Publiziert am: 08.11.2024

Wie Nachhaltigkeit nicht funktioniert

UMWELTVERANTWORTUNGSINITIATIVE – Geht es nach den Initianten – Parteien und NGOs aus der links-grünen Ecke –, soll der Umweltschutz künftig alle Politikbereiche in der Schweiz dominieren. Innerhalb von gerade einmal zehn Jahren soll die Schweizer Wirtschaft völlig umge­krempelt werden – und sich danach auch noch um den Schaden kümmern, der dadurch angerichtet würde.

Hier wird nicht mit dem chirurgischen Besteck, sondern mit dem Brecheisen hantiert: Die sogenannte Umweltverantwortungsinitiative, über die am 9. Februar 2025 abgestimmt wird, will die Schweiz umkrempeln: Es gilt das Primat des Umweltschutzes, er soll alle Politikbereiche dominieren. Dahinter stehen Parteien und NGOs aus der links-grünen Ecke, sekundiert von mehreren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Die wenigsten Unterstützer können auf praktische Erfahrungen in der Wirtschaft zurückgreifen, entsprechend realitätsfern ist die Volksinitiative.

Die Natur steht über allem

Sie sieht die Einführung eines neuen Artikels in der Bundesverfassung vor. Dieser verlangt, dass sich die schweizerische Gesamtwirtschaft im Rahmen bewegt, der durch die Natur und ihre Erneuerungsfähigkeit vorgegeben ist. Wirtschaftliche Tätigkeiten dürften demnach nur so viele Ressourcen verbrauchen und Schadstoffe freisetzen, dass die natürlichen Lebensgrundlagen erhalten bleiben. Der Verfassungsartikel verpflichtet Bund und Kantone dazu, gemeinsam die Einhaltung dieses Grundsatzes sicherzustellen und dabei insbesondere die Sozialverträglichkeit der getroffenen Massnahmen im In- und Ausland zu gewährleisten.

Gemäss der Übergangsbestimmung müssten Bund und Kantone dafür sorgen, dass die durch den Konsum in der Schweiz verursachte Umweltbelastung spätestens zehn Jahre nach Annahme der Initiative die planetaren Grenzen, gemessen am Bevölkerungsanteil der Schweiz, nicht mehr überschreitet. Sie erfasst die durch den Inlandkonsum verursachte Umweltbelastung, d. h. auch die im Ausland anfallende Umweltbelastung von in der Schweiz genutzten Gütern. Weiter enthält die Bestimmung eine nicht abschliessende Aufzählung der massgeblichen Schutzbereiche, beispielsweise Klima oder Biodiversität.

Gleich mehrere Schwachstellen

Das Volksbegehren hat mehrere Schwachstellen: Erstens wären die volkswirtschaftlichen Kosten einer Umsetzung immens, müssten doch viele Investitionen innert der zehn Jahre vorzeitig abgeschrieben und im Sinne der Initiative umweltverträglicher Ersatz beschafft werden. Das Kostenniveau würde steigen, was massive soziale Folgen hätte.

Zweitens hat Nachhaltigkeit drei Dimensionen: Umwelt, Soziales und Wirtschaft. Den einseitigen Fokus auf die Umwelt wollen die Initianten mindern, indem die zu treffenden Massnahmen sozialverträglich sein sollen. Damit ist das Angriffsziel klar: Es ist die Wirtschaft, die geschwächt werden soll. In einer links-grünen Optik kann Sozialverträglichkeit nur eines heissen: finanzielle Unterstützung betroffener Arbeitnehmenden oder Bevölkerungsgruppen. Über die Finanzierung dieses Umbaus von Gesellschaft und Wirtschaft schweigen sich die Initianten aus. Nachfolgenden Generationen ein wirtschaftlich darniederliegendes Land mit einem noch höheren Schuldenberg zu hinterlassen, ist alles andere als nachhaltig.

Drittens eröffnet die genannte nicht abschliessende Aufzählung der massgeblichen Schutzbereiche Tür und Tor für links-grüne Wünsche. Alles Mögliche könnte in den Verfassungsartikel hineininterpretiert werden. Dies schafft Rechtsunsicherheit und schwächt den Wirtschaftsstandort Schweiz zusätzlich.

Gewerbekammer sagt Nein

Der Bundesrat setzt auf die verschiedenen heute schon bestehenden Bestimmungen in der Bundesverfassung, die eine nachhaltige Entwicklung verlangen. Zudem hat sich die Schweiz verschiedene Ziele gesetzt und Massnahmen getroffen, um die natürlichen Ressourcen zu erhalten. Die bereits eingeleiteten Bemühungen um eine umsichtige Erarbeitung von Lösungen würden durch die Initiative unterlaufen, denn tragfähige und sozialverträgliche Lösungen brauchen Zeit und den Einbezug der betroffenen Akteure. Die zehnjährige Übergangsfrist der Initiative will eine Umsetzung mit der Brechstange. Die Gewerbekammer des sgv hat deshalb – in Übereinstimmung mit Bundesrat und Parlament – einstimmig die Nein-Parole beschlossen.

Patrick Dümmler, Ressortleiter sgv

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