Publiziert am: 20.03.2015

«Mein Lebenswerk würde zerstört»

ERBSCHAFTSSTEUER – Die Erbschaftssteuerreform stellt auch KMU, die ihre Nachfolge via Management-Buy-out (MBO) planen, vor grosse Unsicherheiten. Das Beispiel der Metallwarenfabrik Profilpress AG in Muri AG zeigt, wie unberechenbar die Folgen wären.

Die Erbschaftssteuer betrifft nicht nur KMU-Chefs, die ihren Betrieb an ihre Erben übergeben, sondern auch all jene, welche ihre Nachfolge mit einem Management-Buy-out (MBO) regeln wollen. Dabei handelt es sich um eine Unternehmens­über­­nahme, bei der das Management die Mehrheit vom bisherigen Eigentümer erwirbt. Auch in einem solchen Fall der Nachfolgeregelung kämen viele Unternehmungen finanziell arg ins Schleudern, und ihre Existenz wäre bedroht – samt den von ihnen geschaffenen Arbeitsplätzen. Würde die von der SP, den Grünen, der EVP und den Gewerkschaften lancierte Initiative am 14. Juni angenommen, wäre auch die Profilpress AG bei ihrer Nachfolgeregelung mittels MBO direkt von den massiven Konsequenzen der geplanten Erbschaftssteuerreform betroffen.

Enorme Unsicherheiten

Firmenchef Sepp Nietlispach hat die Metallwarenfabrik in den letzten 25 Jahren mit viel Herzblut aufgebaut. Der einst kleine Betrieb im aargauischen Muri ist stetig gewachsen und hat sich zu einem renommierten Exportbetrieb mit einem jährlichen Umsatz von 25 Millionen Franken entwickelt. «Die Zahl meiner Mitarbeitenden ist in den letzten 15 Jahren von 25 auf 125 angewachsen. Es wäre wirklich schade, wenn mein Lebenswerk wegen der drohenden Erbschaftssteuer zerstört würde», betont Nietlispach. Dies sei kein Worst-Case-Szenario, konkretisiert der 61-Jährige. Er müsse in nächster Zeit dringend die Nachfolgeregelung in Angriff nehmen, doch die Verunsicherung durch die anstehende Erbschaftssteuerreform sei enorm.

Der Wert seines Unternehmens – Immobilien und Infrastruktur – wird vom Steueramt auf 23 Millionen Franken eingeschätzt. «Ich würde die Unternehmensübergabe gerne in Form eines MBO abwickeln und der Geschäftsleitung übergeben. Dabei finanziert die Bank 8 Millionen Franken; 15 Millionen Franken würden als nachrangiges Darlehen im Betrieb bleiben. Diesen Betrag müsste ich als Vermögen versteuern», erklärt Nietlispach. «Im Falle meines Ablebens müssten meine beiden Erben 20 Prozent der 15 Millionen Franken, also insgesamt 3 Millionen Franken Erbschaftssteuer zahlen», rechnet Nietlispach vor.

«MEIN KMU WÜRDE STÜCK FÜR STÜCK AUSEINANDERGERISSEN.»

Selbstverständlich hätten die Erben das Geld nicht flüssig zur Hand. «Sie müssten einen Kredit aufnehmen oder das Erbe ausschlagen. Mit der Konsequenz, dass Immobilien verkauft werden müssten und mein KMU Stück für Stück auseinandergerissen würde. Dann wären auch die über all die Jahre aufgebauten Arbeitsplätze futsch.» Nietlispachs gesamtes Vermögen steckt in seinem Unternehmen, denn technisch wollte der KMU-Gründer immer auf dem neusten Stand sein. «Wir investieren jährlich den ganzen Cashflow – eineinhalb bis zwei Millionen Franken – in neue Maschinen und Marktaufbau, um so wettbewerbsfähig zu bleiben. Gerade im Exportgeschäft ist dies besonders wichtig», betont der Patron.

