Publiziert am: 24.03.2017

Der Berg hat eine Maus geboren

SCHWARZARBEIT – National- und Ständerat haben die Differenzen beim Bundesgesetz über die Schwarzarbeit ausgeräumt. 
Der Schweizerische Gewerbeverband sgv beurteilt nicht alle nun beschlossenen Massnahmen als zielführend.

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv verurteilt Schwarzarbeit scharf. Es ist unbestritten, dass Schwarzarbeit aus wirtschaftlichen, sozialen, juristischen und ethischen Gründen verwerflich ist.

Der Bundesrat hat dem Parlament 2015 eine Gesetzesrevision mit verschiedenen Anpassungen im Bundesgesetz gegen die Schwarzarbeit (BGSA) unterbreitet. Eine davon ist die Beschränkung des vereinfachten Abrechnungsverfahrens auf Anstellungen im Privathaushalt. KMU sollen nicht mehr in den Genuss der Vereinfachungen kommen. Eine weitere Massnahme ist die stärkere Vernetzung der Kontrollorgane mit den spezialisierten Behörden. Neu sollen die Kontrollorgane die Kompetenz erhalten, bei Verstössen gegen die Pflicht zur Anmeldung eines neuen Betriebes bei der Unfallversicherung oder bei Verstössen gegen die Aufzeichnungspflicht selbstständig eine Sanktion auszusprechen. Um einen gesamtschweizerisch einheitlicheren Vollzug zu ermöglichen, sollen schliesslich die Aufsichtskompetenzen des Staatssekretariats für Wirtschaft seco gestärkt werden.

Nicht zielführend

Der Gewerbeverband beurteilt diese Massnahmen als nicht zielführend und plädierte sowohl beim Nationalrat 2016 wie auch beim Ständerat in der Frühjahrssession 2017 für Nichteintreten auf die Vorlage des Bundesrates. Die Instrumente, welche mit dem BGSA 2008 eingeführt wurden, haben sich grundsätzlich bewährt. Zentraler Punkt des heute geltenden Gesetzes gegen die Schwarzarbeit ist der Einsatz von Schwarzarbeitskontrollorganen, welche die Einhaltung von Melde- und Bewilligungspflichten im Sozialversicherungs-, Ausländer- und Quellensteuerrecht kontrollieren. Anträge auf Nichteintreten fanden sowohl im Nationalrat wie auch im Ständerat keine Mehrheit.

Vereinfachtes 
Abrechnungsverfahren

Der Anwendungsbereich der Abrechnung im vereinfachten Verfahren sollte beschränkt werden. Namentlich sollte das Verfahren gemäss Bundesrat künftig nur noch auf die in Privathaushalten beschäftigten Personen angewendet werden können. Dieser Schritt wurde damit begründet, dass die Möglichkeit der vereinfachten Abrechnung teilweise missbraucht worden sei, um einen Teil des Lohnes zu einem günstigeren Satz zu versteuern. Damit wären aber auch kleine Betriebe von der Möglichkeit der vereinfachten Abrechnung ausgeschlossen worden.

«SCHWARZARBEIT IST AUS WIRTSCHAFTLICHEN, SOZIALEN, JURISTISCHEN UND ETHISCHEN GRÜNDEN VERWERFLICH.»

Der Nationalrat strich diesen Vorschlag und wollte bei der heute geltenden Regelung bleiben. Der Ständerat entschied, dass das vereinfachte Verfahren neben den Privathaushalten auch Kleinstbetrieben und Vereinen offenstehen solle. Ausschliessen will er das vereinfachte Verfahren für Kapitalgesellschaften und Genossenschaften sowie für im eigenen Betrieb mitarbeitende Ehegatten und Kinder. Diese Position hat sich durchgesetzt.

Intervention bei den Kantonen abgelehnt

Umstritten war, ob der Bund bei Kantonen, die sich zu wenig gegen Schwarzarbeit engagieren, verstärkt intervenieren sollte. Gemäss Empfehlung des sgv lehnte eine Mehrheit des Ständerates dies ab mit der Begründung, dass solche Leistungsverträge bereits möglich seien. Eine neue Gesetzesgrundlage sei nicht nötig. Bereits der Nationalrat hatte so entschieden.

