Publiziert am: 24.03.2017

Wirtschaft Thema im Volkskongress

SCHWEIZ–CHINA – Der Nationale Volkskongress Chinas hat getagt. Das 3000-köpfige Parlament trifft sich einmal im Jahr. Meist geht es um Fragen der Kultur und der Politik. Diesmal ging es um die Ökonomie.

Ist es ein gutes oder schlechtes Zeichen, wenn der Nationale Volkskongress die Wirtschaft zum Thema macht? «Es ist beides» sagt Evan Miracle, Ökonom bei der HSBC-Bank. «Es ist ein gutes Zeichen, wenn die Wirtschaft eine zentrale Rolle im politischen Planungsprozess einnimmt. Doch es ist ein schlechtes Zeichen, wenn das zu spät geschieht.»

«NOCH IST ES FÜR 
CHINA NICHT ZU SPÄT, MEHR WETTBEWERB 
ZUZULASSEN.»

Der Volkskongress hat das Wachstumsziel für das Jahr 2017 korrigiert. Die Wirtschaft solle nur noch um 
6,5 Prozent expandieren. Premierminister Li Keqiang warnte in seiner Rede, schon dieses Ziel sei ambitiös. Er legte den Finger auch auf andere wunde Punkte der chinesischen Wirtschaft: Der grosse Staatssektor sei nicht produktiv, die staatlichen Banken seien Zeitbomben wegen des hohen Verschuldungsgrads der Unternehmen, und die Löhne seien zu tief.

Ein Wendepunkt

«Das sind alles Zeichen eines Wendepunkts» deutet Miracle. «Bisher war es ein billiges Wachstum: Staatsgelder und Schulden für den Infrastrukturausbau. Jetzt beginnt die hohe Kunst: Produktivitätsgewinne und die Expansion des privaten Sektors in innovativen Branchen.» Die Frage, ob das China gelingen wird, ist eng mit der Frage verbunden, wie offen die Volkswirtschaft sein soll.

Die Erfahrung in Asien zeigt: Je offener die jeweiligen Wirtschaften, desto besser wird der Wendepunkt gemeistert. Ähnliche Entwicklungsmuster wie das chinesische haben verschiedene Länder durchlaufen. Hong Kong, Singapur oder etwa Südkorea haben sich den internationalen Märkten geöffnet. Heute sind sie Spitzenländer im globalen Wettbewerb. Thailand oder Indien verbleiben protektionistisch – und haben entsprechend Mühe, den Wendepunkt zu schaffen.

Mehr Marktzugang

Für China ist es noch nicht zu spät. Aber das Opportunitätsfenster schliesst sich allmählich. Das hat der Nationale Volkskongress erkannt und entschieden, mehr Wettbewerb zuzulassen. Staatliche Banken sollen auf Eigenkapital achten. Der Schutz der Staatsunternehmen soll gelockert werden. Ausländischen Firmen soll mehr Marktzugang eingeräumt werden. Das sind gute Nachrichten – für China und für die Schweiz.

Denn mehr Marktöffnung bietet gerade der Schweiz einen Vorteil. Dank dem Freihandelsabkommen haben Schweizer Firmen es viel einfacher, wenn sie nach China exportieren oder dort investieren wollen. Das ist ein Wettbewerbsvorteil gegenüber der europäischen oder nordamerikanischen Konkurrenz.

Wie man die Chance nun ergreift, ist – wie immer – eine Sache des einzelnen Unternehmens. Um den Schweizer Firmen eine erste Annäherung an den chinesischen Markt zu ermöglichen, organisiert der Schweizerische Gewerbeverband sgv erneut eine China-Reise – exklusiv für KMU und mit einem KMU-Schwerpunkt (vgl. Seite 8). Und das ist auf jeden Fall ein gutes Zeichen.

Henrique Schneider, 
Stv. Direktor sgv

CHINA UND DIE USA

Wichtig fĂĽr alle

Peking werde seine Währung nicht abwerten, um seine Exporte zu 
fördern, sagte der Premierminister Li Keqiang. Sein Land wolle den Wechselkurs «allgemein stabil» 
halten. «China hat nicht die Absicht, sich an einem Wechselkurskrieg zu beteiligen.» Damit bietet Li dem US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump Paroli, der China Währungsmanipulation vorwirft.

Trotz der Differenzen mit den USA über Handel, Wechselkurspolitik und Sicherheitsfragen zeigte sich der Premier «optimistisch» über die Beziehungen. Beide Länder teilten viele gemeinsame Interessen. Es 
liefen auch Vorbereitungen für ein erstes Treffen beider Präsidenten.

Indirekt ging Li auch auf Trumps Drohungen mit Zöllen auf chinesische Importe ein. Unter einem 
Handelskonflikt hätten US-Firmen am meisten zu leiden, warnte die Nummer zwei im Reich der Mitte. «Wir wollen nicht, dass ein Handelskrieg zwischen unseren Ländern ausbricht.» Die Beziehungen 
seien nicht nur wichtig für die beiden grössten Volkswirtschaften, sondern auch für den Rest der Welt. Sc

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