Das Mekka aller Gitarrenfans liegt im
werdenbergischen Gams. Mit Guitar-Repairs hat sich Urs Winkler dort
nicht nur einen Traum erfüllt und sein Hobby zum Beruf gemacht,
sondern sich auch einen Namen in der internationalen Gitarrenwelt
gemacht. Winkler kennt die Szene besser als jeder Fan, der sich im
Internet um Detailinformationen bemüht hat. «Das ist gut fürs
Image», sagt er. Mit zehn Prozent Marktanteil ist der bescheidene
Gamser einer der Grössten, wenn es um edle Gitarren geht. So wurde
er kürzlich von der Vereinigung des Musikbusiness National
Association of Music Merchants NAMM als einer der besten 100
Händler auf der Welt ausgezeichnet.
Schon rein äusserlich ist das Fachgeschäft
ein wahrer Blickfang. Das blaue, amerikanische Haus mit grosser
Veranda und «Ami-Schlitten» vor der Garage verrät einiges über den
Hausherrn, welcher der «Hofreparateur» fast aller amerikanischen
Gitarrenproduzenten ist. Elegant verbindet er mit integriertem
Laden, Ausstellungsräumen, Werkstatt, Lager und Konzertraum Wohnen,
Leben und Arbeiten. «Es muss alles stimmen, der Kunde muss sich
wohlfühlen. Denn er kauft dort, wo Instrument und
Verkaufsräumlichkeiten zusammenpassen», erklärt der gelernte
Zahntechniker. Er nennt dies Corporate Identity. Inbegriffen darin
sei auch er selbst mit amerikanischem Hut und grossem
Zwirbelschnauz.
Fast unbegrenzte Auswahl
Betritt man erst das Geschäft, so begreift
man auf den ersten Blick, wieso sich hier jeder Gitarrenliebhaber
und Fan gleich zu Hause fühlt: Eine breitgefächerte Palette an
Gitarren in allen Ausführungen, Marken, Formen und Farben, soweit
das Auge reicht. Er bietet in der Schweiz die grösste Auswahl an
Gitarren von amerikanischen und kanadischen Herstellern. Rund 300
Gitarren in einem Preissegment zwischen 400 und 10 000 Franken hat
er direkt an Lager. Da gibt es akustische Gitarren,
Stahlsaitengitarren, Westerngitarren, spanische Konzertgitarren,
japanische Meisterinstrumente, Elektrogitarren vom Einsteiger- bis
zum professionellen Instrument der gehobenen Klasse, Bassgitarren,
Pedalsteelgitarren oder auch exotische Instrumente wie
(handgemachte) Ukulelen, Mandolinen, Banjos und andere
Zupfinstrumente. «Ich habe praktisch keine Gitarren aus dem
chinesischen Markt.» Zur Philosophie des USA-Kenners gehört auch,
dass er auch Gitarren, die nicht aus Tropenhölzern angefertigt
sind, führt. «Ich stehe hinter der Qualität meiner Instrumente»,
betont der Exil-Zürcher. Nicht fehlen darf in dem vielfältigen
Sortiment jegliches Zubehör sowie Verstärker. Aber auch hier hebt
er sich mit speziellen Details wie beispielsweise aussergewöhnliche
Gitarrengürte von den Mitbewerbern ab. Mit regelmässigen
Gitarren-Workshops, Servicekursen und Konzerten möchte Winkler auch
die junge Kundschaft ansprechen. So gastierte kürzlich Ron Thal,
der Gitarrist von Guns N'Roses bei Guitar-Repairs. «Es ist eine
grosse Herausforderung, die Jungen in den Laden zu bringen», stellt
Winkler fest.
«Es muss alles stimmen, der Kunde muss sich
wohlfühlen.»
Einen grossen Stellenwert in seiner
Geschäftsphilosophie hat die Beratung der Kunden, denn die passende
Gitarre zu finden sei nicht immer einfach. Hier müsse man nebst
Erfahrung und Fachwissen über viel Gespür und Menschenkenntnis
verfügen. «Ich versuche die Leute richtig einzuschätzen. Natürlich
fällt auch das Budget ins Gewicht.» Wichtig sei, dass die Kunden
zufrieden das Geschäft verliessen. «Es gibt beispielsweise Leute,
die brauchen ein Instrument, das ihre Stimme unterstützt.» Nur mit
der guten Beratung und den Reparaturen in der Werkstatt könne er
sich gegenüber der Konkurrenz der Grossisten, der Discounter und
des Online-Shops abheben. «Der Preisdruck in der Branche ist
enorm. Hier herrscht kein Wachstums-, sondern ein
Verdrängungsmarkt», betont Winkler. Doch tendenziell griffen die
Leute wieder vermehrt auf die persönliche Beratung und den direkten
Service im Fachhandel zurück. Guitar-Repairs hat eine grosse
Stammkundschaft: «Meine Kunden sind hauptsächlich ambitionierte
Hobbymusiker, die durch Mund-zu-Mund-Propaganda zu mir gefunden
haben. Ich habe auch Kunden aus Frankreich und Deutschland»,
erklärt Winkler, der seit der vierten Klasse Gitarre spielt.
