Publiziert am: 20.01.2017

Es braucht Mut zur Innovation

DIGITALISIERUNG – Im Gastgewerbe kann digitale Technik viele Arbeiten erleichtern. Persönliche Emotionen und Beziehungen ­lassen sich aber nicht digitalisieren. Für die Branche gilt es, den Anschluss nicht zu verpassen und innovativ zu sein.

Wie nah und zugleich fern sich der Mensch und die Digitalisierung sind, zeigt sich kaum an einem Ort so gut wie im Gastgewerbe. So möchte kaum jemand von Robotern das Essen serviert bekommen und für persönliche Anliegen schätzt man auch im Hotel den Anblick eines Fachmannes oder einer Fachfrau. Gleichzeitig kennen wir alle die Online-Portale, mit denen wir Ferienhotels in wenigen Sekunden vergleichen können. Daneben sind es aber auch häufig für den Kunden nicht sichtbare Abläufe, die sich im digitalen Zeitalter wandeln, wobei wir noch am Anfang stehen.

«Der technologische Fortschritt hat die Distribution in der Hotellerie in den letzten Jahren komplett verändert», sagt Daniel C. Jung, Leiter Berufsbildung und Dienstleistungen bei GastroSuisse. «Obwohl das erfolg­reiche Verkaufen eines Zimmers zum richtigen Preis, zur richtigen Zeit, dem richtigen Kunden auch vom richtigen Vertriebsweg abhängt, steht insbesondere kleineren und mittleren Hotels der Wandel von einer tradi­tionellen, statischen zu einer modernen und dynamischen Preispolitik noch bevor.» Dabei drängt die Zeit langsam, aber sicher, werden doch schon 50 Prozent der Buchungen über digitale Kanäle abgewickelt.

Mehr unternehmerische Freiheit

Online-Buchungsplattformen brächten den Hotels gemäss Thomas Allemann, Geschäftsleitungsmitglied von hotelleriesuisse, zwar mehr Kunden. Im Gegenzug entstehen allerdings auch gravierende Nachteile. «Aufgrund der Marktdominanz der Buchungsplattformen sind die Hotels faktisch gezwungen, diese Distributionskanäle zu nutzen», warnt Allemann. «Neben der Zahlung hoher Kommissionen werden Hotels zur Einhaltung der sogenannten engen Paritätsklauseln verpflichtet. Damit dürfen die Hotelbetriebe auf ihren eigenen Websites keine günstigeren Angebote anbieten als auf ­einer Buchungsplattform. Mit der Einschränkung dieses für jeden ­Hotelbetrieb essentiellen Direktvertriebskanals wird die unternehmerische Freiheit massiv behindert.» Eine Marktregulierung zur Lösung dieses Problems sei nicht mehr möglich, da der Markt durch drei globale Player dominiert wird. «hotelleriesuisse setzt sich deshalb auf politischer Ebene dafür ein, dass die Hotel­betriebe ihre unternehmerische Freiheit und die Autonomie in der Preisgestaltung wiedererlangen.»

Alles läuft über das Internet

Die positiven Aspekte der Digitalisierung für KMU sieht Thomas Allemann in drei Punkten gegeben, die ausserdem für jeden Hotelier selber zu beeinflussen seien. «An erster Stelle steht die Suchmaschine, die Auffindbarkeit des Angebots», so Allemann. Internet-Präsenz und Webauftritt seien für gute Resultate mass­gebend. Letzterer sei zugleich der zweitwichtigste sogenannte «touch point» – also Berührungspunkt. «Sie lädt die Gäste zum Buchen ein.» Bereits an dritter Stelle folge YouTube. «Hier besteht der grösste Nachholbedarf bei den Schweizer Hotels», weiss der Experte. «Während zwar fast alle Hotels auf Facebook vertreten sind, hat nur ein Drittel einen YouTube-Account.»

«Es besteht keine Wahl, denn die 
Digitalisierung ist unsere Realität.»

Allemann skizziert die Zukunft zwischen Digital Marketing und persönlichem Kundenkontakt so: «Die Informationsbeschaffung muss für den Kunden schnell gehen, auch und vor allem mobil. Trotzdem darf nicht vergessen werden, dass die Kernleistung der Hotellerie – die Gästebetreuung – nicht digitalisiert werden kann. Hier geht es um persönliche Beziehungen und Emotionen.»

Ein Hotel, das die Symbiose aus Digitalisierung und Emotionen auf innovative Weise geschafft hat, ist der Teufelhof in Basel. Raphael Wyniger ist Inhaber des Teufelhofs Basel und gilt als einer der innovativsten Hoteliers der Schweiz. Er selbst gibt sich bescheiden: «Ich denke, es ist nicht richtig gesagt, dass ich innovativer bin als andere. Ich darf aber von mir sagen, dass ich vielleicht mutiger bin als andere.» Dieser Mut scheint sich auszuzahlen, denn der Erfolg seines Hotels kommt nicht von ungefähr. Der Teufelhof verbindet Kunst mit Gastronomie und Tradition mit Innovation. Auf der Webseite wird die Philosophie des Unternehmens wie folgt beschrieben: «Mit dem Teufelhof Basel wollen wir Vermittler sein: Theaterbesucher sollen auf die Esskultur und die bildende Kunst aufmerksam werden; Gourmets möchten wir auf die Theaterarbeit, die Kunstzimmer und Ausstellungen neugierig machen; und wer Kunstinstallationen bewundert, soll auch die Koch- und die Bühnenkunst schätzen lernen.» Dieses reichhaltige Menü an kulturellen und kulinarischen Angeboten lockt, war aber auch ein Wagnis. Innovation sei insgesamt eher risikoreicher geworden, meint Wyniger: «Das Reüssieren wird sofort global, aber natürlich auch ein mögliches Scheitern.» Auch zur Digitalisierung hat er eine klare Meinung. «Sie ist definitiv matchentscheidend. Die Frage ist nicht, ob man die Digitalisierung umsetzen will, sondern wie man das am besten macht. Es besteht keine Wahl, denn die Digitalisierung ist unsere Realität.»

Schlussendlich sei die Digitalisierung auch eine Form der Investition und «dieses Know-how darf man sich auch einkaufen», meint der Hotelier des Jahres 2015. In Zukunft werden bei Schweizer Hotels weitere Innovationen gefragt sein, um mit der Konkurrenz mithalten zu können. «Der wichtigste Punkt ist meines Erachtens die Verlässlichkeit», sagt Raphael Wyniger, «ein Schweizer Hotel muss generieren, was es den Gästen verspricht.»Adrian Uhlmann

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