Publiziert am: 20.03.2015

Billig-Medis – mit welchen Risiken?

MEDIKAMENTENPREISE – Die stetig steigenden Krankenkassenprämien sind für viele ein Ärgernis. Bundesrat Berset will mit Medikamentenpreissenkungen Linderung verschaffen. Diese Strategie ist mit hohen Risiken und Nebenwirkungen verbunden.

Die Preise verschiedenster Medikamente wurden in den letzten Jahren schrittweise nach unten angepasst. Weitere Preissenkungen stehen im Raum. Die Marge der Apotheker wurde verringert. Das Zulassungs- und Preisfestsetzungssystem wird laufend umgekrempelt. Dies alles destabilisiert das System, behindert den Wettbewerb und schränkt die Innovationskraft der Wirtschaft ein. Die Gefahr ist gross, dass mit dem Verlust an Stabilität, Rechtssicherheit und Verlässlichkeit ein wichtiger Standortvorteil für die forschende Pharmaindustrie verloren geht, was sich rasch sehr nachteilig auf das Arbeitsplatzangebot und auf die zuliefernde KMU-Wirtschaft auswirken könnte.

Doch auch für die Versicherten kann sich die momentane Politik als Bumerang erweisen: Das Risiko ist latent vorhanden, dass weniger geforscht wird, dass bestens etablierte und preisgünstige Medikamente wegen fehlender Profitabilität vom Markt zurückgezogen werden müssen und dass keine flächendeckende Distribution mehr sichergestellt werden kann.

«AUCH BEI DEN MEDIKAMENTEN müssen die KNAPPEn RESSOURCEN WIRKUNGSVOLL EINgeSETZt werdEN!»

Das Bündnis Freiheitliches Gesundheitswesen, dem unter anderem die sgv-Mitgliedverbände pharmaSuisse, Intergenerika, FASMED und die Schweizerische Belegärztevereinigung angehören, verfolgt diese Entwicklung mit grosser Sorge. In einem fundierten Positionspapier schlägt das Bündnis unter anderem folgende Verbesserungen vor:

nKampf der Verschwendung: Mit gezielten Massnahmen gilt es, die Verschwendung von Medikamenten, die gemäss Berechnungen des Bundes jährliche Kosten von 500 Millionen Franken verursacht, einzudämmen.

nVereinfachte Zulassung von Medikamenten: Trotz bereits erzielter Verbesserungen gilt es, die nach wie vor sehr kostspieligen Zulassungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen. So sollen etwa die Zulassungshürden für Produkte, die in vergleichbaren Staaten bereits zugelassen sind, markant gesenkt werden. Der Baselbieter SVP-Nationalrat Thomas de Courten, Präsident von Intergenerika, bringt es auf den Punkt: «Es ist unsinnig und teuer, Produkte, die in anderen Ländern mit vergleichbaren Standards im Gesundheitswesen seit Jahren auf dem Markt bestens erprobt und medizinisch anerkannt sind, in der Schweiz nochmals umfassend prüfen zu lassen.» Konsequent angewandte Regulierungsfolgeabschätzungen und ein transparentes Benchmarking zu den Zulassungszeiten und -kosten können mithelfen, die Verfahren weiter zu beschleunigen und zu vergünstigen.

nMutige Korrekturen bei den Fa­brikabgabepreisen: Überall dort, wo rezeptpflichtige Medikamente mit gleicher Wirkung im Wettbewerb stehen, insbesondere bei Generikakonkurrenz, sollen die Preise neu durch den Hersteller festgelegt werden bzw. sich im Markt bilden. Dabei ist mit gezielten Anreizen beim Handel sicherzustellen, dass Preisdruck entsteht und das beste Preis-Leistungs-Verhältnis erzielt werden kann. Staatliche Regulierungen sind auf jene Produkte zu beschränken, bei denen es eine Monopolstellung gibt.

nDifferenziertere Ausgestaltung der Vertriebsentschädigung: Gemäss Marcel Mesnil, Generalsekretär von pharmaSuisse, ist die heutige Abgeltung der Medikamentenabgabe viel zu wenig auf Anreize ausgerichtet, die zu echten Mehrwerten zu Gunsten der Gesundheitsversorgung führen. Verlangt wird ein mehrstufiges Abgabesystem, das auf fixen Pauschalen, einem angemessenen preisbezogenen Vertriebsanteil und der Abgeltung für spezifische Leistungen im Distributionskanal aufbaut. «Über möglichst tiefe Preise wird kein Anreiz zur Abgabe von Generika geschaffen», so Mesnil. Verlangt wird daher eine verbesserte Abgeltung für die Substitution eines verschriebenen Präparats sowie für die Führung eines Vollsortiments.

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv stellt sich hinter die Forderungen des Bündnisses. Auch im Medikamentenbereich sind die knappen Ressourcen möglichst wirkungsvoll einzusetzen. Hierzu gilt es primär bei den Anreizen und nicht bei den Preisen anzusetzen.

Gerhard Enggist

DAS BÜNDNIS

Sie alle sind dabei

Beim im September 2013 gegründeten Bündnis Freiheitliches Gesundheitswesen wirken unter andern die sgv-Mitgliedverbände pharmaSuisse, Intergenerika, FASMED und die Schweizerische Belegärztevereinigung mit. Das Bündnis setzt sich für eine liberale Gesundheitspolitik ein. Wahlfreiheit, Eigenverantwortung und Wettbewerb sollen gestärkt, die Vielfalt und Qualität des Versorgungsangebots gefördert werden. Geschäftsführer ist Andreas Faller.

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