Servicecenter und
Reparaturwerkstatt
Sein zweites Standbein nebst dem Verkauf
ist die Reparatur. In der Werkstatt führt Winkler mit viel
Fingerspitzengefühl, Geduld und Liebe zum Instrument Reparaturen,
Umbauten, Tonabnehmereinbauten und Lackierungen aus. Gebrochene
Hälse, Zargenrisse, eingedrückte Decken, abgegriffene Bünde und
krumme Hälse werden in kurzer Zeit wieder geflickt. Reparaturen und
Renovationen von Vintage-Gitarren gehören ebenso zum Service wie
die individuelle und sorgfältig auf den Kunden abgestimmte Wartung
des Instrumentes. Sein Können und Wissen hat sich Winkler
autodidaktisch angeeignet. Er verkaufte in einem Musikfachgeschäft
Instrumente, bis er sich 1988 selbständig machte. Zuerst wollte er
Schwyzerörgeli bauen und reparieren und kaufte im Bernbiet dafür
eigens eine Werkstatt: «Es war schwierig, in diesen Markt
reinzukommen. Da ich selbst Gitarre spielte, fragten mich die Leute
immer öfters, ob ich ihnen die Gitarre repariere», erinnert sich
Winkler. Das tat er dann auch in einem Bauernhaus in der Breiten in
Gams, bevor er seinen amerikanischen Traum in der Karmaad
verwirklichte. Besonders freut es ihn, dass sein Sohn Micha sein
Lebenswerk fortsetzen will und seit einiger Zeit ihn im Geschäft
unterstützt: «Wir ergänzen uns bestens und ticken gleich. Mit
seiner manchmal anderen Sichtweise ist Micha eine grosse
Bereicherung für das Geschäft.
Corinne
Remund
LINK
www.guitar-repairs.ch
DAS KURZE INTERVIEW
«Mein Job ist sehr emotional!»
Schweizerische Gewerbezeitung: Was
ist das Erfolgsrezept von Ihrem Fachgeschäft?
Urs Winkler: In meinem Geschäft
steckt ganz viel Engagement und Herzblut drin. Mir ist sehr
wichtig, dass ich meinen Job gut mache. Manchmal braucht es dazu
auch ein wenig Glück, dass man beispielsweise zum richtigen
Zeitpunkt am richtigen Ort ist.
Was ist die grösste
Herausforderung bei der Führung dieses Geschäfts?
Oft mache ich
den Spagat zwischen Tradition und der Technik unserer
schnelllebigen Zeit. In der Werkstatt steht das althergebrachte
Handwerk im Vordergrund, während ich bei der Beratung auf
Fachwissen zurückgreife, das immer wieder angepasst und überholt
wird. In unserer Branche ist es wichtig, dass man den «Schnellzug
der sozialen Medien und des Internets» nicht verpasst und ständig
«up to date» ist.
Was macht einen
guten Geschäftsmann aus?
Aufrichtigkeit,
Ehrlichkeit sowie Nachhaltigkeit, verbunden mit einer persönlichen
Note sind sehr wichtig, um langfristig erfolgreich zu sein. Nach
wie vor gilt auch hier, umsichtig zu arbeiten und mit den
Entwicklungen der schnelllebigen Zeit mitzuhalten.
Was liegt Ihnen in
Ihrem Betrieb am meisten am Herzen?
Ich habe mein
Hobby zum Beruf gemacht. Wichtig ist, dass ich davon leben kann.
Ich habe einen sehr emotionalen Job. Wenn ich mit diesen schönen
Instrumenten den Kunden Freude vermitteln kann, ist dies für mich
persönlich immer wieder eine Bestätigung, dass ich da Richtige tue.
Ebenso verhält es sich mit den Gitarren, die ich repariere. Oft hat
der Besitzer eine langjährige Beziehung zu so einem Instrument und
ist überglücklich, wenn ich mit meiner Reparatur «seinem Liebling»
wieder neues Leben einhauchen kann. Für mich ist das immer wieder
ein schönes Erlebnis.
Was wünschen Sie
sich für die Zukunft?
Mein Sohn Micha
steigt in das Geschäft ein, was mich sehr freut. Wir hoffen und
wünschen uns, dass wir damit künftig zwei Familien ernähren
können.Interview: CR