Publiziert am: 18.03.2022

Die Finma reguliert wild drauflos

KLIMARISIKEN – Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) verpflichtet die Banken und Versicherungen, ihre Klimarisiken auszuweisen. Sie nimmt damit in Kauf, dass Finanzinstitute dadurch ihre Kunden unter Druck setzen. Doch für dieses Treiben fehlt die legale Grundlage.

Im Jahr 2021 hat die Finanzmarktaufsicht ihre Rundschreiben 2016/1 «Offenlegung – Banken» und 2016/2 «Offenlegung – Versicherer (Public Disclosure)» revidiert. Sie regelte darin eine Offenlegung von sogenannten Klimarisiken. Als Grundlage für diese Anpassungen gibt die Finma die Bankenverordnung und die Eigenmittelverordnung sowie das Versicherungsaufsichtsgesetz und die Versicherungsaufsichtsverordnung an.

Was die Behörde, welche ohnehin für ihre regulatorischen Eskapaden bekannt ist, dabei verschweigt: Keine der von ihr genannten Grundlagen gibt ihr den Auftrag, eine ganz neue Risikokategorie einzuführen. Vor allem wenn die von der Finma regulierten Institute die Regulierung sofort an Kunden weitergeben.

Dabei ist der Mechanismus einfach zu erfassen. Die Finma erfindet die neue Risikokategorie «Klimarisiken». Sie reguliert via Rundschreiben, dass Banken und Versicherungen ihre Klimarisiken beziffern und rapportieren müssen. Diese Institute wissen ihrerseits, dass, wenn sie hohe Risiken offenlegen, sie von der Finma gezwungen werden, Massnahmen zu ergreifen. Also fangen sie an, die Risiken zu senken. Das bedeutet, sie richten ihren Kunden aus, selbst Klimarisiken zu messen und zu meiden. Es kann sogar so weit gehen, dass Kunden mit Klimarisiken – etwa das verarbeitende Gewerbe – keine Kredite mehr erhalten.

Inhaltlich falsch

Der regulatorische Galopp der Finma ist inhaltlich schlicht falsch. In der Schweiz gibt es keine demokratisch legitimierte Anerkennung der Kategorie «Klimarisiken». Das Gegenteil ist der Fall. Die von der Finma zitierten Grundlagen – in ihrer Mehrheit Verordnungen, und nicht Gesetze – führen diese Risikokategorie nicht auf. Auch die dazu gehörenden Materialien äussern sich nicht zu dieser Risikokategorie.

Mehr noch hat das Volk das CO2-Gesetz abgelehnt. In diesem Gesetz waren gewisse Regulierungen des Finanzplatzes enthalten, welche sich als Auffangkriterien für die Anerkennung von Klimarisiken geeignet hätten. Doch das Gesetz ist abgelehnt worden – und damit haben auch diese Auffangkriterien vor dem Volkswillen nicht bestanden. Zudem sind die Methodologien zur Ermittlung, Messung und Mitigation (Abschwächung) – also zur Offenlegung – klimarelevanter Risiken noch nicht weit gediehen. Eine Verpflichtung zur Offenlegung von Klimarisiken bei nicht erhärteten Methodologien ist demnach kontraproduktiv.

Ohne Legitimation

Zudem ist das Vorgehen der Finma nicht angemessen. Die EinfĂĽhrung einer ganz neuen, nicht im Parlament im Zusammenhang mit den entsprechenden Aufsichts- und Regulierungsgesetzen beratenen Risikokategorie, ist eine materielle Regelung auf Stufe des Gesetzes. Diese darf die Finma nicht vornehmen.

Insbesondere problematisch ist, dass die Finma hier eine Regulierung einführt, welche die Realwirtschaft betrifft. Dabei hat sie keine Vertreter der Realwirtschaft vorgängig konsultiert. Somit reguliert die Finanzaufsicht ohne gesetzliche Grundlage und ohne Kenntnis der Auswirkungen der eigenen Regulierung. In Zeiten von «greenwashing» ist es alles andere als ein Qualitätsgarant, wenn die Finma angibt, Banken und Versicherungen einbezogen zu haben.

Finma stoppen

Immer wieder muss die Finma in ihrer Regulierungswut gestoppt werden. Die Behörde gefällt sich in der Rolle der Alleingängerin und reguliert drauf los – ungeachtet der legalen Basis. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv konnte schon verschiedene Male im Verbund mit anderen KMU-Verbänden und den bürgerlichen Parteien die Finma stoppen. Es ist wohl einmal mehr an der Zeit, der Finma ihre Grenzen aufzuzeigen.

Henrique Schneider, Stv. Direktor sgv

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