Publiziert am: 22.10.2021

Arbeitsgesetz dem gelebten Alltag anpassen

HOMEOFFICE – Eine Motion des Nid­waldner FDP-Ständerats Hans Wicki fordert mehr Flexibilität bei der Arbeit im Homeoffice – mit Blick auf die breit geforderte Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein Anliegen, das breite Unterstützung erhalten müsste.

Stellen Sie sich vor, Sie sind Inhaberin oder Inhaber einer Treuhandfirma und beschäftigen einige Treuhänderinnen, Steuer- und Bücherexpertinnen und Buchhalter. Noch 2019 arbeitete nur knapp jeder Fünfte hauptsächlich im Homeoffice. Regelmässig Heimarbeit verrichtete sogar nur jeder Zwanzigste. Dann kam Corona und der Bundesrat verordnete zwischen Januar und Ende Mai 2021 eine Homeoffice-Pflicht.

Da ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Angestellte sind, sind Sie zwar weisungsberechtigt, aber auch dafĂĽr verantwortlich, dass das Arbeitsrecht eingehalten wird. Beginnt eine Mitarbeiterin den Tag um 6.30 Uhr im Homeoffice, kocht ĂĽber Mittag, betreut nachmittags die Kinder bei ihren Hausaufgaben, geht mit ihnen spielen und arbeitet nach dem Abendessen zwischen 19 und 22 Uhr fĂĽr Ihre Firma weiter, geht das bereits nicht, sollten Sie anderntags um 7.30 Uhr eine Videokonferenz mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angeordnet haben. Die Ruhezeit von 11 Stunden kann nicht eingehalten werden.

Sollte eine andere Mitarbeiterin Ihrer Firma am Freitag infolge schönen Wetters frei machen und mit der Familie bis am Samstag Verwandte besuchen wollen, geht auch das nicht, wenn die Mitarbeiterin bis Montag eine Projektarbeit abliefern muss und diese sonntags, wenn schlechtes Wetter prognostiziert ist, erledigen möchte. Sonntags ist es grundsätzlich verboten, zu arbeiten.

Gelebte Zustände legalisieren

Die Corona-Krise und mit ihr verbunden die Homeoffice-Pflicht haben aufgezeigt, wo die Grenzen des über 50-jährigen Arbeitsrechts liegen, das immer noch einem längst vergangenen industriellen Zeitgeist anhängt. Mit Blick auf die Arbeitsmarktpolitik sollen durch Flexibilisierung der Arbeitszeit die Unternehmungen dringend benötigten Spielraum erhalten.

Der Nidwaldner FDP-Ständerat Hans Wicki liefert einen Ansatz dazu. In seiner Motion «Homeoffice – gelebte und akzeptierte Flexibilität legalisieren» (21.4188) fordert er vom Bundesrat einen Vorschlag zur Revision des Arbeitsrechts. «Die Gesetzgebung ist so zu gestalten», fordert Wicki, «dass die Arbeit im Homeoffice flexibel auf die Bedürfnisse der Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden abgestimmt werden kann.»

Wickis Forderungen orientieren sich an folgenden Eckwerten:

• Die Arbeitnehmenden sollen ihr Einverständnis geben und das Recht haben – unter Wahrung der betrieblichen Notwendigkeiten – Arbeitszeiten, Pausen und Ruhezeiten eigenständig festzulegen. Auch die Nachtruhe soll selber festgelegt werden können.

• Mit Zustimmung der Arbeitnehmenden können Beginn und Ende der Tages- und Abendarbeit anders definiert werden.

• Für Nacht- und Sonntagsarbeit im Homeoffice auf freiwilliger Basis ist keine Bewilligung erforderlich, ein Lohnzuschlag ist nicht geschuldet.

• Ein Jahresarbeitszeitmodell soll möglich sein.

Die eingangs beschriebenen Beispiele sind längst gelebter Alltag. Um sie legalisieren zu können, braucht es eine Anpassung des Arbeitsrechts. «Die Corona-Krise und die Homoffice-Pflicht haben gezeigt, wo die Grenzen des über 50-jährigen Arbeitsrechts liegen», begründet Wicki seinen Vorstoss. «Eine Flexibilisierung der Arbeitszeit ist nicht nur nötig, sondern mit Blick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewünscht.»Kl/En

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