Publiziert am: 18.03.2016

Eine üble Anlage -Sittenpolizei

KAPITALANLAGEN – Der Verein für verantwortungsbewusste Kapitalanlagen fördert staatliche 
Regulierung durch die Hintertüre. Dahinter stehen staatsnahe Organisationen.

Schweizer Verein für verantwortungsbewusste Kapitalanlagen SVvK – klingt gut. Wer ist schon gegen Verantwortung? Noch weniger kann man gegen «verantwortungsbewusste Anlagen» sein. Doch was sich hinter dem niedlichen Namen versteckt, ist ein knallhartes Regulierungsprogramm.

Knallharte Zensur

Gemäss seinen Zielen will der im Dezember 2015 gegründete Verein die Herstellung von Transparenz bezüglich der Einhaltung von Kriterien zu «Environment», «Social» und «Governance» (ESG). Wie will er das tun? Zunächst werden Kriterien «guter» ESG ausgearbeitet und dann werden Unternehmen im Lichte dieser Ergebnisse beurteilt.

Wenn ein Unternehmen aber diesen Kriterien nicht genügt, sieht es schlecht aus. Denn dann werden die Verantwortlichen vom Verein zum Gespräch aufgeboten. Und wer dann nicht pariert oder sich verbessert, der landet auf der schwarzen Liste.

Wer nun meint, das sei kein Problem, irrt sich. Denn wenn eine Firma von dieser Anlage-Sittenpolizei als unwürdig eingestuft wird, sollen die SVvK-Mitglieder keine Anlagen im Zusammenhang mit dieser Firma tätigen.

Staatsnahe Anlagegiganten

Das ist nicht ohne, denn die SVvK-Gründungsmitglieder sind Anlage­giganten: Die Pensionskassen von Bund (Publica), Post, SBB und Swiss­com (comPlan), der AHV/IV/EO-Ausgleichsfonds compenswiss, die BVK Personalvorsorge des Kantons Zürich und die Suva verwalten insgesamt ein Anlagevermögen von über 150 Milliarden Franken.

«LEGAL OPERIERENDE FIRMEN SOLLEN BOYKOTTIERT WERDEN?!»

Im schlimmsten Fall kommt es für vermeintliche «Sünder» so raus: Eine Schweizer Firma exportiert Güter, die sowohl zivil wie auch militärisch verwendet werden können, also sogenannte Dual-Use-Güter. Selbstverständlich tut sie dies mit bundesrätlicher Genehmigung. Wenn aber der SVvK der Meinung ist, die betreffenden Dual-Use-Güter seien nicht ESG-kompatibel, kann die Firma auf einer schwarzen Liste landen. Dann erhalten die Mitglieder des SVvK eine Nachricht, wonach sie weder Aktien noch Obligationen noch irgendetwas von diesem Schweizer Unternehmens kaufen sollen. In anderen Worten: Obschon die Firma innerhalb der Legalität operiert, wird sie boykottiert.

Regulierung pur

Die Mitglieder des SVvK sind nicht nur gross. Sie sind auch staatlich oder staatsnah. Damit ist ihre Vereinsgründung ein verkappter regulatorischer Eingriff des Staates. Denn beides – die quasi-öffentliche Stellung der Gründungsmitglieder in der Wahrnehmung des Marktes sowie deren erhöhte Kraft im Markt – betrifft die Unternehmen direkt. Und zwar nicht nur jene auf der schwarzen Liste.

Firmen, die sich darum bemühen, zur «zugelassenen» oder «empfohlenen» Anlageklasse zu gehören, müssen mit hohen Umstellungskosten rechnen. Es ist demnach bloss eine Frage der Zeit, bis diese Firmen von ihrer eigenen Wertschöpfungskette verlangen, sich entsprechend anzupassen. Und dann müssen auch KMU ein ESG-Programm einführen.

Darüber hinaus drohen die Empfehlungen defacto regulatorischen Status zu haben, wenn sie durch Praxis zu allgemeinen Standards werden. Dies alles ist kostentreibend und beeinflusst die Realwirtschaft in einer weit verzweigten Art und Weise. Regulierungskosten und Marktverzerrungen sind die Folge.

Der Verein für verantwortungsbewusste Kapitalanlagen verdient deshalb einen passenderen Namen. Treffender sollte man ihn als Verein für bewusste versteckte Regulierung der Wirtschaft bezeichnen.

Henrique Schneider,

Ressortleiter sgv

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