Publiziert am: 27.05.2016

Wirtschaftsstandort Schweiz fördern

PARLAMENTARISCHE GEWERBEGRUPPE – Das Gewerbe steht vor grossen Herausforderungen. Dazu gehören unter anderem 
Bürokratieabbau, eine KMU-freundliche Unternehmenssteuerreform III sowie ein stabiles Verhältnis zur EU.

Das Gewerbe steht vor gros­sen Herausforderungen. Im Zusammenhang mit der Frankenstärke ist immer die Exportwirtschaft im Fokus, was grundsätzlich richtig ist, weil auch hier das Gewerbe nachgelagert direkt betroffen ist. Dabei geht aber vergessen, dass zunehmend nicht nur in Grenzkantonen, sondern in der ­ganzen Schweiz die klassischen KMU-Betriebe durch ausländische Billigstanbieter ausgeschlossen werden, dies unter anderem auch im öffentlichen Beschaffungswesen. Deshalb ist es in der laufenden Saison wichtig, das Beschaffungsgesetz so zu revidieren, dass die Schwellenwerte signifikant erhöht werden. Andere Länder zeigen, wie durch geschicktes Vorgehen hier die inländische Wirtschaft gestärkt werden kann, das ewige Verstecken mit der Gatt/WTO-Argumentation muss aufhören. Mit einer geschickten Definition und Anwendung der «weichen» Vergabefaktoren, wie Lehrlingsausbildung, Qualitätsnachweise, Ortskenntnisse usw., muss der schweizerische Werkplatz gestärkt werden.

«Jeden Tag werden acht bis zehn neue BeamtenstellEn Aus dem Boden 
gestampft.»

Grosser Handlungsbedarf besteht nach wie vor im Abbau von bürokratischem Aufwand der KMU-Betriebe.Hier gibt es für mich klar zwei Massnahmen: In den letzten vier Jahren wurden über 26 000 neue Stellen in der öffentlichen Verwaltung geschaffen, oder anders gesagt, jeden Tag werden acht bis zehn neue Beamtenstellen aus dem Boden gestampft. Hier muss die bürgerliche Mehrheit über das Personalbudget stoppen oder noch besser auf den Stand von 2014 zurückgehen. Aus meiner Erfahrung wird die Hauptsache der ­Bürokratie durch die Verordnungen produziert, deshalb müssen die Verordnungen drastisch reduziert werden. Ein in der letzten Legislatur knapp gescheiterter Vorstoss, der eine Reduktion um ein Drittel verlangte, muss wieder aufgenommen werden. Hier wird sich dann zeigen, ob die bürgerlichen Allianzen spielen. Zu guter Letzt wird es eine grosse Herausforderung sein, den bilateralen Weg, der auch für unsere KMU-Betriebe existenziell ist, zu sichern. Die dafür im Moment sehr schädlichen Unsicherheiten müssen beseitigt werden.Hans Grunder,

Nationalrat (BDP/BE)

Wettbewerbsfähige Preise
 in der Energieversorgung

Als aktive KMU-Unternehmerin sind mir wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen und ein Abbau der fiskalischen und bürokratischen Belastung der Unternehmen das wichtigste Anliegen. Dies nicht als Selbstzweck, sondern im Interesse des Wirtschaftsstandortes und Werkplatzes Schweiz: Es muss alles unternommen werden, um möglichst viele Arbeitsplätze in unserem Land zu erhalten und neue zu schaffen. Der Staat darf die Unternehmen weder behindern noch konkurrenzieren.

«Die Ertragsverluste im Export sind kaum mehr zu verkraften.»

Die Ertragsverluste im Export sind kaum mehr zu verkraften. Verschiedene Branchen, insbesondere auch die Holzbranche, kämpfen mit der Importkonkurrenz aus dem Euroraum: Denn gegen die Bauprodukte, die im Vergleich zu 2009 bis zu 40 Prozent billiger geworden sind, haben Schweizer Anbieter, deren Kosten allesamt in harten Schweizer Franken anfallen, kaum mehr eine faire Chance. Um zu überleben, brauchen die Unternehmen Aufträge – besonders auch von der öffentlichen Hand, die sich ihrer Vorbildfunktion bewusst sein muss. Was uns seitens der Unternehmen seit Jahrzehnten beschäftigt, sind die überbordenden Reglementierungen und die endlose Bürokratie. Ein kleiner Hoffnungsschimmer scheint sich hier endlich abzuzeichnen, einerseits durch den unermüdlichen Einsatz des Schweizerischen Gewerbeverbandes sgv, der seit Jahrzehnten dagegen ankämpft, und andererseits durch das jetzt doch bürgerlichere und wirtschaftlichere Denken des neu zusammengesetzten Parlamentes.

