Publiziert am: 02.06.2017

Strommarkt liberalisieren

ENERGIEZUKUNFT – sgv-Direktor und FDP-Nationalrat Hans-Ulrich Bigler verlangt, dass alle – auch Private und KMU – frei wählen können, von wem sie ihren Strom beziehen. Und zwar bald!

Die Wasserkraft wird heute bereits in vielfältiger Weise subventioniert. Mit dem vom Volk angenommenen Energiegesetz erhält sie noch mehr Subventionen. Und nun überlegte sich die Energiekommission des Nationalrates tatsächlich, ihr noch stärker unter die Arme zu greifen. Der Nationalrat aber hat diese Woche ihren Antrag abgelehnt, der verlangte, Verbraucher in der Grundversorgung – nebst Privaten auch KMU – sollten nur noch Strom aus Wasserkraft beziehen können. AKW-Strom und Importstrom wären aus der Grundversorgung verbannt worden.

«Die gebundenen Kunden werden immer öfter zur Manövriermasse der Interessen, wenn im Strommarkt etwas nicht rund läuft», sagt der Luzerner FDP-Nationalrat Peter Schilliger. Er zeigte sich gegenüber der Gewerbezeitung erleichtert, dass der Nationalrat das Begehren, KMU und Private bluten zu lassen, klar abgelehnt hat. «Die Unterstützung des Gewerbeverbands kann helfen, die bürgerliche Front zu stärken», so Schilliger weiter. «Doch eigentlich müsste auch der Konsumentenschutz hier mithelfen – schliesslich sind auch seine Kunden mitbetroffen.»

Auch der Berner FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen kritisiert, dass Privat­konsumenten und KMU heute ihren Stromversorger nicht frei wählen können. «Sie verkommen dadurch immer mehr zum Spielball der Politik – mit den entsprech­enden Kostenfolgen. Deshalb ist die vollständige Liberalisierung ein Gebot der Stunde für einen modernen funktionierenden Strommarkt.»

Verzerrter Markt

Gemäss Stromversorgungsgesetz gibt es drei Kreise von Verbrauchern. Es gibt Grosskunden, die über 100 000 Kilowattstunden Strom konsumieren. Diese dürfen ihren Stromproduzenten selber wählen. Die zweite Gruppe sind jene Grosskunden, die nicht im freien Markt Strom beschaffen, sondern weiterhin in der Grundver­sorgung bleiben wollen. Die dritte und grösste Gruppe sind die in der Grund­ver­sorgung gebundenen Verbraucher. Das sind alle Haushalte und die meisten KMU. Weil sie pro Jahr weniger als 100 000 Kilowattstunden Strom verbrauchen, haben sie keine Möglichkeit, ihren Stromproduzenten selber zu wählen.

Der Vorschlag der nationalrätlichen Kommission hätte gerade diese dritte Gruppe zur Kasse gebeten. Die gleiche Gruppe also, die bereits für die Erhöhung der Subvention durch die kostendeckende Einspeisevergütung bezahlt – eine Abgabe, von welcher die Grosskunden befreit sind. Der Strommix der Grundversorgung wird derzeit noch durch den von Kernkraftwerken produzierten Strom – immerhin über 35 Prozent – günstig gehalten. Fällt dieses gute Drittel aus dem Mix, steigen die Stromkosten wieder an. Pro Kilowattstunde bedeutet dies einen Kostensprung von etwa 0,8 Rappen für die Subventionswelle aus dem neuen Energiegesetz plus bis zu 2,5 Rappen für den neuen Grundversorgungsmix. Total also bis zu 3,3 Rappen mehr pro KW/h. Zum Vergleich: Ein 4-Personen Haushalt verbraucht im Jahr um die 7500 Kilowattstunden. Der jährliche Strompreisanstieg macht also mindestens 200 Franken aus. Bei typischen Mikro-KMU wird die Stromrechnung um die 600 Franken im Jahr höher ausfallen.

Strommarkt liberalisieren – jetzt!

«In guten Zeiten geben sich die Strombarone gerne als Unternehmer. Doch kaum geraten sie in Schwierigkeiten, rufen sie nach Staatshilfe und Subventionen», stellt sgv-Direktor und FDP-Nationalrat Hans-Ulrich Bigler fest. «Für Endverbraucherinnen und Endverbraucher gibt es nur einen Weg, sich vor Zusatzabgaben und Zwangs­konsum zu schützen: Auch sie müssen vom liberalisierten Strommarkt profitieren.» Das verlangt Bigler nun mit einem Vorstoss in der laufenden Session. Sc/En

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