Publiziert am: 24.03.2017

Ausbau der Berufsmaturität

SILVIA STEINER – Die Präsidentin der Erziehungsdirektorenkonferenz EDK begrüsst die bewährte Verbundpartnerschaft zwischen Bund, Kantonen und den OdA und setzt sich für den LP 21 ein.

Schweizerische Gewerbezeitung: Sie sind seit 1. Januar 2017 Präsidentin der Schweiz. Konferenz der kant. Erziehungsdirektoren. Was bedeutet Ihnen dieses Amt?

n Silvia Steiner: Ich habe mich sehr gefreut, dass meine Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Kantonen mir das Vertrauen geschenkt haben und mich zu ihrer Präsidentin gewählt haben. Für mich ist eine gute Zusammenarbeit der Kantone in Bildungsfragen Voraussetzung für einen starken Bildungsföderalismus. In der EDK leisten die Kantone diese Zusammenarbeit. Hier finden sie gemeinsame Lösungen für wichtige Fragen. Als Präsidentin habe ich diese Arbeit in erster Linie zu moderieren, im Interessengefüge der Kantone zu vermitteln und die gemeinsam erarbeiteten Positionen nach aussen – ­etwa gegenüber dem Bund – zu vertreten.

Können Sie bereits eine erste Bilanz ziehen?

n Ich bin erst seit Mitte Januar im neuen Amt. Ich bin gut gestartet und ich habe Freude an dieser Aufgabe.

«Für mich ist eine gute Zusammenarbeit der Kantone in Bildungsfragen Voraussetzung für einen starken Bildungs­föderalismus.»

Der Lehrplan 21 ist ein Projekt, das auch der Schweizerische Gewerbeverband sgv befürwortet. Kann die Harmonisierung wirklich umgesetzt werden?

n Die Harmonisierung wichtiger Strukturen und Ziele der obligatorischen Schule ist in der Schweiz schon weit fortgeschritten. Das hat eine Bilanz gezeigt, die wir 2015 gezogen haben und 2019 wiederholen werden. Die von den Sprachregionen erarbeiteten Lehrpläne tragen wesentlich zur Zielharmonisierung bei. Der «Plan d’études romand» ist in der Westschweiz seit 2014 eingeführt. Der Kanton Tessin führt aktuell den «Piano di studio» ein. Mit dem Lehrplan 21 leisten die Deutschschweizer Kantone ihrerseits einen wichtigen Beitrag zur Harmonisierung der Bildungsziele und ich freue mich über die Unterstützung des Gewerbeverbandes sgv für diesen Lehrplan. Alle sprachregionalen Lehrpläne basieren auf den nationalen Bildungszielen, die 2011 von der EDK erlassen worden sind. Diese beinhalten die Schulsprache, eine zweite Landessprache, aber auch Englisch, Mathematik und Naturwissenschaften.

Wie gehen Sie mit dem anhaltenden Widerstand gegen den Lehrplan 21 um?

n Ich stehe voll hinter dem Lehrplan 21 und ich bin überzeugt, dass die Zustimmung zum Lehrplan in nächster Zeit weiter zunehmen wird. Aktuell wird die Lehrplan-Diskussion ja vor allem auf kantonaler Ebene geführt, denn die Kantone entscheiden über die Einführung des Lehrplans 21. Bislang wurden in fünf Kantonen (AG, AI, BL, SH und TG) Initiativen klar abgelehnt, mit denen der Lehrplan 21 verhindert werden sollte.

«Ich bin überzeugt, dass die Zustimmung zum Lehrplan 21 in nächster Zeit weiter zunehmen wird.»

