Publiziert am: 08.08.2014

Gemischtwarenladen unter Beschuss

DIE POST – Der Staatsbetrieb wird zunehmend zur Zielscheibe kritischer parlamentarischer
Vorstösse. Nationalrat Jean-René Germanier rüffelt das Konkurrenzieren der grafischen Industrie, und Kollege Rudolf Joder fordert eine Rückbesinnung aufs Kerngeschäft.

In den vergangenen Monaten und Jahren öffneten sich zwischen der Post und dem Gewerbe verschiedene Konfliktfelder. Die Poststellen konkurrenzieren die Detailhandelsbetriebe mit einem breiten Angebot an Papeterie- und anderen Waren – und dies an geographisch bester Lage. Im Internet bietet die Post fast alles an, vom Bügeleisen über den Staubsauger bis zu Handys und Fahrräder, und neu jetzt auch Rasenmäher.

Ein weiterer Konflikt besteht in den Posttarifen für die Verbands- und die Regionalpresse. Mit dem neuen, seit 1. Januar 2013 gültigen Tarifsystem kommen diverse Titel der Verbands- und Regionalpresse finanziell unter starken Druck. Doch es kommt noch dreister: Der Staatsbetrieb bestellt im Ausland Druckerzeugnisse und verschickt diese in der Schweiz. Den Schaden trägt die grafische Branche. Der Walliser FDP-Nationalrat Jean-René Germanier hat einen entsprechenden Vorstoss eingereicht.

Aber nicht nur das Gewerbe ärgert sich. Die Gewerkschaften fechten arbeitspolitische Konflikte aus. Viele Postangestellte fühlen sich mit den zusätzlichen Aufgaben rund um den Verkauf des postfremden Sammelsuriums überfordert.

Konkurrenz zum Detailhandel

Die Post ist nach wie vor ein Monopolbetrieb des Bundes mit einem klaren Leistungsauftrag zur Sicherstellung des Service public im Brief- und Paketversand. Als Monopolbetrieb kann es nicht Aufgabe der Post sein, durch den Vertrieb nicht postalischer Produkte, welche in keinerlei Zusammenhang mit ihrer ordentlichen 
Geschäftstätigkeit stehen, die gewerblichen Privatbetriebe zu konkurrenzieren. Die Post hätte bei der Wahrnehmung des Service public wichtigere Aufgaben. Dies gilt umso mehr, als der Service public laufend abgebaut wird.

Die Spiesse gegenüber dem Detailhandel sind nicht gleich lang. Als Staatsbetrieb mit Monopolrechten hat die Post naturgemäss hohe Frequenzen im Publikumsverkehr und verfügt über hervorragende Geschäftslagen und eine Infrastruktur, welche über viele Jahre und Jahrzehnte durch den Steuerzahler mitfinanziert wurde. Aufgrund dieser ungleichen Ausgangslage hat die Post klare Wettbewerbsvorteile gegenüber dem Gewerbe. An diesem Umstand vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass die Post bei den nicht postalischen Produkten nur über ein wachsendes Sortiment verfügt. Der Detailhandel ist wirtschaftlich darauf angewiesen, dass er neben Spezialitäten vor allem auch das Grundsortiment verkaufen kann. Und gerade in diesem Segment wird er in wettbewerbsrechtlich höchst fragwürdiger Weise durch die Post bedrängt.

Posttarife für Verbandspresse und Regionalzeitungen

Ein weiteres Konfliktfeld hat sich 2012 mit der Ankündigung einer massiven Erhöhung der Posttarife (jährlich 2 Rappen pro Exemplar, während dreier Jahren auf neu zusätzlich 6 Rappen Verteuerung) geöffnet. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv hat sich zusammen mit anderen betroffenen Organisationen gegen diese Tariferhöhung zur Wehr gesetzt. Die Vereinheitlichung des Preissystems in den Posttarifen wurde per 2013 umgesetzt. Immerhin wurde die Erhöhung um 2 Rappen pro Exemplar erst auf den 1. Januar 2014 vorgenommen und nicht schon auf 1. Januar 2013, wie zuerst angedacht.

Überprüfung notwendig

Für den sgv und andere Organisationen hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder die Frage gestellt, ob es der Post erlaubt sein darf, in ihren Poststellen Waren des täglichen Gebrauchs, die nicht mit dem Kernauftrag der Post verbunden sind, zu verkaufen. Für den sgv lautet die Antwort ganz klar: Nein! Die Post ist gesetzlich verpflichtet, die Grundversorgung mit Postdiensten und den Dienstleistungen im Zahlungsverkehr sicherzustellen. Darüber hinaus kann sie weitere Dienstleistungen anbieten. Die meisten in den Poststellen verkauften Waren haben mit den direkten Dienstleistungen der Post wenig bis nichts zu tun. Auch die Angebote im elektronischen Post Shop stehen ausserhalb der Grundversorgung. Es ist deshalb angezeigt, die Post an ihren Kernauftrag zu erinnern, wie das mit einer Parlamentarischen Initiative des Berner SVP-Nationalrats Rudolf Joder getan wird.

Dieter Kläy, Ressortleiter sgv

Thema

Titel

Text

Thema

Titel

Text

Meist Gelesen