Publiziert am: 24.01.2020

Der beliebte Kauf auf Rechnung ist in Gefahr

DATENSCHUTZ – Der Ständerat will sehr beliebten und notwendigen Kauf auf Rechnung erheblich erschweren. Ein Passus im neuen Gesetz würde eine zuverlässige Kreditprüfung praktisch verunmöglichen. Betroffen wären insbesondere KMU.

«Das Kleingedruckte wird optisch immer kleiner, rechtlich aber immer grösser», heisst es in einem hübschen Sinnspruch von Helmut Grassl. Unter Artikel 27 Abs. 2 lit. c Bst. 3 des Datenschutzgesetzes, wie es dem Ständerat vorschwebt (vgl. Hauptartikel oben), versteckt sich Kleingedrucktes, dass das Zeug hat, den Kauf auf Rechnung zu erschweren, wenn nicht ganz zu verhindern. «Die Daten sind nicht älter als fünf Jahre», heisst es nämlich dort. Es geht um die Prüfung der Kreditwürdigkeit, wie sie gerade bei Lieferungen auf Rechnung unabdingbar ist.

Unbestritten ist, dass besonders schützenswerte Personendaten nicht verwendet werden dürfen und dass bekannt gegebene Daten verhältnismässig sein müssen. Der Ständerat ist in der Wintersession nun aber dem bundesrätlichen Vorschlag gefolgt und will die zeitliche Nutzung der Daten auf fünf Jahre befristen. Der Nationalrat hatte eine Frist von zehn Jahren – oder dass die Daten verhältnismässig sein müssen – vorgeschlagen.

In der Praxis nicht anwendbar

Schon die Befristung der grossen Kammer ist unnötig. Das bereits an anderer Stelle im Gesetz verankerte Gebot der Verhältnismässigkeit reicht ohnehin aus. Eine Befristung auf fünf Jahre macht eine zuverlässige Bonitätsprüfung weitgehend unmöglich. Eine Bonitätsbeurteilung könnte nur noch aufgrund einer beschränkt aussagekräftigen Betreibungsregisterauskunft erfolgen. Denn die Betreibungsämter erfassen ja nur die Zahlungsausstände, die von den Gläubigern auf dem Betreibungsweg eingefordert werden. Viele müssen, vor allem bei kleineren Beträgen, aus Kostengründen darauf verzichten. Zudem lohnt sich nach einem Rechtsvorschlag die Rechtsöffnung nicht, da das Geschäftsmodell das Einfordern eines provisorischen Rechtsöffnungstitels nicht zulässt. Betreibungsauskünfte sind teuer und zeitaufwendig und in den meisten Fällen, insbesondere im Onlinehandel, wo viele Kunden auf eine Bestellung verzichten, wenn kein Kauf auf Rechnung möglich ist, in der Praxis gar nicht anwendbar. Bisher waren Wirtschaftsauskunfteien in der Lage, zeitnah Entscheidungshilfen zu liefern. Diese Kreditprüfungen werden mit der vorgeschlagenen Frist von fünf Jahren ganz erheblich erschwert, wenn nicht verunmöglicht. Man denke etwa an Verlustscheine, die zwar erst nach zwanzig Jahren verjähren, über die eine Wirtschaftsauskunftei aber nicht mehr informieren dürfte, wenn sie älter als fünf Jahre sind. Auch die verhältnismässige Berücksichtigung von vor mehr als fünf Jahren zurückliegenden Konkursen wäre verboten. Relevant bei neu gegründeten Einzelfirmen und Personengesellschaften. Die in vier von fünf Fällen gewünschte Zahlung auf Rechnung würde damit praktisch verunmöglicht. Das trifft nicht nur die KMU mit ihren kleinen Kundenstämmen, die auf die Unterstützung von Wirtschaftsauskunfteien angewiesen sind. So beziehen unter anderem auch Immobiliengesellschaften, Energielieferanten, Versandhändler, Banken, Kreditkartenunternehmen, Telefondienstleister, Versicherungen, Krankenversicherer, Zahnärzte, Spitäler, Leasinggesellschaften, Verlage, Transportunternehmen, Gastgewerbe und Hotellerie, die Öffentliche Hand oder der Zoll Bonitätsinformationen, um die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden zu prüfen. Damit verlieren aber auch Kundinnen und Kunden ihren Schutz vor betrügerischen Onlineshops, die es zu Tausenden gibt. Sie werden geradezu gezwungen, elektronische Zahlarten zu nutzen und selbst das Risiko zu übernehmen, da sie faktisch in Vorauszahlung gehen. Das kann und darf es nicht sein, weder für die Lieferanten noch deren Kundschaft.

Raoul Egeli

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