Publiziert am: 02.09.2016

Wir machen die Schweiz kaputt

Tribüne

Was ist die wichtigste Aufgabe der Politik? Sie muss dafür sorgen, dass es der Schweiz auch in Zukunft gut geht. Wer will, dass es der Schweiz in Zukunft gut geht, muss zuerst einmal verstehen, warum es der Schweiz heute gut geht. Oder sagen wir es spezifischer: Für die Schweiz gilt, was für jeden Gewerbler und Unternehmer gilt: Er muss nicht gut sein, es reicht, wenn er besser ist als die andern.

Warum ist die Schweiz besser als die andern? Weil wir den Staat nicht den Politikern überlassen, sondern weil am Ende der Bürger der Chef ist. Die Direktbetroffenen bestimmen über das, was sie betrifft.

Natürlich waren und sind wir auch Kräften ausgesetzt, die wir nicht beeinflussen können. Aber wir können in Reaktion darauf massgeschneiderte Lösungen für die Schweiz entwickeln in der direkten Demokratie, dieser Spassbremse übermotivierter Politiker.

Das ist das Wesen unserer Selbstbestimmung: Die Politiker, die Beamten können nicht machen, was sie wollen. Sie werden von unten eng geführt. Darum sind wir freier, haben wir tiefere Steuern und ein Land, in dem sich Unternehmer und Tüchtige entfalten können.

Das ist die Theorie. Und überwiegend stimmt sie auch noch. Wenn ich aber als grünschnäbliger Polit-Neuling in Bern sitze, frage ich mich: Wie lange kann die Schweiz an ihrem auf Selbstbestimmung der Bürger beruhenden Schlankstaat-Erfolgsmodell noch festhalten? Warum um Himmels willen sind wir im Parlament dabei, die historisch gewachsenen Vorteile der Schweiz wie verwöhnte Erben einfach aus dem Fenster zu schmeissen? Wir machen die Schweiz kaputt.

Nur ein paar Beispiele: Die Staats­ausgaben auf Bundesstufe rasen 
an die 70-Milliarden-Franken-­Grenze. Als SP-Finanzminister Otto Stich vor über dreissig Jahren in Bern das Zepter führte, betrugen die Ausgaben 24 Milliarden Franken, noch 1990 waren sie bei rund 30 Milliarden.

Mittlerweile arbeiten etwa 35 000 Personen beim Bund, 8000 davon allein in Ueli Maurers Finanzdepartement mit einem Durchschnittslohn von 120 000 Franken. Was machen diese Leute den ganzen Tag? Während die Industrie seit Einführung der Personenfreizügigkeit 2007 rund 70 000 Stellen abgebaut hat, legte der Staat ein Jobwunder hin und saugte die Zuwanderung zu einem grossen Teil auf.

Die Bürgerlichen sind nicht in der Lage, die Ausgaben einzufrieren oder herunterzufahren. Ihre brüchigen Allianzen bröseln auseinander, wenn es darum geht, das Staatsbudget auf dem Stand von 2014 einzufrieren, als die Schweizer Staatsmaschine, soweit ich mich erinnern kann, nicht unter Geldmangel und Auszehrung litt.

Wer zahlt das Ganze? Es sind die Bürgerinnern und Bürger, die Arbeitnehmer, dann aber vor allem die Unternehmer, die Gewerbetreibenden. Bundesbern ist mittlerweile zu einer gigantischen Molkerei geworden mit dem Ziel, unsere besten Kühe zu melken, bis sie nichts mehr hergeben. Immer weniger tragen die wachsenden Leistungen. Ein Freund von mir rechnete mir unlängst vor, dass in einer Stadt wie Zürich 50 Prozent der Einwohner mehr vom Staat beziehen, als sie einzahlen. Rund 30 Prozent zahlen etwa gleichviel ein, wie sie heraus­nehmen. Nur gerade 20 Prozent ziehen 
den Karren.

Wenn sich der Staat ausbreitet, zerstört er die liberale Wirtschaftsordnung. Die Zentralmacht erdrückt die Freiheit. Der Bund reisst immer mehr Aufgaben an sich, reguliert, harmonisiert und standardisiert. Die Linke jubelt, weil die Bürgerlichen zu wenig dagegenhalten. Es braucht mehr Schub von rechts, also von jener Seite, die sich für die Freiheit der Leute und der Unternehmen einsetzt.

*Der Zürcher SVP-Nationalrat Roger Köppel ist Chefredaktor und Verleger des Wochenmagazins «Die Weltwoche».

Die Tribüne-Autoren geben ihre eigene Meinung wieder; diese muss sich nicht mit jener des sgv decken.

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