Publiziert am: 20.01.2017

Bankenregulierung: schon bald kontra­produktiv?

KMU & Finanzen

Seit der globalen systemischen Finanzkrise von 2008 haben sich die reglementarischen, regulatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für Banken stark verengt. Banken- und Börsenaufsicht, Zentralbanken, Regierungen, Wettbewerbskommissionen, Steuerbehörden, Preisüberwachungsstellen, Konsumentenschutzorganisationen und viele weitere Institutionen haben unkoordiniert gleichzeitig Regeln dekretiert und damit einen beispiellosen Paragrafen­dschungel geschaffen.

«Bankendiversität» muss erhalten bleiben

Alle sind sich einig: Die Regulierung (allgemeiner Aufsichts- und Rechtsrahmen des Finanzsystems) und Reglementierung (Aufsicht über die einzelnen Banken, ihr Management und ihre Beauftragten) muss sich ändern. Doch die Befürworter maximaler Schutzvorkehrungen und die liberaleren Vertreter eines lockeren Zügels trennt ein breiter Graben. Die subtile Vermittlung zwischen den beiden Polen ist Aufgabe der Politik und darf nicht den Verwaltungstechnokraten überlassen werden. Oft kann durchaus auf eine weitere Reglementierung verzichtet werden.

«Die Grenze ist erreicht, wenn eine Kleinbank nach der anderen verschwindet und die Branche sich im ­Eilzugstempo konsolidiert.»

Die kleinen und mittelgrossen Finanzinstitute ächzen unter der komplexen, rasant um sich greifenden und unverhältnismässigen Reglementierungslast. In der Praxis könnten vielleicht nur noch Big Players übrig bleiben, können diese mit ihrem Apparat doch die Regelflut bewältigen. Diese Top Predators zahlen auch ohne grosse Probleme gesalzene Bussgelder, worunter ihre Konkurrenzfähigkeit nicht zu leiden scheint. Die Aufsichtsbehörden müssen aber aus mindestens zwei Gründen von der Versuchung, die Grossbanken zu bevorzugen, Abstand nehmen: Auf die schöpferische und regenerative Kraft kleiner und mittlerer Institute kann nicht verzichtet werden, und die «Bankendiversität», die den Bankkunden (KMU- bzw. Wohneigentumsfinanzierung) die Auswahl unter vielen Anbietern ermöglicht, muss erhalten bleiben. Die Grenze ist erreicht, wenn eine Kleinbank nach der anderen verschwindet und die Branche sich im Eilzugstempo konsolidiert. Welche Indikatoren verlässlich davor warnen könnten, ist noch zu wenig erforscht.

Schicksal in die Hand nehmen

Will man den Bankensektor effektiv lenken, muss man ihm zuallererst möglichst viel Spielraum lassen. Die amtliche Reglementierung und Aufsicht hat sich dabei auf die Bekämpfung offensichtlicher Missbräuche und grosser Risiken zu beschränken. Wann die Grenze erreicht ist, müssen Regierungsorgane oder, besser noch, eine unabhängige Instanz zur Wirksamkeitskontrolle staatlicher Massnahmen definieren. Sie müssen diese Regulierungsobergrenze an dem Punkt festlegen, wo die Vorschriften eindeutig kontraproduktiv werden, und sicherstellen, dass sie nicht überschritten wird. Das Schicksal unseres Finanzplatzes liegt also grösstenteils ... in unserer Hand.

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