Publiziert am: 07.06.2019

Die Meinung

Bundesratsentscheid zum Rahmenabkommen

Heute Freitag orientiert der Bundesrat zum weiteren Vorgehen beim Institutionellen Rahmenabkommen (InstA). Die sogenannte «Wirtschaft», die in den letzten Wochen für sämtliche Branchen eine «Einheitsmeinung» suggerieren wollte, dürfte dabei enttäuscht werden. Doch davon später.

Bleiben wir zunächst bei der Frage, welche Leitlinien und nächsten Schritte vom Bundesrat zu erwarten sind. Dem Vernehmen nach ist davon auszugehen, dass der Bundesrat keinen Zeitdruck ausmachen wird und vorerst das ­InstA nicht paraphiert. Zunächst muss in erster Linie der Volksentscheid zur Begrenzungs-Initiative abgewartet werden.

Bei einer Annahme erübrigen sich sämtliche Diskussionen zu einem InstA. Bei einer Ablehnung – und das ist wünschenswert – würde der Bundesrat in seiner Position zur EU-Politik innen- wie aussenpolitisch gestärkt. Also gilt es, zunächst diese Hausaufgabe zu machen.

Es ist weiter davon auszugehen, dass der Bundesrat dieser Stossrichtung folgend die Zeit weiter nutzen wird, um mit Brüssel nachstehende, wichtigsten Punkte zu klären:

•  Flankierende Massnahmen: Hierzu braucht es eine Klärung, wie das heutige Schutzniveau gesichert bleibt. Wegen der EU darf die in den vergangenen Jahren erfolgreich gelebte Sozialpartnerschaft mit dem bewährten Arbeitsfrieden nicht in Frage gestellt werden. Ebenso wenig sind Zugeständnisse oder gar eine Schwächung des flexiblen Arbeitsmarktes akzeptabel.

•  Unionsbürger-Richtlinie: Hier ist zu prä-zisieren, dass die Schweiz sich mit dem InstA nicht dazu verpflichtet, die Unionsbürgerrichtlinie der EU und allfällige Weiterentwicklungen des Unionsbürgerrechts dynamisch zu übernehmen. Ansonsten ist davon aus-zugehen, dass diese Frage nach Ablauf der Übergangsfrist dem Schiedsgericht vorgelegt und mit kaum absehbaren Folgen zu Ungunsten der Schweiz entschieden wird.

•  Staatliche Beihilfen: Das InstA darf nicht dazu führen, dass Regeln über staatliche Beihilfen in Bereichen wirksam werden, in denen die Schweiz keinen vertraglich abgesicherten Zugang zum EU-Binnenmarkt hat.

Im krassen Gegensatz zu diesem überlegten Vorgehen des Bundesrates stehen die vehementen Forderungen der Konzerne nach einer sofortigen Unterzeichnung. Die Druckversuche stützten sich auf Umfragen, Gutachten, Studien und zweifelhaften Drohkulissen ab. Die Absender zeigen damit bloss, wie weit weg sie von der Einschätzung der Bevölkerung entfernt sind. Ohne Klärung wird sich nämlich nie eine politische Mehrheit für ein InstA an der Urne finden lassen. Auch nicht mit einer millionenschweren Kampagne. Nüchtern betrachtet ist nämlich das InstA alles andere als «massgeschneidert». Es ist deshalb stossend, wenn einige Wenige für zahlreiche KMU unter dem Titel «die Wirtschaft» eine Einheitsmeinung suggerieren wollen. Damit werden wichtige staatspolitische Bedenken einseitig und knallhart den wirtschaftlichen Interessen untergeordnet. Die realistische Lagebeurteilung durch den Bundesrat zeigt hier deutlich mehr Augenmass und ist ausdrücklich zu begrüssen.

Aus wirtschaftspolitischen Überlegungen hat der Schweizerische Gewerbeverband sgv in der Vergangenheit die bilateralen Verträge mit der EU stets unterstützt – und tut dies auch weiterhin. Er bleibt mit dieser Haltung grundsätzlich offen für ein Rahmenabkommen. Dieses muss aber unseren Interessen gerecht werden. So weit sind wir momentan noch nicht.

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