Arbeitsplätze vernichten

Die Erbschaftssteuer wirkt sich schon heute negativ auf den Metallwarenbetrieb aus. Denn sollte die neue Regelung am 14. Juni tatsächlich angenommen werde, müsste Nietlispach den Betrieb langsam herunterfahren, um das oben genannte Szenario zu vermeiden und vorsorglich flüssiges Geld dazu generieren. «Das würde bedeuten, dass ich alles, was ich aufgebaut habe, systematisch abbauen müsste – inklusive der Arbeitsplätze», erklärt der engagierte Unternehmer. Dies zu tun, wäre sehr schmerzvoll, sei doch sein Unternehmen «wie ein eigenes Kind». Er sei mit Leidenschaft Patron und stehe für den Werkplatz Schweiz ein und wolle Arbeitsplätze erhalten, nicht vernichten, so Nietlispach weiter. «Als export­orientiertes Unternehmen sind wir seit dem 15. Januar mit dem starken Franken schon stark genug gefordert. Eine zusätzliche, massive Belastung durch eine Erbschaftssteuer verträgt es ganz einfach nicht mehr», sagt der CVP-Mann.

Keine zusätzlichen Belastungen

Die Profilpress AG ist zur Hälfte im Export tätig. Sie liefert Metallkomponenten an diverse Industrien, grösstenteils in den Euroraum. «Wir haben Ende Januar die Arbeitszeit auf 44 Stunden pro Woche gesteigert und die Exportpreise um 10 Prozent gesenkt, damit wir konkurrenzfähig bleiben», so der ehemalige Vize­amann von Beinwil im Freiamt AG. Dank diesen Massnahmen habe er alle Verträge erneuern können und sei für das laufende Jahr wieder gut ausgelastet. Allerdings habe er einen 2-Millionen-Hallenbau vorerst zurückgestellt.

«DIE KMU-WIRTSCHAFT WIRD MIT DIEser ZUSÄTZLICHeN STEUER 
WIE EINE ZITRONE 
AUSGEPRESST.»

Wenn sich der Franken nicht erhole, sei nicht sicher, ob der Betrieb noch attraktiv bleibe. «Die Banken sind trotz tiefen Zinsen gegenüber der fabrizierenden Industrie nicht gerade risikofreudig», gibt Nietlispach zu bedenken und sagt unmiss­ver­ständlich: «Es reicht! Die KMU-Wirtschaft wird mit dieser zusätzlichen Steuer wie eine Zitrone ausgepresst. Wir erwarten in dieser schwierigen Wirtschaftslage eine Entlastung durch den Abbau von Regulierungen. Zusätzliche Belastungen liegen schlicht nicht mehr drin.»

Doppel- und Dreifachbesteuerung

Tatsächlich führt eine Erbschaftssteuer zu einer Doppel- und Dreifachbesteuerung. «Wenn die Firma gut läuft, zahle ich jährlich 70 000 Franken Vermögenssteuer. Vererbe ich dieses Vermögen, wird es nochmals besteuert. Das kommt einer Enteignung gleich», wehrt sich das Mitglied der aargauischen Industrie und Handelskammer AIHK. Die Argumentation, dass mit der Erbschaftssteuer die AHV gestützt werde, empfindet Nietlispach als Hohn: «Wir schaffen Arbeitsplätze, aus den Löhnen resultieren dann die AHV-Abgaben. Die neue Steuer vernichtet genau jene Arbeitsplätze, die für den Erhalt einer gesunden AHV unabdingbar sind.»

Corinne Remund

 

PROFILPRESS AG

Erfolgreich im Export

Die Profilpress im aargauischen Muri hat sich im stark umkämpften Markt der Metallverarbeitung in Europa ­einen Namen geschaffen. Sie gehört zu den modernsten und flexibelsten Zulieferern für Serie-, CNC-Stanz- und Abkantteile sowie Gehäusebau inklusive Oberflächenbehandlungen. Tochtergesellschaften sind die Stäuble AG, die N+K Produktions AG sowie die Nepro. Das moderne, flexible und innovative Unternehmen strebt ein stetiges Wachstum an. Es beschäftigt 125 Mitarbeitende, darunter auch Lernende in vier verschie­denen Berufen. CR

So wird gerechnet

Erbschaftssteuer der Profilpress AG mittels Management-Buy-out (MBO)

Geschäftsliegenschaft ∕ Infrastruktur CHF 23 Mio.
MBO:
Bank

CHF 8 Mio.
Nachrangiges Darlehen CHF 15 Mio.
Freibetrag – CHF 2 Mio.
20% Erbschaftssteuer CHF 3 Mio.
   

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