Publiziert am: 27.05.2016

Keine Reform auf dem Rücken der KMU

Unternehmenssteuerreform III – Die USR III soll vor allem die steuerlichen Vorteile der grossen Akteure sicherstellen. Es ist ­deshalb nicht einzusehen, dass ausgerechnet die KMU durch die neuerliche Besteuerung der Dividenden dafür aufkommen sollen.

Anlässlich ihrer Sitzung von Mitte April 2016 schlug die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats (WAK-S) einen Kompromiss zur USR III vor. Dieser empfahl unter anderem eine nochmalige Überpüfung bezüglich der Teilbesteuerung von Dividenden auf kantonaler Ebene.

Das ist bizarr! Noch während der Wintersession 2015 kam dieselbe Kommission zum Schluss, dass an dieser Errungenschaft der Unternehmenssteuerreform II, die beschlossen worden war, um den starken Doppelbesteuerungseffekt für KMU und Familienbetriebe zu mildern, nicht zu rütteln sei. Die WAK des Nationalrats war seinerzeit der gleichen Ansicht, und in der Folge stimmten denn auch die beiden Kammern zu.

Für KMU gefährliches Manöver

Warum also auf einen Beschluss zurückkommen, der dermassen klar war? Ist es ein geschicktes Manöver, um die Linke davon abzuhalten, das Referendum zu ergreifen? Oder ist es einfach ein Kunstgriff, der es ermöglicht, neue Mass­­nahmen wie die Tonnage Tax und die zinsbereinigte Gewinnsteuer (NID) einzuführen – Mass­nahmen, die bis zu dieser berühmten Sitzung von Mitte April sowohl beim Bundes­rat als auch bei den Kantonen nur auf Misstrauen gestossen sind? Oder ist es beides? So oder so handelt es sich um ein Manöver, das darauf zielt, dass die KMU den hohen Preis für die Reform bezahlen.

Doch die WAK-N liess sich nicht täuschen und blieb bei ihrer ersten Meinung. Damit kann die Wirtschaftskommission der kleinen Kammer in ihrem Kompromissvorschlag nicht mehr auf die Anpassung der Teilbesteuerung von Dividenden zurückkommen. Während der kommenden Sommersession werden Lösungen gefunden werden müssen, um die Differenzen zwischen den beiden Kammern zu bereinigen – idealer­weise ohne dabei an der Teilbesteuerung von Dividenden zu rühren.

Gedacht für die grossen Akteure

Zur Erinnerung: Die USR III entstand auf der zwingenden Notwendigkeit, der internationalen Akzeptanz gerecht zu werden, das heisst die kantonalen steuer­lichen Sonderregelungen abzuschaffen – Regelungen, die als schädlich für die Steuerkonkurrenz gelten. Die Nachbarstaaten der Schweiz, die ihre fiskalische Basis erodieren und somit ihre Schulden ansteigen sehen, mussten Lösungen zur Rück­gewinnung der Steuereinnahmen finden. So ist die Schweiz ins Visier geraten, denn die kantonalen Regelungen begünstigen steuerlich insbesondere multinationale und grosse Unternehmen. Mit der Reform sollen deshalb diese Steuerregimes durch für Grossbetriebe vorteilhafte fiskalische Massnahmen ersetzt werden. Die USR III ist also für die gros­sen Wirtschaftsakteure gedacht und nicht für die «Kleinen» – obwohl genau diese bekanntlich das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft bilden.

Nicht Sache der KMU

Die «USR-III-Übung» ist ein schwieriger Balanceakt, denn es müssen Ersatzlösungen gefunden werden, die auf internationaler Ebene akzeptabel sind, die zugleich gewisse Finanzeinkünfte für die Staatskasse sicherstellen und weiterhin die Wett­bewerbsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandortes gewährleisten. Die Reform kann nicht alle Beteiligten zufriedenstellen und wird für etliche Verärgerte sorgen. Doch es ist nicht Sache der Hauptträger unserer Wirtschaft, also vorwiegend der KMU, dafür einen hohen Preis zu bezahlen.

Glücksfälle nicht repräsentativ

Die Befürworter einer Anpassung der Teilbesteuerung von Dividenden versichern bei jeder Gelegenheit laut und deutlich, dass die KMU die gros­sen Gewinner dieser Reform sein werden. Für einige Betriebe mag das stimmen; doch diese Glücksfälle aufgrund einer Kumulation günstiger Rahmenbedingungen sind nicht repräsentativ für die Folgen, welche die Gesamtheit unserer Wirtschaft zu erwarten hat.

Das Beispiel des Kantons Waadt, der einen Satz von rund 13 Prozent für die ordent­liche Besteuerung von ­Gewinnen angekündigt hat, ist auf einen erfolgreichen Kom­promiss und eine intelligente Koordination zwischen den kantonalen politischen Parteien zurückzuführen. Es spricht aber alles dafür, dass keiner der übrigen 25 Kantone eine derartige Leistung wiederholen kann. Andere Kantone wie Genf und Freiburg haben eine Senkung des ordentlichen Steuersatzes auf dem substanziellen Gewinn angekündigt.

Die Senkung des ordentlichen Gewinnsteuersatzes ist ausschlaggebend bei der Berechnung der Teilbesteuerung von Dividenden für Unternehmen des Typs KMU und/oder für Familienbetriebe. Die Befürworter des von der WAK-S jüngst insze­nierten Paukenschlags gehen von der ultra-optimistischen Hypothese aus, dass alle Kantone ihre ordentlichen Gewinnsteuersätze spürbar senken werden. Das ist Sand in die Augen gestreut! Viele Kantone möchten ­eine solche Senkung vornehmen und ­haben legitime Absichten, doch zahlreiche Stände können sich das wegen der kantonalen Finanzen nicht erlauben. Man kann also kaum behaupten, dass alle KMU des Landes zu den Gewinnern gehören werden.Wer das trotzdem tut, hält die KMU zum Narren, um steuerliche Massnahmen zum Vorteil der ganz grossen Wirtschaftsplayer zu erzwingen – und lädt dabei zugleich die Linke ein, das Referendum zu ergreifen!

Alexa Krattinger, Ressortleiterin sgv

 

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