«Wir müssen im internationalen Steuerwettbewerb 
mithalten.»

Noch ein Wort zur Unternehmenssteuerreform III. Diese Vorlage wird intensiv beobachtet und diskutiert. Wir mĂĽssen im internationalen Steuerwettbewerb mithalten, deshalb braucht es diese Reform unbedingt.

Es liegt jedoch wieder an uns bürgerlichen Politikern, dafür zu sorgen, dass wir als Schweizer Standort attraktiv bleiben. Und vor allem, dass wir die Interessen der Schweiz und die Interessen unserer vielen KMU und des Gewerbes – als das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft – nicht benachteiligen. Denn eine Schwächung vertragen wir ganz klar nicht und werden wir auch nicht akzeptieren. Es ist ganz zentral, dass die Schweiz auch in Zukunft möglichst sicher, autonom und zu wettbewerbsfähigen Preisen mit Energie versorgt werden kann. Bei der Umsetzung der Energiestrategie 2050 sollte vermehrt auf marktwirtschaftliche Anreize statt auf Gebote, Verbote und Preisvorgaben gesetzt ­werden. Massnahmen zu einer verbesserten Energieeffizienz sind grundsätzlich zu begrüssen, einen überhasteten Atomausstieg lehne ich hingegen ab.

Sylvia Flückiger-Bäni

Nationalrätin (SVP/AG)

Rechtssicherheit und eine 
verständliche Gesetzgebung

Das Gewerbe hat in der Schweiz eine wichtige Stellung. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv und damit seine Mitglieder stehen vor der Herausforderung, alles zu unternehmen, dass diese Stellung gehalten und ausgebaut werden kann. Den Betrieben erwächst zunehmend Gefahr durch eine Gesetzgebung mit der Tendenz, grosse und kleinere Unternehmungen zu sehr und zu undifferenziert über einen Leisten zu schlagen. Einzelne Verfahren werden bis in Details vorgeschrieben. Es werden Aufzeichnungen und Kontrollen in einem ­Ausmass verlangt, das in grossen Unternehmungen allenfalls sinnvoll ist, in gewerblichen Verhältnissen aber unverhältnismässig wirkt. Die zunehmende Formalisierung und Verbürokratisierung des Wirtschaftslebens veranlasst manchen kleinen Betrieb zur Aufgabe. Der Gesetzgeber steht vor der Aufgabe hier den richtigen Weg zu finden.

«ein stabiles und verlässliches Verhältnis zuR EU ist wichtig.»

Treu und Glauben, Rechtssicherheit und eine verständliche Gesetzgebung sind Standortvorteile. Als Folge der Annahme der Masseneinwanderungs-Initiative steht die Schweiz vor der ­anspruchsvollen und dringlichen Aufgabe, wieder ein stabiles und verlässliches Verhältnis zu unserem grössten Handelspartner, der EU, zu finden. Hier ist in erster Linie die Exekutive bzw. eine geschickte, zähe und kluge Diplomatie gefragt. Das Parlament steht vor der Aufgabe, die Unternehmenssteuerreform III so zu verabschieden, dass der Referendumskampf gewonnen werden kann. Das Aktienrecht, die Botschaft zur Standortförderung, zur neuen Finanzordnung, das Raumplanungsgesetz 2. Etappe sind sodann nur einige Beispiele, welche auch das Gewerbe betreffen. Die Altersvorsorge, ein gesunder Haushalt und – heute wieder mehr – die Sicherheit einschliesslich der Armee zählen ebenfalls für den Standort Schweiz.

«Eine geschickte, zähe und kluge Diplomatie ist gefragt.»

Die Wahlen im letzten Oktober haben eher Kräfte gestärkt, welche gewerblichen und unternehmerischen Anliegen Verständnis entgegenbringen. Das darf nicht zu Übermut und Arroganz verleiten. Letztlich müssen Vorlagen vor Volk und Ständen und beim Referendum vor dem Volk bestehen können. Das verlangt Sinn für das richtige Mass. Wer das aus dem Auge verliert, wird nichts erreichen. Es ist zu hoffen, dass solche Fehler in den kommenden Jahren vermieden werden. Wenn das gelingt, ­stehen die Voraussetzungen für berechtigte gewerbliche und unternehmerische Anliegen und damit für die Stärkung des Standortes Schweiz nicht allzu schlecht.

Thomas Hefti,

Ständerat (FDP/GL)

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