Publiziert am: 14.04.2023

Demokratie unter der Lupe

175 JaHRE BUNDESVERFASSUNG – Seit 1848 üben die Vertreter des Volkes die oberste Gewalt im Bund aus. Die Schweiz gilt als Vorzeigedemokratie mit weitgehendem Mitspracherecht. Das Nidwaldner Museum thematisiert im Jubiläumsjahr mit seiner aktuellen Ausstellung «Ja, Nein, Weiss nicht. Musterdemokratie Schweiz?» die Möglichkeiten und Grenzen unserer (fast) perfekten Demokratie.

Nicht alle verstehen unter Demokratie dasselbe; Streit, Unzufriedenheit und Krisen gehören dazu. Die Ausstellungsbesucherinnen und -besucher sind aufgefordert, ihr eigenes Stimm- und Wahlverhalten zu analysieren, darüber zu diskutieren und sich einzubringen. Seit dem späten Mittelalter gab es in Nidwalden die Landsgemeinde. Zwar wurde sie 1996 vom Stimmvolk abgeschafft. Der Kanton ist aber immer noch geprägt von dieser Frühform der Demokratie. Die Ausstellung beginnt mit einem Blick auf die Nidwaldner Landsgemeinde: Objekte, Dokumente, Filme und ausgewählte Tondokumente von Landsgemeinderednerinnen und -rednern werden präsentiert. Auf dem nachgebauten Härdplättli kann erahnt werden, wie es war, vor Tausenden von Menschen sein Anliegen in einer kurzen, prägnanten Rede vorzubringen. Der Nidwaldner Fotograf Emanuel Wallimann hat den Blick über die Kantonsgrenzen hinaus gerichtet und die heute bekannten Landsgemeindeplätze in anderen Kantonen fotografiert. Seine Aufnahmen hat er mit historischen Bildern der Plätze kombiniert, und so spannt er einen visuellen Bogen zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart.

Demokratieverständnis: Filmische Umfrage

Die Ausstellung beleuchtet verschiedene Aspekte der politischen Mitsprache. Nach dem Blick in die Vergangenheit analysiert die Ausstellung im ersten Obergeschoss des Salzmagazins unsere heutige Demokratie. Es werden verschiedene Gefässe der Demokratie präsentiert. Die Demokratieform der Schweiz ist weltweit mustergültig, die Schweiz führt die Liste der teilnahmefreundlichsten Staaten an. Trotzdem interessiert sich ein grosser Teil der Schweizer Bevölkerung nicht für Abstimmungen und Wahlen. Warum ist das so? Der aus dem Schweizer Fernsehen bekannte Nidwaldner Comedian Robin Pickis und der Obwaldner Filmemacher Maximilian Lederer haben den Nidwaldnerinnen und Nidwaldnern auf den Zahn gefühlt. Welche Themen interessieren sie, welche politische Initiative würden sie lancieren? Im Einkaufszentrum Länderpark in Stans haben sie die Initiativvorschläge den Einkaufenden präsentiert und zur Abstimmung vorgelegt. Welche Themen kommen in die Endauswahl? Die Ausstellungsbesucherinnen und -besucher haben dabei die Gelegenheit, ihre eigenen Themen zu notieren oder sogar selbst ein Ausstellungsplakat zu gestalten. Gesetz oder (unnützes) Geschwätz?

Nicht nur die formellen Elemente der Politik, wie z.B. Abstimmungen, Wahlen oder Demonstrationen prägen unsere Demokratie. Die politische Teilhabe geht über das Ausfüllen des Stimmzettels hinaus. Wer am Familientisch oder im Klassenrat diskutiert, wer Leserbriefe schreibt oder soziale Medien konsultiert, redet mit. Die Ausstellung lädt ein, sich an den grossen Stammtisch zu setzen und mit anderen Ausstellungsbesuchenden zu diskutieren, wann, wie und wo sie mitreden. Das extra für die Ausstellung kreierte Kartenspiel «Gesetz oder (unnützes) Geschwätz» präsentiert auf amüsante Weise, was es auch bedeuten kann, wenn alle mitreden dürfen.

Neue Formen der Mitsprache

Digitale Formate erleichtern vielen den Zugang zum öffentlichen Geschehen. Gleichzeitig setzen sie eine hohe Kompetenz voraus, die Informationen zu beurteilen. Fehl- und Falschinformationen verbreiten sich unkontrolliert. Urs Bieri, Co-Leiter gfs.bern, Markt und Meinungsforschung, und Christian Isler, Co-Geschäftsführer Dachverband Schweizer Jugendparlamente kommen in je einem Filminterview zu Wort und thematisieren das Potenzial, aber auch die Schwächen der digitalen Formate. Nicht alle Menschen, die in der Schweiz leben, haben ein Stimmrecht. Und nicht alle Menschen, die ein Stimmrecht haben, machen davon Gebrauch. Abstimmungsthemen sind oft komplex und es ist nicht einfach, sich für JA oder NEIN zu entscheiden. Die Ausstellung bietet Gelegenheit, bei vier Themen direkt abzustimmen. Gibt es im Verlauf der Ausstellung ein klares Abstimmungsresultat oder entscheiden sich viele Besuchende für die Möglichkeit WEISS NICHT?

Landammänner und Föderalismus

Im Dachgeschoss des Salzmagazins widmet sich die Ausstellung der Bundesverfassung von 1848. Anhand von vier verschiedenen Politikern, darunter der bekannte Louis Wyrsch, wird die Rolle Nidwaldens bei der Ausarbeitung der Bundesverfassung aufgezeigt. Nidwalden und auch andere konservative Kantone haben den Inhalt der Bundesverfassung stark beeinflusst. Das föderalistische System und das Zweikammersystem mit Ständerat und Nationalrat sind auf die Voten der konservativen Tagsatzungsgesandten bei der Ausarbeitung der Verfassung zurückzuführen. In der Landammännergalerie werden Nidwaldner Staatsmänner aus verschiedenen Jahrhunderten präsentiert. Es zeigt sich, dass die Themen und die Entwicklung einer Gesellschaft immer auch von den Interessen einzelner Personen abhängen. Wer gute Argumente hat und viele Menschen von seiner Idee zu überzeugen weiss, der kann vieles verändern.

pd/CR

WAS, WANN, WO

Öffnungszeiten

1. April bis 29. Oktober 2023

Mi 14 bis 20 Uhr

Do/Fr/Sa 14 bis 17 Uhr

So 11 bis 17 Uhr

Ort:

Nidwaldner Museum Salzmagazin

Stansstaderstrasse 23, Stans

Tel. 041 618 73 60

www.nidwaldner-museum.ch

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