Publiziert am: 03.03.2023

Sattes Plus mit Bremsspur

Bilanz – Arbeitskräftemangel, Omikron, Lieferengpässe und Inflation – die Jahreszahlen der Personaldienstleister erzählen die Achterbahnfahrt des Jahres 2022. Vor allem die Lage im Gesundheitswesen ist symptomatisch für die Entwicklung des Personalverleihs.

Mit einem Plus von 7,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr schliessen die Personaldienstleister das Jahr 2022 im Temporärgeschäft ab. Die Zahl der Feststellenvermittlungen schoss gar um 9,3 Prozent nach oben. Gemäss Swiss Staffingindex waren die Schwankungen der Wachstumsraten über das Jahr enorm.

Diese waren geprägt durch die grossen Themen des Jahres 2022: Arbeitskräftemangel, Omikron, Lieferengpässe und Inflation. Boomte aufgrund von Omikron das Temporärgeschäft im ersten Quartal mit 17,6 Prozent, dampfte der zunehmende Mangel an Fachkräften und Arbeitnehmenden die Geschäftsentwicklung auf ein Plus von 3,4 Prozent im vierten Quartal zusammen. Umso überraschender war das starke Wachstumsplus im Monat Dezember.

Personal fehlt

«Die Wachstumsextreme der Personaldienstleister spiegeln sich 2022 symptomatisch in der Lage des Gesundheitswesens wider», erklärt Marius Osterfeld, Ökonom bei swissstaffing. Impfzentren, Personalmangel in Spitälern und Arbeitsausfälle aufgrund von Corona-Erkrankungen riefen zu Jahresbeginn die Personaldienstleister auf den Plan. Sie stellten der Wirtschaft kurzfristig die benötigten Arbeitskräfte zur Verfügung und halfen den Wirtschaftsmotor Schweiz im Schwung zu behalten. Das satte Plus im Temporärgeschäft war das Resultat.

Zum Jahresabschluss verdeutlicht das Gesundheitswesen erneut die grösste Herausforderung von Wirtschaft und Personaldienstleistern. Zur Aufrechterhaltung des Betriebs bräuchten Spitäler Pflegekräfte. Doch es fehlt das Personal. Der Beitrag der Personaldienstleister: Mit flexiblen Arbeitsmodellen helfen sie, das Fachkräftepotenzial voll auszuschöpfen und Pflegekräfte im Beruf zu halten. Doch der Arbeitskräftemangel setzt auch dem Wachstum der Personaldienstleister Grenzen und sorgt für eine klare Bremsspur.

Starker Jahresabschluss

Der Trend bei den Festanstellungen ist gerade umgekehrt zur Entwicklung im Temporärgeschäft. Auf ein starkes Wachstum im ersten und zweiten Quartal von rund 9 Prozent folgte aufgrund der Energiepreisexplosion und zunehmenden Unsicherheiten ein schwaches drittes Quartal. Der bleibende Fach- und Arbeitskräftemangel führte im vierten Quartal zu einem wahren Boom. Um 21,8 Prozent nahm das Geschäft gegenüber Vorjahr zu.

Aus Angst, keine Kandidaten zu finden, griffen Unternehmen auch bei kleiner Auswahl zu, wenn Kandidaten auf das Profil passten. Auch im Temporärgeschäft kam es im Dezember mit 10 Prozent mehr Einsatzstunden zu einem erfreulichen Jahresende. Das warme Wetter hielt den Bau am Laufen und ohne Corona-Angst boomten Einzelhandel wie Gastronomie.

Ausblick auf das Jahr 2023

Trotz der zahlreichen Herausforderungen blicken die Personaldienstleister verhalten optimistisch in das Jahr 2023. Gut 50 Prozent der Mitglieder von swissstaffing rechnen in den nächsten sechs Monaten mit einem Geschäftsanstieg, im dritten Quartal waren noch knapp 60 Prozent optimistisch. Eine sich abkühlende Wirtschaft bei gleichzeitigem Arbeitskräftemangel dürfte auch im kommenden Jahr die Herausforderung für die Personaldienstleister bleiben.

«Gut 50 Prozent der Mitglieder von swissstaffing rechnen in den nächsten sechs Monaten mit einem Geschäftsanstieg.»

Der Grund für diese paradoxe Entwicklung: Aufgrund des demografischen Wandels verliert der Schweizer Arbeitsmarkt Jahr für Jahr Arbeitskräfte und sorgt für einen Umbau der Wirtschaft. Allein im Gesundheits- und Sozialwesen entstanden beispielsweise in den letzten 20 Jahren über 150 000 neue Stellen. Dieser Trend wird sich 2023 fortsetzen.pd

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