Die Berufsverbände bemängeln, dass die finanzielle Unterstützung der überbetrieblichen Kurse (K2) je nach Kanton sehr unterschiedlich ist. Kann hier die EDK harmonisierend Einfluss nehmen?

n Die Organisationen der Arbeitswelt OdA sind die Träger der überbetrieblichen Kurse. Die Kantone beteiligen sich an der Finanzierung. Koordinierend wirken von der Schweizerischen Berufsbildungsämter-Konferenz (SBBK) erarbeitete Grundlagen. Die SBBK ist eine Fachkonferenz der EDK. Demnach beteiligen sich alle Kantone mit 20 Prozent an den Kosten der überbetrieblichen Kurse. Darüber hinaus ist es den Kantonen überlassen, die Träger zusätzlich zu unterstützen. Das macht zum Beispiel der Kanton Zürich, der zu diesem Zweck einen kantonalen Berufsbildungsfonds geschaffen hat.

«Ich wünsche mir für meinen Kanton einen Ausbau bei der 
Berufsmaturität.»

Welches sind umgekehrt die Anliegen der EDK an die Berufsbildung?

n Ich finde, wir haben eine gut funktionierende und bewährte Verbundpartnerschaft zwischen Bund, Kantonen und den Organisationen der Arbeitswelt OdA. In diesem Verbund können wir Probleme angehen und finden gute Lösungen. Die Erwartung ist, dass sich alle Verbundpartner konstruktiv eingeben.

Sprachregionale Unterschiede sind in der Berufsbildung oft schwierig zu meistern. Wie gehen Sie damit in der EDK um?

n Dazu muss man sagen, dass die Berufsbildung ein vom Bund in hohem Masse reglementierter Bereich ist. Dennoch darf und muss in unserem mehrsprachigen und föderalistisch organisierten Land selbstverständlich auch Raum bleiben, um kantonalen und sprachregionalen Unterschieden Rechnung tragen zu können. Die Berufsbildung ist in der Deutschschweiz traditionsgemäss stärker verankert als in der Westschweiz. Und: In der Westschweiz gibt es mehr schulisch organisierte berufliche Grundbildungen als in der Deutschschweiz. Dennoch klappt die Umsetzung gut und solange das Resultat stimmt, ist das in Ordnung.

Der Trend, dass Jugendliche und vor allem ihre Eltern den gymnasialen Weg wählen, bereitet den KMU Sorge. Sehen Sie hier Handlungsbedarf?

n Die gymnasiale Maturitätsquote liegt in der Schweiz seit mehr als zehn Jahren unverändert bei etwa 20 Prozent. Ich würde da also nicht von einem Trend Richtung Gymnasium sprechen. Die Berufsmaturität ist seit ihrer Einführung in den 1990er-Jahren kontinuierlich auf 15 Prozent gestiegen. Bei den Quoten zeigen sich aber auch die oben erwähnten Unterschiede zwischen der Deutschschweiz und der Westschweiz. In der Westschweiz ist die gymnasiale Maturitätsquote tendenziell höher als in der Deutschschweiz. Ich wünsche mir für meinen Kanton in erster Linie einen Ausbau bei der Berufsmaturität. Interview: Corinne Remund

ZUR PERSON

Seit zwei Jahren 
Bildungsdirektorin

Silvia Steiner ist Juristin und hatte zwischen 1995 und 2003 leitende Positionen in der Polizei, unter anderem als Chefin der Kriminalpolizeien von Zürich und Zug. Die CVP-Politikerin startete ihre politische Karriere 1986 als Schulpflegerin und war zwischen 2007 und 2015 Mitglied des Kantonsrats. Sie wurde 2015 in den Regierungsrat gewählt, wo sie als Bildungsdirektorin tätig ist. ­Steiner ist Mutter von zwei Kindern und wohnt in Zürich. CR

EDK-GENERAL-
SEKRETÄrin

Hardmeier folgt
auf Ambühl

Die Nachfolgerin von EDK-Generalsekretär Hans Ambühl heisst Susanne Hardmeier. Die 44-jährige Juristin ist seit 2011 stellvertretende Generalsekretärin der EDK und leitet die Abteilung Planung und Prozesse im Generalsekretariat. Sie übernimmt die neue Funktion am kommenden 1. April. CR

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