission hat sich erstmals dafür ausgesprochen, den Räten zu erlauben, Bundesrat und Verwaltung stärker zu kontrollieren.

Immer wieder wird seitens des Parlaments Kritik laut, von ihm verabschiedete Gesetzesvorlagen würden über die Verordnungen des Bundesrats zu wenig genau umgesetzt oder sogar verwässert. Praxisbeispiele gibt es 
viele, wie z.B. die Verordnungen zum Bankengesetz, wo die Unterteilung der Banken in Klassen systematisch untergraben wird, oder die Technische Verordnung über Abfälle, wo Punkte, die im Gesetz technisch geregelt sind, politisch ausgelegt werden.

«IMMER MEHR VERORDNUNGEN ENTSPRECHEN NICHT DEM WILLEN DES GESETZGEBERS.»

Ein weiteres Beispiel ist die Verordnung zum CO2-Gesetz, wo im Gesetz nicht vorgesehene Barrieren zu CO2-Verminderungsprogrammen verankert werden. Auch im Bundesamt für Gesundheit werden gesetzliche Vorgaben grosszügig ausgeschöpft, wie die Krankenversicherungsaufsicht oder die Unfallversicherungsverordnung zeigen. Das gleiche Phänomen gibt es auch auf kantonaler Ebene. Exekutiven legen in ihren Verordnungen Gesetze grosszügig und zu ihren Gunsten aus.

Staatspolitisch fragwürdig

Dass Bundesrat und Verwaltung ihre Kompetenzen bei der Ausarbeitung neuer Verordnungen mehr und mehr überschreiten, ist staatspolitisch fragwürdig. Dies führt immer wieder dazu, dass Inhalte von Verordnungen nicht mehr den genauen Willen des Gesetzgebers wiedergeben. Nachdem bereits 2009 im Nationalrat ein Verordnungsveto gefordert wurde, haben Ständerat Jean-René Fournier (CVP/VS) und Nationalrat Thomas Aeschi (SVP/ZG) 2014 einen neuen Versuch unternommen. Fournier stört sich daran, dass der Bundesrat in den Verordnungen den Willen des Gesetzgebers nicht vollumfänglich respektiert. Die Verwaltung erliege immer mehr der Versuchung, mit Verordnungen das zu erreichen, was ihr vom Gesetzgeber verwehrt wurde. Sein Vorstoss wurde in der alten 
Besetzung des Ständerates in der Herbstsession 2015 noch knapp abgelehnt.

Ein Jahr später, nach den Neuwahlen 2015, spricht sich die Ständeratskommission erstmals für das Verordnungsveto aus. Zur Debatte steht die parlamentarische Initiative von Nationalrat Thomas Aeschi. Sie fordert für die eidgenössischen Räte ein einfaches Veto zu bundesrätlichen Verordnungen ohne Möglichkeit auf Abänderung. Stellt mindestens ein Drittel der Mitglieder eines Rates innerhalb von 14 Tagen den Antrag für ein Veto gegen die Verordnung oder die Verordnungsänderung, so behandelt ihn der Rat in der Regel in der auf die Einreichung folgenden ordentlichen Session. Stimmt der Rat dem Antrag zu, geht dieser Beschluss an den anderen Rat, ausser wenn im anderen Rat derselbe Antrag eingereicht worden ist. Ist dies nicht der Fall, so behandelt der andere Rat das Veto des Erstrates in der Regel in der gleichen Session.

Chancen stehen gut

Der Nationalrat hat in der Sondersession Ende April 2016 mit 120 zu 65 Stimmen dem Verordnungsveto zugestimmt. Nun beantragt die ständerätliche Kommission ebenfalls Zustimmung. Ob und wie der Vorstoss definitiv umgesetzt wird, ist noch offen. Die Chancen auf eine Umsetzung stehen gut, was der Schweizerische Gewerbeverband sgv ausdrücklich begrüsst. Die Möglichkeit einer Notbremse erlaubt es dem Parlament, eine Verordnung zu stoppen, falls diese nicht richtig umgesetzt wurde.

Dieter Kläy, Ressortleiter sgv

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