Publiziert am: 13.05.2016

Man soll Bewährtes nicht zerstören

PRO SERVICE PUBLIC – Mit ihrem staatsplanerischen Fundamentalismus gefährdet die Initiative das, was sie eigentlich erhalten will. Deshalb muss sie am 5. Juni abgelehnt werden.

Der Schein trügt: Die Volksinitiative «Pro Service public» verspricht das Gelbe vom Ei. Doch in der Realität kann sie nur zerbrochene Schalen liefern. Mit ihrem staatsplanerischen Fundamentalismus gefährdet sie den Service public.

Den Gewinn verbieten?

Was will die Volksinitiative? Sie gibt an, das Gewinnstreben in der Grundversorgung verbieten zu wollen. Sie will verhindern, dass mit dem Gewinn aus der Grundversorgung andere Verwaltungsbereiche quersubventioniert oder fiskalische Zwecke verfolgt werden. Dies gilt für alle Unternehmen, die dem Bund gehören, die im Mehrheitsbesitz des Bundes sind oder die im Auftrag des Bundes einen gesetzlichen Auftrag für die Grundversorgung erfüllen. Bei all diesen Unternehmen sollen die Löhne nicht über jenen der Bundesverwaltung liegen. Ein Gesetz soll die Grundversorgung von den übrigen Leistungen dieser Unternehmen abgrenzen und Transparenz zu Kosten der Grundversorgung und der Verwendung der Einnahmen schaffen.

Gewinn treibt Effizienz

Das klingt – zugegebenermassen – sehr gut. Umso wichtiger ist es, die Folgen dieser Forderungen zu durchleuchten: Wohl die problematischste ist das Verbot für Firmen wie SBB, Swisscom oder Post, Gewinne zu erzielen. Sehr bewusst haben sich die Schweizer Politik und die Schweizer Bürgerinnen und Bürger für mehr Effizienz in der Bundesverwaltung ausgesprochen. Noch deutlicher geht der Konsens in Richtung höherer Effizienz bei den Staatsbetrieben. Es gibt keinen besseren Weg, die Effizienz zu erhöhen, als von den Betrieben Gewinn zu erwarten. Gewinn treibt Effizienz voran.

«Es liegt in der Logik dieser Volksinitiative, alle Leistungen des Staates zur Grundversorgung zu erheben.»

Aus Gewerbekreisen hört man aber oft die Kritik: Staatsfirmen machen den KMU Konkurrenz. Das stimmt. Aber das ist nicht die Folge des Gewinndenkens. Ungleich lange Spiesse im Wettbewerb sind eine Folge schlechter Vorgaben durch den Eigentümer, d.h. durch den Bund. Das wird mit der Volksinitiative nicht korrigiert. Die Wettbewerbsverzerrung würde bei einer Annahme der Initiative noch stärker, weil die Staatsbetriebe sich unendlich ausdehnen könnten und nicht einmal effizient arbeiten müssten. Der Bund würde diesen unfairen Wettbewerb sogar direkt bezahlen.

Uneingeschränkte Kosten

Es liegt in der Logik dieser Volksinitiative, alle Leistungen des Staates zur Grundversorgung zu erheben. Damit gäbe man dem Bund einen uneingeschränkten Leistungsauftrag. Und weil diese Leistungen auch ineffizient erbracht werden dürften, dürften sie auch unbeschränkt viel kosten. Die Aufgabengebiete des Staates würden ins Unendliche ausgedehnt.

«GEWINNE ZU ERWARTEN ERHÖHT DIE EFFIZIENZ.»

Ebenfalls gefährlich ist der Geltungsbereich der Volksinitiative. Sie soll auch jene privatwirtschaftlichen Unternehmen betreffen, die im Auftrag von Gemeinden oder Kantonen öffentliche Arbeiten erledigen. Private Firmen, etwa in der Kehrichtverbrennung oder in der Müllabfuhr, dürften also keinen Gewinn erzielen. Das ist wohl der massivste Eingriff in die Wirtschaft überhaupt.

Ja zum Service public – 
Nein zur Volksinitiative

Der Service public in der Schweiz ist eine Erfolgsgeschichte und hält das Land zusammen. Chancengerechtigkeit bei Zugang und Preisen, eine hochstehende Qualität für alle und eine flächendeckende Verfügbarkeit sind zentrale Elemente. Ebenso zentral ist die relativ hohe Effizienz des Staates und der staatsnahen Betriebe. Die Volksinitiative «Pro Service public», über die wir am 5. Junin abstimmen, greift alle diese Grundsätze frontal an. Deshalb gehört sie abgelehnt.

Henrique Schneider, Ressortleiter sgv

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