Publiziert am: 07.04.2017

Shoppen ohne Geschenke vom Staat

EINKAUFSTOURISMUS – Die Motion Hausammann will sicherstellen, dass der Einkaufstourismus nicht mit Steuergeschenken gefördert wird. Der Vorstoss korrigiert eine Ungleichbehandlung und minimiert eine De-facto-Subvention, deshalb unterstützt ihn der sgv.

Konsumentinnen und Konsumenten sollen das einkaufen, was, wann und wo sie wollen. Das gehört zu ihrer Freiheit und zum freien Wettbewerb. Doch Auslandseinkäufe muss man nicht gerade subventionieren. Denn diese Subvention – wie andere auch – wirken gerade antikompetitiv. Wenn eine Schweizerin in der Schweiz 
einkauft, bezahlt sie die ordentliche Mehrwertsteuer. Wenn ein Deutscher in Deutschland einkauft, bezahlt auch er die ordentliche Mehrwertsteuer. So weit, so gut. Wenn aber eine Person aus der Schweiz in Deutschland einkauft, erhält sie die Steuer in Deutschland zurück – und bezahlt in der Schweiz keine. Das bedeutet konkret: Die Schweiz kennt eine Steuerbefreiung für Einkaufstourismus. Sie ist 
eine faktische Subvention.

Die heutige Freigrenze bei der Mehrwertsteuer beträgt 300 Franken. Wer für einen geringeren Betrag jenseits der Grenze einkauft, ist von der Mehrwertsteuer befreit. Wie kann diese Subventionierung korrigiert werden?

Fertig lustig

Die Kreuzlinger Initiative zur Abschaffung der Mehrwertsteuersubvention, kurz Kams, hat sich zum Ziel gesetzt, den mehrwertsteuerfreien Einkauf im schweizerisch-deutschen Einkaufstourismus abzuschaffen. Alle Kunden sollen Mehrwertsteuer bezahlen; entweder im jeweiligen europäischen Nachbarland oder aber in der Schweiz.

Der Vorschlag hat zwei Komponenten. Eine schweizerische und eine europäische. In der Schweiz soll die Zollgesetzgebung mit folgendem Satz geändert werden: «Für Einfuhren, die von der Einfuhrsteuer befreit sind, ist es nicht zulässig, die ausländische Mehrwertsteuer zurückzuverlangen.»

Die europäische Komponente will, dass die EU ihre Mehrwertsteuersystemrichtlinie ändert. Der Vorschlag lautet: «Bei Ausfuhren im nicht-kommerziellen Reiseverkehr in die Schweiz ist die Erstattung der Mehrwertsteuer nur dann zulässig, wenn nachweislich die Schweizer Einfuhrsteuer bezahlt wurde.»

Die Kams ist aber, wegen der EU-Komponente, politisch schwer umzusetzen. Sie läuft nämlich gegen die Idee des EU-Binnenmarktes. Und selbst wenn die Union ihre Richt­linien ergänzen sollte, müssten die einzelnen Länder noch ihre Gesetzgebung anpassen.

sgv fĂĽr Motion Hausammann

Einfacher ist die Motion (15.4172) des Thurgauer SVP-Nationalrats Markus Hausammann mit dem Titel «Den Einkaufstourismus nicht mit Steuergeschenken fördern». Hausammann will die Wertfreigrenze gemäss Mehrwertsteuer-Gesetzgebung dem durchschnittlichen Mindesteinkaufsbetrag für die Mehrwertsteuerrückerstattung der Nachbarländer anpassen.

Diese Motion hat nur eine inländische Komponente und orientiert sich an der Praxis der anderen Länder. Ihre Wertfreigrenze liegt nämlich zwischen 0 und 175 Euro.

Der Bundesrat beantragt, die Motion abzulehnen. Er meint, sie wirke nicht und sei nicht umsetzbar. Der sgv hingegen unterstützt die Motion. Ihre Wirkung ist noch abzuwarten. Aber die Motion an sich korrigiert eine grosse Ungleichbehandlung und minimiert eine De-facto-Subvention. Einkaufen soll man frei können – aber ohne Steuergeschenke und Subventionen.

Henrique Schneider,
Stv. Direktor sgv

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