Publiziert am: 10.06.2016

Das Parlament ist gefragt

STRASSENFINANZIERUNG – Nach dem Nein zur «Milchkuh» müssen rasch alternative Finanzierungen gefunden werden. Die erneute Zunahme der Staustunden zeigt unhaltbare Zustände auf.

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv hat die Ablehnung der Volksinitiative «Für eine faire Verkehrsfinanzierung» mit Enttäuschung zur Kenntnis genommen. «Mit dem Nein ist eine Chance für eine gesicherte Strassenfinanzierung ohne Benzinpreiserhöhung vergeben worden», kommentiert sgv-Präsident und Nationalrat Jean-François Rime. «Nachdem der Souverän 2014 Ja zu Milliardeninvestitionen in die Bahninfrastruktur gesagt hat, darf die Strasse nicht vernachlässigt werden.» Das Gewerbe sei auf eine gut ausgebaute Strasseninfrastruktur angewiesen: «Die grosse Mehrheit der Güter des täglichen Bedarfs wird auf der Stras­se ausgeliefert.»

Gewerbeverträgliche Alternative

Der sgv fordert daher eine gewerbeverträgliche Alternative für die Finanzierung des geplanten Nationalstras­sen- und Agglomerationsverkehrsfonds (NAF). «Damit künftig genügend Mittel für den Unterhalt und den Ausbau der Strasseninfrastruktur zur Verfügung stehen, braucht es die jederzeit gesicherte Zweckbindung der Automobilsteuer», sagt sgv-Direktor und Nationalrat Hans-Ulrich Bigler. «Neu sollen mindestens 60 Prozent, statt wie bisher 50 Prozent, der Mineralölgrundsteuer zur Verfügung stehen.» Eine Erhöhung des Mineralölsteuerzuschlags und damit des Benzinpreises lehnt der sgv ab.

Staus nehmen weiter zu

Just einen Tag nach der Abstimmung über die «Milchkuh»-Initiative hat das Bundesamt für Strassen Astra brisante Zahlen veröffentlicht. Das Wachstum der Staustunden beschleunigt sich weiter. 22 828 Stunden standen die Bürgerinnen und Bürger 2015 im Stau. Das sind 6 Prozent mehr als 2014, wo der Zuwachs auch schon plus 5 Prozent betrug. «Die neusten Zahlen des Astra sind alarmierend», so Bigler, «für die Wirtschaft ist dieser Zustand unhaltbar!»

Sorgen im Transportgewerbe

«Ohne Überraschung, aber mit Sorge» nimmt auch der Schweizerische Nutzfahrzeugverband Astag die neues­ten Stauzahlen des Bundes zur Kenntnis. «Das ist die sehr teure Quittung für die jahrelange staatliche Verzögerungstaktik im Strassenbau», kommentiert Astag-Zentralpräsident Adrian Amstutz.

Sorgen bereitet der Astag insbesondere, dass das Transportgewerbe zunehmend unter Produktivitätseinbus­sen leidet. «Effizienzgewinne, die in (inner-) betrieblichen Abläufen durch Innovation, Kostenbewusstsein und Kundenorientierung erzielt werden, gehen durch lange Stau- und Wartezeiten sofort wieder verloren», stellen die Transporteure fest. «Als Folge entstehen Zusatzkosten, die letztlich von Wirtschaft und Konsumenten getragen werden müssen.» Zudem belasteten Staus auch die Umwelt unnötig und massiv. Als Grund nennt die Astag den höheren Treibstoffverbrauch und damit CO2-Ausstoss, der bei Stop-and-go-Verkehr und Stau entsteht.

«Ein fairer NAF ist im Interesse des gesamten Landes», ist Adrian Amstutz überzeugt: «Von einer bedarfsgerechten Strasseninfrastruktur profitieren letztlich Wirtschaft, Gewerbe und Konsumenten!»

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Service Public und grundeinkommen

«Ein Sieg der Vernunft»

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv hat das Nein zur Initiative «Pro Service public» mit Genugtuung zur Kenntnis genommen. «Die Bevölkerung hat einem rückwärtsgewandten Service public und rigorosen Eingriffen in die Unternehmensfreiheit von Post, Swisscom und SBB eine Abfuhr erteilt», komentiert sgv-Direktor und Nationalrat Hans-Ulrich Bigler. Ein Ja zur Initiative hätte nicht nur den modernen Service-public-Gedanken geschwächt, sondern die unternehmerische Freiheit stark eingeschränkt und Arbeitsplätze sowie die Marktfähigkeit der Unternehmen aufs Spiel gesetzt.

Weitere Liberalisierung

Für die Zukunft fordert der sgv weitere Liberalisierungsschritte bei der Post. «Das Restmonopol für Briefe bis 50 Gramm muss aufgehoben werden», fordert Bigler. Zudem müsse die Post endlich aufhören, KMU zu konkurrenzieren, indem sie immer mehr Produkte anbiete, die nichts mit ­ihrem Auftrag zu tun hätten.

Die SBB ihrerseits müssten nun beweisen, dass sie als Unternehmen die ungelösten Probleme wie den mangelhaften Zustand der Infrastruktur ohne immer höhere Forderungen an eine öffentliche Finanzierung in den Griff bekommen könnten.

Einmal mehr...

Als «sehr positiv» bewertet der sgv die Ablehnung der nicht finanzierbaren Initiative «Für ein bedingungsloses Grundeinkommen». Mit dem Nein habe das Schweizer Stimmvolk einmal mehr bewiesen, «dass es sich nicht von utopischen und wirtschaftsfeindlichen Initiativen in die Irre führen lässt».

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