Publiziert am: 19.03.2021

Der Bumerang von links

Wie heisst es so treffend? «Das Gegenteil von gut ist gut gemeint.» Es ist ja durchaus lobenswert, wenn man in guten Absichten etwas fordert. Aber wenn man die negativen Konsequenzen und das grosse Ganze ausblendet, dann werden aus «gut gemeinten» eben schlechte Ideen, die das Gegenteil bewirken vom dem, was sie eigentlich zum Ziel haben.

In Basel-Stadt stimmen wir vermutlich am 13. Juni über eine wohl gut gemeinte, aber im Endeffekt höchst schädliche und unsoziale Forderung ab: nämlich über die Mindestlohninitiative der Gewerkschaften «Kein Lohn unter 23 Franken». Diese Abstimmung ist von nationaler Bedeutung. Denn bei einem Ja wäre Basel-Stadt der erste Deutschschweizer Kanton, welcher ein Mindestlohngesetz einführt, was zu zahlreichen ähnlichen Initiativen und Vorstössen in anderen Kantonen führen dürfte. Bei einem Nein würden es sich die Gewerkschaften in anderen Kantonen aber wohl sehr genau überlegen, ob sie wirklich eine solche Initiative lancieren wollen, wenn diese nicht einmal im rot-grün geprägten Kanton Basel-Stadt erfolgreich ist. Es steht also viel auf dem Spiel.

Im Grunde ist die Mindestlohninitiative ein klassischer Bumerang der Gewerkschaften und der politischen Linken. Denn die Initiative trifft ausgerechnet die Schwächsten und die Haushalte mit geringem Einkommen am stärksten. Die Wissenschaft zeigt klar auf: Je höher der Mindestlohn und je schlechter die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, desto grösser sind die negativen Auswirkungen von Mindestlöhnen. Konkret: der Abbau von Arbeitsplätzen und Preiserhöhungen von Dienstleistungen. Es dürfte allen klar sein, dass es der denkbar schlechteste Zeitpunkt ist, mitten in der grössten und für einzelne Branchen noch lange andauernden Wirtschaftskrise einen rekordhohen Mindestlohn einzuführen.

Dieser würde gerade in jenen Branchen, welche von der Corona-Pandemie besonders hart getroffen sind, zu einem deutlichen Kostenschub führen – in der Gastronomie, dem Detailhandel, dem Dienstleistungs- oder dem Taxigewerbe, um nur einige zu nennen. In diesen Branchen steigen die Arbeitslosenzahlen jetzt schon markant an, Betriebe werden geschlossen und Arbeits- sowie Ausbildungsplätze fallen dem Kostendruck zum Opfer. Mit einem rekordhohen Mindestlohn würde hier Öl ins Feuer gegossen. Denn vergessen wir nicht: Mit dem Anheben der tiefsten Löhne ist es ja nicht getan. Damit das gesamte Lohngefüge fair bleibt, müssten alle Löhne nach oben verschoben werden.

Insbesondere gefährdet wären Stellen für einfache Arbeiten, Teilzeitjobs und Stellen für Wiedereinsteigerinnen. Diese Menschen hätten dann überhaupt kein Einkommen mehr und wären komplett von der Sozialhilfe abhängig.

Die Mehrheit der Branchen zahlt höhere Löhne als in der Initiative gefordert, und das Lohnniveau steigt konti­nuierlich. Das ist gut so. Allerdings gibt es in einigen Branchen Einsteigerjobs und ungelernte Arbeiten, wo das Lohnniveau tiefer ist, weil die Wertschöpfung der Unternehmen nicht mehr hergibt. Dass dies sinnvoll ist, haben bis jetzt auch die Gewerkschaften akzeptiert. Das zeigt die Zustimmung der Gewerkschaften zu zahlreichen Gesamtarbeitsverträgen mit tieferen Löhnen als 23 Franken.

Nun soll diese Sozialpartnerschaft von der Politik übersteuert werden. Das ist gefährlich und widerspricht dem erfolgreichen und realistischen Modell der Sozialpartnerschaft. Anstatt in harten Verhandlungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern das Mögliche einzufordern, soll nun das Schädliche verordnet werden. Und zwar mit einem Gesetz, an dem jederzeit herumgeschraubt werden kann – je nach politischen Mehrheiten im Parlament. Aus diesem Grund ist auch der Gegenvorschlag zur Mindestlohninitiative, der 21 Franken fordert, klar abzulehnen.

Es ist einfach, höhere Löhne zu fordern, wenn das Geld dafür nicht selber erwirtschaftet werden muss. Ganz nach der Devise: «Wir fordern, bezahlen sollen die anderen.» Nur dass wir in diesem Fall letztendlich alle bezahlen werden. Insbesondere die Geringqualifizierten, welche die Stelle verlieren. Geschwächt würde übrigens auch die Berufsbildung. Je höher die Löhne für ungelernte Arbeiten, desto geringer der Anreiz, eine Ausbildung zu absolvieren. Auch das wäre aufgrund des Fachkräftemangels eine fatale Entwicklung. Verschonen wir die Deutschschweiz davor.

* Marcel Schweizer, Präsident des Gewerbeverbandes Basel-Stadt und Inhaber eines Gartenbau-Unternehmens.

www.gewerbe-basel.ch

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