Publiziert am: 24.03.2023

«Windmühlen»

STAATSSTELLEN – Der Aargauer SVP-Nationalrat Thomas Burgherr will mehr Austausch zwischen Stellen beim Staat und solchen in der Privatwirtschaft.

Schweizerische Gewerbezeitung: Mit einer Parlamentarischen Initiative (22.465) wollen Sie die Anstellungsbedingungen beim Bundespersonal ändern. Wie erleben Sie als Holzbau-Unternehmer die Konkurrenz durch den Bund?

Thomas Burgherr: Die Kantone, der Bund und staatsnahe Betriebe treten vielfältig als Mitbewerber zu den KMU auf. Auch im Baubereich, wo ich tätig bin. In der Frühlingssession beobachtete ich, wie neun Gärtner der Stadtgärtnerei Bern beim Park der «kleinen Schanze» Blumen pflanzten. Sie führten ihre Arbeit motiviert und sehr gut aus. Mich stört aber, dass diese Arbeit nicht an eine Gartenbaufirma vergeben wird.

Es gibt viele weitere Beispiele. Die Post konkurrenziert den Detailhandel jährlich mit rund 500 Millionen Franken, die Bauämter pflügen im Winter zum Teil den Schnee von Strassen oder sie betreiben ihren eigenen Strassenunterhalt. Ich finde es auch problematisch, dass die SBB, neben ihrem definierten Auftrag, stark im Bereich Immobilienhandel und Bewirtschaftung tätig ist. Im Weiteren sind sie in der Bekleidungsindustrie resp. im Vertrieb tätig. Die SBB produziert im Fernen Osten ihre Berufsuniformen, sie verkaufen diese sogar an die Privatbahnen weiter.

Diese Tätigkeiten möchte ich rigoros einschränken. Der Staat soll sich auf seine hoheitlichen Aufgaben konzentrieren und nicht als Konkurrent zu den Betrieben in unserem Land auftreten. Mit meinem Vorstoss geht es nun auch um die Konkurrenz um Arbeitskräfte und Talente.

Zwischen Bund und Privatwirtschaft soll es nach Ihren Vorstellungen einen Personalaustausch geben; der Bund soll mehr Praktiker einstellen. Eine zusätzliche Konkurrenz zu den KMU also?

Mit meinem Vorstoss verfolge ich einen Paket-Ansatz, der verschiedene Teilprobleme anspricht. Wenn generell das Bundespersonal nicht weiter so rasant ansteigt und die Löhne nicht über der Konkurrenz stehen, finde ich es eine wichtige Ergänzung, dass mehr Personalaustausch stattfindet zwischen Staat und Privatwirtschaft – in beide Richtungen. Ich möchte einfach, dass beim Bund nicht nur Akademiker, sondern auch Praktiker angestellt sind. Ansonsten müssen wir uns nicht über weltfremde Regulierungen wundern. Heute wird im Elfenbeinturm entschieden. Privatwirtschaftlicher Wind in den Amtsstuben kann nicht schaden.

Zudem soll der Bund eine «Personalbremse» installieren. Könnte eine solche tatsächlich dem Fachkräftemangel in den KMU entgegenwirken – gerade wenn der Bund so viele Akademiker einstellt?

Es geht dabei nicht nur um Akademiker, sondern auch um IT, Administration generell. Umgekehrt gibt es viele KMU, die auch akademisch ausgebildetes Personal brauchen. Oder mir wäre es lieber, wenn junge Studienabgänger eigene Unternehmen gründen, anstatt mal einfach beim Staat eine Stelle anzutreten und dort kaum mehr wegzukommen. Die Problematik ist also vielseitig. Den Hauptanreiz Lohn will ich nun angehen.

Bei den Löhnen soll sich der Bund an der Privatwirtschaft orientieren und sie nach unten anpassen: Ist dies eine realistische Erwartung?

Ich bin Unternehmer. Wenn ich es nicht probiere, werden wir es nicht erfahren. Es ist jedoch ein Kampf gegen Windmühlen, das gebe ich zu. Aber über das Gesetz gehen und die Vorgaben an den Bundesrat ändern, könnte ein vielversprechender Ansatz sein, weil wir dann nicht über Einzelthemen sprechen, sondern über Grundsatzfragen, die schon mehrheitsfähig sind.

Interview: Gerhard Enggist

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