Gute Gründe für ein JA
GOTTHARD-SANIERUNGSTUNNEL – Vertreter aus den Kantonen sowie ein überparteiliches Komitee werben für mehr Sicherheit am Gotthard – und gegen eine Abkoppelung des Tessins.
GOTTHARD-SANIERUNGSTUNNEL – Das überparteiliche JA-Komitee stellt seine drei Hauptargumente vor: Mehr Sicherheit, eine zuverlässige Handelsverbindung sowie eine langfristige Investition sprechen eindeutig für den Bau eines zweiten Strassentunnels.
Das Jahr 2016 wird mit einer für die Schweizer Wirtschaft, für die Gesellschaft und die Verkehrssicherheit wichtigen Abstimmung starten – der Abstimmung über die Sanierung des Gotthard-Strassentunnels. Am 28. Februar 2016 wird das Stimmvolk darüber entscheiden. Denn nach 35 Jahren Betrieb muss die wichtige Strassenverbindung zwischen dem Tessin und der restlichen Schweiz saniert werden. «Wie wir das tun, hat weitreichende Konsequenzen. Bundesrat und Parlament sind zum klaren Entschluss gekommen, dass der Gotthard-Strassentunnel mit einer zweiten Röhre saniert werden soll», erklärte Nationalrat Jean-François Rime (SVP/FR) in Bern vor den Medien. Und der Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes sgv doppelte nach: «Sie haben so entschieden, weil dies die mit Abstand beste Variante ist und weil die Alternativen für eine Sanierung völlig ungenügend, zu teuer und in keiner Weise nachhaltig sind.»
«Echte Sicherheit sind bei einem solchen Tunnel nur richtungsgetrennte Röhren.»
Aus Sicht des überparteilichen JA-Komitees sind die Sicherheit, eine zuverlässige Handelsverbindung sowie eine langfristige Investition die drei Hauptargumente, die den Bundesrat und das Parlament über alle bürgerlichen Parteien hinweg überzeugt haben.
Das Argument der Sicherheit griff SVP-Nationalrat Ulrich Giezendanner auf. Leider passierten im heutigen Gotthard-Strassentunnel wöchentlich Unfälle, wobei immer wieder viele Todesopfer zu beklagen seien. «Eine echte Sicherheit kann bei einem so langen Tunnel nur mit richtungsgetrennten Röhren garantiert werden», sagte der Aargauer Fuhrhalter. «Die Märchen von versenkbaren Leitplanken» der Gegner tönten wohl schön, seien aber keine Sicherheitslösung, sondern lediglich ein gefährliches Ablenkungsmanöver.
Kein Ferientunnel, sondern Alltag
Die Sicht aus dem Tessin schilderte der CVP-Ständerat Filippo Lombardi. Zur Frage stehe bei dieser Abstimmung nicht, ob es am Gotthard einen zweiten Strassentunnel brauche, sondern, ob ein Kanton während drei Jahren keine sichere Strassenverbindung mit dem Rest des Landes haben solle. «Der Gotthard-Strassentunnel ist für meinen Kanton kein Ferientunnel, sondern Alltag. Wir können nicht in die 60er-Jahre zurück. Moderne Gesellschaften sind auf gute Bahn- und Strassenverbindungen angewiesen», so Lombardi.
«Rollende Landstrasse» ist keine Alternative
Die Alternative – sogenannte provisorische «rollende Landstrassen» RoLa – sei finanziell unhaltbar und verkehrstechnisch problematisch, ist Lombardi überzeugt. Der Bau und Betrieb einer provisorischen RoLa für Lastwagen zwischen Biasca und Erstfeld im NEAT-Basistunnel sowie für den Personenverkehr im Gotthard-Scheiteltunnel zwischen Airolo und Göschenen ist auch aus Sicht des Bündner CVP-Ständerates Stefan Engler unvernünftig, realitätsfremd und birgt zu viele Risiken. «Das Risiko, dass die Verladelösung kollabiert und nicht angenommen wird, ist zu hoch, als dass man sich darauf einlassen darf», so Engler. Die Folgen wären, dass während der Dauer der Totalsperrung des Tunnels sich der Verkehr Umfahrungsrouten über andere Alpenübergänge im Wallis – Grosser St. Bernhard und Simplon – oder via den San Bernardino im Kanton Graubünden suche.
Aus Sicht der Landwirtschaft argumentierte Nationalrat Walter Müller (FDP/SG). Er erinnerte an den Schutz des Kulturlandes: Um einen einigermassen reibungslosen Bahnverlad von Personenwagen und Lastwagen garantieren zu können, müssten beidseitig der Alpen vier bis sechs Verladeanlagen gebaut werden. «Diese Anlagen hätten einen gigantischen Landverschleiss von Dutzenden von wertvollen Hektaren Kulturland – das in den Alpentälern ohnehin rar ist – zur Folge», warnte Müller.
NEAT wird sabotiert
Als überzeugte Verfechterin der Alpenschutzinitiative befürwortet Patrizia Pesenti, die ehemalige SP-Regierungsrätin des Kantons Tessin, die vom Bundesrat vorgeschlagene Sanierungsvariante. «Wenn man schon einen Bezug herstellen möchte zum Alpenschutz, dann muss man klar sehen: Es ist die Sanierungsvariante mit einer rollenden Landstrasse, welche die NEAT sabotiert», bringt es Pesenti auf den Punkt. Der Betrieb einer rollenden Landstrasse fresse im Basistunnel wertvolle Kapazitäten weg. Die Bastellösung der Verladestationen wäre für die betroffenen Regionen in der Leventina und in Uri eine unerträgliche Belastung. Europaweit wären dies die grössten Anlagen ihrer Art.
«Ein gigantischer Landverschleiss von vielen wertvollen Hektaren Kulturland wäre die Folge.»
Auch die Romandie will eine kluge und nachhaltige Lösung. Nationalrat Olivier Français (FDP/VD) wies darauf hin: «Wenn wir die Möglichkeit eines Sanierungstunnels verwerfen, müssen wir darauf gefasst sein, dass während der Bauarbeiten ein eklatanter Teil des Verkehrs über die Strassen in der Romandie und anderen Regionen ausweichen wird.»
Corinne Remund
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Norditalien – einer der wichtigsten Handelspartner der Schweiz
Der Güterverkehr durch den Gotthard versorgt das ganze Land. Vom Handelsverkehr an der Tessiner Grenze entfallen knapp 60 Prozent auf die Region Zürich, das Mittelland und die Nordwestschweiz, rund 30 Prozent betreffen die Ost- und Zentralschweiz und über 10 Prozent der Menge geht in die Genferseeregion. 2014 zählte der Gesamthandel der Schweiz via Sopra Ceneri und Sotto Ceneri über 9 Milliarden Franken. Die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft gehören zusammen mit dem Jura zu den wichtigsten Handelspartnern mit Italien. 2014 haben diese Kantone Waren im Wert von rund 1,3 Milliarden Franken nach Italien geliefert. Auch die Wirtschaft der Romandie hat ein grosses Interesse an der Umsetzung einer effizienten Sanierungslösung. Die Kantone Waadt, Wallis, Genf und Neuenburg exportierten 2014 Waren für eine halbe Milliarde nach Italien. Die Kantone Bern und Freiburg führten für rund 600 Millionen Waren über die Tessiner Aussengrenze nach Italien aus. «Die Zahlen zeigen deutlich: Der Gotthard-Strassentunnel ist keine regionale Angelegenheit, sondern wichtig für die gesamte Wirtschaft und damit alle Landesteile», betonte Ständerätin Brigitte Häberli (CVP/TG) vor den Medien in Bern. CR
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