Publiziert am: 02.06.2017

Best Governance for
Corporate Governance?

Die Meinung

Wieder einmal haben Boni-Ausschüttungen in internationalen Grosskonzernen zu einer breiten öffentlichen Debatte geführt. Wieder einmal wurde insbesondere die Höhe der Bonusentschädigungen in Frage gestellt. Und wieder einmal zeigte sich das Management wenig realitätsnah. Will heissen: Für die Diskussion im Volk ist in manchen Chefetagen kaum Verständnis auszumachen. Dort will man das Problem mit Erklärungen zu «Corporate Governance» in den Griff kriegen. Oder noch schwurbliger, und weil ersterer Begriff doch schon etwas abgegriffen ist: «Best Governance for Corporate Governance»...

Inmitten all der hehren Grundsatzerklärungen ist eine neue Entwicklung bemerkenswert. Die Aktionäre sind 2017 nicht mehr bereit, die Vergütungsberichte einfach so durchzuwinken. Es dürfte für das eine oder andere Management eine neue Erfahrung gewesen sein, diesbezüglich vom Aktionariat die rote Karte vorgezeigt zu erhalten.

Anders die Situation in den weit über hunderttausend KMU-Aktiengesellschaften der Schweiz. Eine jüngst veröffentlichte Studie der BDO zur Entwicklung der Verwaltungsrats-Honorare lässt aufhorchen. Hier sind die Entschädigungen im Jahr 2017 im Vergleich zu 2014 um durchschnittlich 12 Prozent gesunken. Bemerkenswert: am stärksten war dabei der Rückgang bei den VR-Delegierten, den VR-Vizepräsidenten und den Mitgliedern von VR-Ausschüssen. Laut BDO ist der Rückgang der Entschädigungen vor allem auf geringere oder ausbleibende Erfolgshonorare oder eine freiwillige geringere Entschädigung bei Inhabern des Unternehmens zurückzuführen.

Im Gegensatz zu den Grosskonzernen ist hier auch nicht von Millionenbeträgen die Rede. Ganz im Gegenteil: im Durchschnitt verdienen KMU-Verwaltungsräte laut BDO etwa 22 000 Franken, VR-Präsidenten 30 000 Franken. Und auch das eine gute Nachricht: der Frauenanteil beträgt 14 Prozent und liegt damit knapp auf dem Niveau der Grossfirmen.

Ist damit in der KMU-Wirtschaft alles besser als in den Grosskonzernen? Die kleinen Guten auf der einen Seite und die grossen Bösen auf der anderen? So ein Vergleich greift zu kurz, und er wird der Sache nicht gerecht. Zunächst gibt es in dieser Frage einen strukturellen Unterschied, den es zu beachten gilt. Die Perspektive des KMU-Patrons ist in aller Regel darauf ausgerichtet, wie der Betrieb erfolgreich an die nächste Generation weitergegeben werden kann. Sodann ist die Unternehmerin eben auch Besitzerin des KMU, was ganz automatisch zu anderen Entscheiden in Bezug auf Entschädigungsfragen führt.

Dies unterscheidet die KMU-Situation von derjenigen der Grosskonzerne. Aus naheliegenden Gründen nimmt hier das Management – weil nicht Inhaber der Firma – im Unterschied zu den KMU eine andere Position ein. Das ist an sich auch nicht problematisch, und es ist zu attestieren, dass hier in aller Regel in oft schwierigem Umfeld eine ausgezeichnete Arbeit geleistet wird. Wenn aber Erklärungen zu «Best Governance for Corporate Governance» mit Leben erfüllt werden sollen, so müssen die davon betroffenen Kreise eben auch den Tatbeweis erbringen. Und die Verfasser dieser Leitsätze müssen sich mit der Frage auseinandersetzen, wie die sogenannt schwarzen Schafe in ihren Reihen zur Räson gebracht werden können. Hier besteht zweifellos nach wie vor Handlungsbedarf. Ansonsten dürfte der Ruf aus gewissen politischen Kreisen nach weiteren einengenden Regulierungen nicht lange auf sich warten lassen.

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