Publiziert am: 08.05.2015

Nicht für ewig in Stein gemeisselt

SCHULDENBREMSE – Konsolidierungs- und Aufgabenüberprüfungspaket 2014: Diese Analyse der Bundesaufgaben wird künftig ­periodisch wiederholt werden müssen.

Die sogenannte «Schuldenbremse» dient seit 2003 als Kompass für die Schweizer Finanzpolitik und hat sich seither als Teil des «Erfolgsmodells Schweiz» behauptet. Ziel der Schuldenbremse ist es, einem strukturellen (chronischen) Ungleichgewicht der Bundesfinanzen vorzubeugen und so ein Schuldenwachstum zu verhindern, wie es während der 1990er-Jahre entstanden war. Eines der fundamentalen Prinzipien der Schuldenbremse beruht auf der Vorgabe, dass in einem Konjunkturzyklus der Gesamtbetrag der Ausgaben denjenigen der Einnahmen nicht überschreiten darf. So wird die Schuldenobergrenze anhand der Ausgabenhöhe definiert, korrigiert durch einen Faktor, der der konjunkturellen Situation Rechnung trägt. Die Schuldenbremse erlaubt Defizite einzig in schwachen Konjunkturperioden und verlangt Überschüsse während Perioden der Hochkonjunktur.

Bundesfinanzen im roten Bereich

Sämtliche Befürworter der Sparpolitik sind heute durch die Rückkehr der Bundesfinanzen in den roten Bereich und durch die möglichen Folgen in Zusammenhang mit dem starken Franken beunruhigt. Die Rechnung des Bundes 2014 schliesst mit einem Defizit von 124 Millionen Franken. Die strukturellen Defizite für 2016 und 2017 werden auf durchschnittlich 1,3 Milliarden geschätzt. Um das Budget während dieses Zeitraums im Gleichgewicht zu halten, ist es also unumgänglich, zur Dämpfung des Ausgabenwachstums Budgetkürzungen vorzunehmen.

Verspätungen beim KAPG 2014

Vom Parlament beauftragt, die negativen Entwicklungen rasch zu identifizieren und Massnahmen vorzuschlagen, präsentierte der Bundesrat im Dezember 2012 seine Botschaft zum Bundesgesetz über das Konsolidierungs- und Aufgabenüberprüfungspaket 2014 (KAPG 2014). Um die Schuldenbremse bis 2016 einzuhalten, empfahl die Vorlage in erster Linie eine Reihe von kurzfristig realisierbaren Massnahmen zur Budgetentlastung im Umfang von rund 700 Millionen Franken pro Jahr. Zudem legte der Bundesrat in der Botschaft den Inhalt, den Stand und die Zeitplanung für eine weitere Reihe tiefergreifender Massnahmen zur Aufgabenüberprüfung dar. Die aus den Massnahmen resultierenden Überschüsse sollten dem Schuldenabbau dienen, könnten in gewissen Fällen aber auch für neue prioritäre Aufgaben verwendet werden. Doch das KAPG 2014 stiess auf mehrfachen politischen Widerstand, der heute seine Realisierung zu gefährden scheint.

Keine Abwälzung auf die Kantone

Der Nationalrat wies das KAPG 2014 an den Bundesrat zurück und beauftragte diesen, in einer Zusatzbotschaft zwei neue Szenarien auszuarbeiten. Ein Szenario sollte zeigen, wie das Budget mit einnahmenseitigen Massnahmen (Steuererhöhungen oder Verzicht auf Steuersenkungen) konsolidiert werden kann, um den Vorgaben der Schuldenbremse für den Zeitraum 2014–2016 gerecht zu werden. Im ausgabenseitigen – und als KMU-freundlich zu bevorzugenden – Szenario sollten drei Grundvarianten dargestellt werden, wie sich das Ausgabenwachstum auf das Niveau des tatsächlichen Wirtschaftswachstums (Basis: Rechnung 2012) begrenzen lässt, und wie die Personalbezüge zulasten von Personalkrediten 2014–2016 auf drei Milliarden Franken plafoniert werden können, dies alles bei einer strikten Einhaltung der Stabilisierung der Staatsquote. In beiden Szenarien sollte zudem auf die Abwälzung von Lasten auf die Kantone verzichtet werden. In der Folge arbeitete der Bundesrat eine neue Botschaft aus, die er im September 2014 vorlegte. Diese Zusatzbotschaft enthält jedoch keine konkreten Anträge und Gesetzesänderungen, da der Auftrag des Nationalrats an den Bundesrat lautete, «Szenarien» und «Varianten» vorzulegen; die Botschaft soll dem Parlament vielmehr als Grundlage für Entscheide über das weitere Vorgehen dienen.

Regulierungskosten und 
gesunde öffentliche Finanzen

Und wo stehen die KMU in dieser Angelegenheit? Angesichts des wirtschaftlichen Umfelds und insbesondere der Aufhebung der Frankenuntergrenze zum Euro im Januar 2015 ist es unerlässlich, die Regulierungskosten für die KMU nach unten zu korrigieren und zugleich weiterhin Massnahmen zu verfolgen, die eine Ausgabenreduktion auf Bundesebene möglich machen. Im Interesse der Unternehmen kann das ursprünglich vom Bundesrat vorgeschlagene Massnahmenpaket nur auf ein positives Echo stossen. Das zu lange diskutierte KAPG 2014 wird zu einer Priorität, nicht nur zur Erlangung gesunder öffentlicher Finanzen, sondern auch für eine Verminderung der Regulierungskosten für die KMU. In der Zusatzbotschaft von 2014 ist es Variante 2, die der Notwendigkeit einer Ausgabenreduktion am besten gerecht wird. Sie geht von gezielteren Budgetkürzungen aus für Aufgabenbereiche, in denen der Bund selbst die erforderlichen Leistungen erbringt.

Das Parlament ist am Ball

Nun geht es darum, wie das Parlament diese Zusatzbotschaft aufnimmt und in welchem Umfang es auf die Vorlage eintritt. Das Budget der Eidgenossenschaft wird nur dann ins Lot kommen oder vor­übergehende Turbulenzen auffangen können, wenn der Bund weniger ausgibt, und wenn die von den Unternehmen erzielten Gewinne weiterhin wachsen können. Eine Überprüfung der Aufgaben ist notwendig und kann nicht konstant aufgeschoben werden. Es müssen nicht nur Prioritäten gesetzt, also präzise Budgetkürzungen vorgenommen werden, sondern es muss auch in den Köpfen ankommen, dass diese nicht in Stein gemeisselt sind. Die künftigen Entwicklungen werden es notwendig machen, dass diese Analyse der Bundesaufgaben periodisch wiederholt werden muss. Nach der heute Freitag zu Ende gehenden Sondersession des Nationalrats wird klar sein, ob und wie die Aufgabenüberprüfung des Bundes mittels KAPG 2014 endlich angepackt wird, und ob im Zusammenhang mit dem starken Franken und anderen Turbulenzen weitere Massnahmen in Betracht gezogen werden müssen.

Alexa Krattinger, Ressortleiterin sgv

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