Gegenseitige Informationspflicht der Behörden

Gegen eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den kantonalen Kontrollorganen und weiteren beteiligten Behörden im Kampf gegen Schwarzarbeit hat der sgv keine Einwände, solange den Arbeitgebern daraus keine neuen Verpflichtungen erwachsen. Allerdings soll diese Zusammenarbeit keiner Erweiterung des Kontrollgegenstands gleichkommen. Die Gesetzesrevision sieht vor, dass künftig Kontrolleure auch in den Bereich der Kontrolle der GAV und des Arbeitsgesetzes vorstossen. Es stellt sich die Frage, inwiefern hier überhaupt ein Zusammenhang zur Schwarzarbeit besteht. Vor allem in Branchen mit allgemeinverbindlich erklärten GAV wird für die Einhaltung der GAV-Bestimmungen bereits heute ein grosser finanzieller und personeller Aufwand betrieben.

National- und Ständerat haben sich nun gegen die Empfehlung des sgv darüber geeinigt, dass die kantonalen Kontrollorgane gegen Schwarzarbeit die zuständigen Stellen über mutmassliche Verstösse gegen allgemeinverbindlich erklärte Gesamtarbeitsverträge informieren können.

Keine neuen Sanktions­kompetenzen

Für den sgv muss der administrative Aufwand, der mit der Kontrolltätigkeit einhergeht, für die kontrollierten Betriebe auf ein Minimum beschränkt werden. Die korrekte Anmeldung der Arbeitnehmenden ist wichtig. Im Gesetz hätte neu eine Sanktionsmöglichkeit mit Bussen von bis zu 1000 Franken – im Wiederholungsfall bis zu 5000 Franken – verankert werden sollen. Der Ständerat hat diese Bestimmung unterstützt. Der Nationalrat entschied im Sinne des sgv, darauf zu verzichten.

Insgesamt hat der Berg eine Maus geboren. Vom vereinfachten Abrechnungsverfahren kann nun nur noch ein kleinerer Kreis profitieren. Was die zusätzliche Informationsmöglichkeit durch die kantonalen Kontrollorgane bei den allgemeinverbindlich erklärten GAV bringt, wird sich in Zukunft erst noch zeigen müssen.

Dieter Kläy,
Ressortleiter sgv

KRITIK AM NEUEN GESETZ

«Gegen Schwarzarbeit nützt das Ganze nicht»

Die Aargauer SVP-Nationalrätin ­Sylvia Flückiger lässt kein gutes Haar am neuen Bundesgesetz über die Schwarzarbeit.

Schweizerische Gewerbezeitung: Was stört Sie am neuen Bundesgesetz über die Schwarzarbeit am meisten?

nSylvia Flückiger: Es wurde hier eine völlig überflüssige Revision gemacht, die vor allem auf Misstrauen aufbaut, noch mehr Bürokratie mit sich bringt und praktisch nichts mit der Bekämpfung der Schwarzarbeit zu tun hat. Bei den neuen Meldepflichten für Sachverhalte, die in keinem Zusammenhang mit der Bekämpfung der Schwarzarbeit stehen, muss man sich fragen, wem dies etwas nützt? Die Antwort ist leicht: den Gewerkschaften. Und trotzdem haben Politiker vor allem aus den Mitteparteien zugestimmt.

Gibt es aus Ihrer Sicht auch positive Punkte?

n In der Differenzbereinigung konnten wir doch noch Art. 18 a streichen. Damit wurden wenigstens die Sanktionen mit Bussen bis 5000 Franken abgewendet. Doch das ist leider auch schon alles.

Wer kann vom vereinfachten Abrechnungsverfahren bei Anstellungen im Privathaushalt noch profitieren?

n Nicht mehr viele. Weil einige profitierten, für die das vereinfachte Abrechnungsverfahren gar nicht gedacht war, hat man jetzt das ganze System abgeschafft und die falschen bestraft. Dabei ist dieses vereinfachte Abrechnungsverfahren damals genau deswegen eingeführt worden – um eben die Schwarzarbeit zu verhindern. Dass nun genau jene Politikerinnen und Politiker, die sich gerne als KMU-freundlich anpreisen, diese Abschaffung unterstützt haben, zeigt wieder einmal auf, was leere Versprechungen sind. Der vereinfachte Weg der Abrechnung beispielsweise für die Gastrobranche, für Familien und Familienmitglieder wurde abgeschafft.

Schlussendlich kann man hier tatsächlich nur sagen: der Berg hat eine Maus geboren. Aber gegen Schwarzarbeit nützt das Ganze nichts.

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