Publiziert am: 08.05.2015

Abschottung oder Imperialismus?

GRÜNE WIRTSCHAFT – Die Volksinitiative möchte die Schweiz ins Steinzeitalter zurückkatapultieren. Der indirekte Gegenvorschlag des Bundesrates ist eine Revision des Umweltschutzgesetzes (USG) – auch das verheisst nichts Gutes. Besonders nicht für KMU.

Die Revision des Umweltschutzgesetzes wurde bereits im Ständerat beraten. Die Umweltkommission der kleinen Kammer wollte eigentlich nicht darauf eintreten, doch das Plenum beschloss: Eintreten und Redimensionieren der Vorlage. Das «Stöckli» wollte die Revision bescheidener machen, was auch geschah. Jetzt sind die Gesetzesänderungen im Nationalrat angelangt. Und dessen Umweltkommission hat nun beschlossen, die ursprüngliche, vom Ständerat abgelehnte Vorlage wieder zu beleben.

Zwischen Traum und Wirklichkeit

Gemäss der nationalrätlichen Kommission reicht es nicht aus, die Ressourceneffizienz in der Schweiz zu verbessern. Schweizer Firmen müssten sich in ihrer gesamten Wertschöpfungskette engagieren; also auch im Ausland. So weit, so gut – doch die damit verbundenen Probleme sind enorm.

«BEIM sturen DURCHBOXEN VON STANDARDS GEHEN DIE KMU ALS ERSTE UNTER.»

Die meisten Unternehmen sind in einer mehrstufigen Wertschöpfungskette eingebunden. Sie arbeiten mit einem Lieferanten zusammen. Dieser hat wiederum Zulieferer und diese haben weitere Zulieferer etc. Eine lückenlose Kontrolle über sämtliche Ressourcenflüsse ist dabei entweder unmöglich oder zumindest äusserst teuer. Noch komplizierter wird es, wenn ein Unternehmen mehrere Lieferanten hat. Das ist aber der Normallfall. Und diesen blendet aus, wer von Unternehmen verlangt, dass sie die gesamte Wertschöpfungskette lückenlos überwachen sollen.

Es lohnt sich, den Geist der angestrebten Revision genauer unter die Lupe zu nehmen. Denn die Konsequenzen gehen noch weiter.

Die Geister, die man rief

Was passiert, wenn eine Schweizer Firma, die in einer solchen Wertschöpfungskette eingebunden ist, nicht die Schweizer Standards in Sachen Ressourceneffizienz garantieren kann?

n Erste Antwort: Sie muss eben nur solche Lieferanten zulassen, die sich ihrer Kontrolle unterwerfen. Doch die Schweiz hat heute schon – auch ohne USG-Revision – die höchsten Umweltstandards. Das heisst, die Firma dürfte ausschliesslich mit Schweizer Lieferanten zusammenarbeiten. Das USG verordnet hier also Marktabschottung.

n Zweite Antwort: Die Firma muss bei allen Lieferanten die Schweizer Umweltstandards durchsetzen. Was aber, wenn Lieferanten im Ausland anderen gesetzlichen Regelungen unterliegen? Dann müssen sie sich trotzdem an Schweizer Normen halten oder die entsprechende Rechtsordnung muss sich der Schweizerischen anpassen. Das USG verordnet also Umwelt-Imperialismus.

Weder Marktabschottung noch Imperialismus sind gut für die Schweiz. Wenn sich also der Traum der nationalrätlichen Kommission nicht durch die Wirklichkeit korrigieren lässt, endet er in einem Albtraum für Unternehmen. Denn eines ist sicher: In diesem sturen Durchboxen von Standards werden die KMU als Erste untergehen.

Heute schon die Nummer eins

Dabei ist die gesamte Revision des Umweltschutzgesetzes unnötig. Die Schweiz ist heute bereits die grünste Wirtschaft auf der Welt. Ob die Weltbank, der Weltenergierat oder die UN-Entwicklungsagentur: Sie alle bescheinigen den führenden Platz der Schweiz in globalen Umwelt- und Nachhaltigkeitsrankings. Daraus folgt: Das Beste, was der Nationalrat mit der Revision des Umweltschutzgesetzes tun kann, ist gar nicht darauf einzutreten.

Henrique Schneider,

Ressortleiter sgv

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