Publiziert am: 22.04.2016

Die IV bleibt ein Sanierungsfall

ZUKUNFT DER IV – Lange Zeit wollte uns das Departement Berset weismachen, dass sich die Invalidenversicherung IV 
ohne Sparmassnahmen sanieren lässt. Der neuste Rechnungsabschluss beweist das Gegenteil.

Unter Federführung des freisinnigen Bundesrats Didier Burkhalter verabschiedete unsere Landesregierung im Mai 2011 eine Botschaft für eine IV-Revision 6b, welche substantielle Sparvorschläge enthielt. Dabei ging es nicht zuletzt auch darum, ein Versprechen einzulösen: Den Schweizer Stimmberechtigten war nämlich zugesichert worden, dass man bei der IV substantiell sparen wolle, falls vorgängig der zeitlich befristeten Zusatzfinanzierung zugestimmt werde.

Von Burkhalter zu Berset

Aufgrund einer Departements-Rochade landete das Geschäft wenig später bei Bundesrat Berset. Logisch, dass dem überzeugten Sozialdemokraten die vorgeschlagenen Einsparungen überhaupt nicht in den Kram passten. Sein Departement begann fortan, die finanziellen Verhältnisse der IV schönzureden, um so den Spardruck zu mindern. Als im Nationalrat schliesslich beantragt wurde, die Sparmassnahmen auf die lange Bank zu schieben, griff Berset freudig zu. Während der Eintretensdebatte führte er in der grossen Kammer aus, dass die Rechnungen der IV auch nach Auslaufen der Zusatzfinanzierung klar positiv ausfallen würden und dass man daher nicht auf zusätzliche Einsparungen angewiesen sei. Das Schicksal der IV-Revision 6b war damit besiegelt.

Systematische Schönfärberei

Das Departement Berset blieb in der Folge seiner systematischen Schönfärberei treu. Selbst in einer Vernehmlassungsvorlage vom Dezember 2015 wurde immer noch steif und fest behauptet, dass die IV auch nach Auslaufen der Zusatzfinanzierung Überschüsse ausweisen werde und dass die Schulden von derzeit gut 12 Milliarden Franken bis spätestens 2030 abgetragen seien.

«DIE SANIERUNG DER IV IST AUF HALBEM WEG STECKENGEBLIEBEN.»

Der Rechnungsabschluss 2015 der IV belehrt uns nun eines Besseren. Es wird zwar ein UmlageĂĽberschuss von 645 Millionen Franken ausgewiesen. Zieht man aber die knapp 1,3 Milliarden Franken ab, die aus der Ende 2017 auslaufenden Zusatzfinanzierung eingenommen wurden, verbleibt ein strukturelles Defizit von gut 600 Millionen Franken. Besonders ernĂĽchternd ist, dass das Umlageergebnis 2015 schlechter ausfiel als im Jahr zuvor. Die Sanierung der IV ist damit auf halbem Weg steckengeblieben. Einen langfristig ausgeglichenen IV-Finanzhaushalt wird es mit den eingeleiteten Massnahmen definitiv nicht geben.

Keine IV-Renten unter 30 Jahren

Der sgv verlangt daher von Bundesrat und Parlament, dass rasch griffigere Sanierungsmassnahmen beschlossen werden. Damit sich Arbeit für IV-Rentenbezüger besser lohnt, muss ein stufenloses Rentensystem eingeführt werden. Die im Rahmen der IV-Revision 6b sistierten Einsparungen, insbesondere die Senkung der Kinderrenten und die Anpassungen im System der Reisekosten, müssen nun definitiv beschlossen werden. An Personen unter 30 Jahren sollen keine Renten mehr gesprochen werden. Ein deutlich höheres Mindestalter für den Bezug einer Rente zwingt alle Beteiligten, sich noch intensiver um eine Wiedereingliederung zu bemühen.

Kurt Gfeller, Vizedirektor sgv

kritik an bundesrat berset

Gouverner, c’est prévoir – 
oder wäre...

Der Baselbieter SVP-Nationalrat Thomas de Courten (Bild) übt scharfe Kritik an der Art und Weise, wie Bundesrat Alain Berset die offensichtlichen Probleme rund um die IV schönzureden versucht. «Die bundesrätliche Schönfärberei und Untätigkeit führt in ein erneutes IV-Desaster. Die aktuellen Prognosen und Trends, welche die strukturellen Defizite verschärfen und die finanziellen Herausforderungen werden wachsen lassen, sind heute bereits absolut klar erkennbar. Der Handlungsbedarf lässt sich objektiv nicht bestreiten. Gouverner c’est prévoir, monsieur le conseiller fédéral Berset!» En

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