Publiziert am: 03.04.2020

«Dieser Konsum ist verloren»

CORONA-KRISE – Der Shutdown des öffentlichen Lebens trifft die Binnenwirtschaft ins Mark. Betroffen sind sämtliche Branchen. Das Kleingewerbe, Coiffeursalons und Restaurants sind geschlossen – die KMU leiden. Wir haben nachgefragt wie die Unternehmerinnen und Unternehmer mit dieser schwierigen Situation umgehen.

Hart getroffen von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie ist unter vielen anderen die Coiffeurbranche. «Im ersten Moment war ich sprachlos, als ich erfuhr, dass ich meinen Salon für rund einen Monat schliessen muss», sagt Cleonice Morone. Die engagierte KMU-Frau führt seit über zehn Jahren zusammen mit zwei Angestellten sowie einer Mitarbeiterin auf Abruf ihr Coiffeurgeschäft mitten in der Zofinger Altstadt. Nach jahrelanger Aufbauarbeit in einer Branche, in der Preiskampf, Wettbewerbsverzerrungen, Billigsalons und Schwarzarbeit grosse Herausforderungen sind, ist ihr kleines Unternehmen gut gelaufen. Nach dem ersten Schock hat Morone gleich reagiert und als erste Massnahme für ihre Angestellten Kurzarbeit beantragt. Existenzängste und Ungewissheit haben der Coiffeuse schlaflose Nächte bereitet. Die finanzielle Unterstützung des Bundes lässt sie nun etwas aufatmen. «Dadurch ist der Druck nicht mehr ganz so gross. Ich hoffe einfach, dass unsere Kunden wieder zu uns zurückkommen.» Das sei nicht selbstverständlich. Denn im Falle einer Rezession würde im Bereich Beauty zuerst gespart, gibt die 59-Jährige zu bedenken.

Eine Katastrophe für

die Modebranche

Ein paar Häuserblocks weiter unten, mitten im Städtchen Zofingen liegt das Kleidergeschäft «MODE geiser». Auch hier ist alles dunkel und die Türe verschlossen. «Für die Modebranche ist die Corona-Krise eine Katastrophe», sagt Inhaber Philipp Geiser. «Die Frühjahrs- und Teile der Sommerkollektionen sind bereits im Haus und warten auf unsere Kundschaft. Die Frühjahrskollektionen können wir aber abschreiben, denn die können wir bereits im Sommer kaum noch verkaufen – und wenn, dann mit erheblichen Preisnachlässen.» Und er ergänzt: «Wir sind nun fünf Wochen blockiert, ob wir etwas retournieren können und wie unsere Händler und Lieferanten diesen Shutdown handeln, ist ungewiss. Klar ist, ein verlorener Konsum kann im Modehandel nicht nachgeholt werden.» Die ersten drei Monate ist «MODE geiser» gut unterwegs gewesen: «Wir haben in diesen fünf Wochen – wenn es dabei bleibt – ohne Kundschaft eine Umsatzeinbusse von rund 20 Prozent.» Geiser ist sich zudem bewusst, dass das Geschäft danach nur langsam anrollen wird, und fürchtet eine vorübergehende Kaufzurückhaltung der Kunden. Panik hat es allerdings keine: «Wir haben noch etwas Reserve und irgendwie geht es immer weiter», ist er zuversichtlich.

Kaffee vom Webshop

Philippe Gacond, Mitinhaber und Geschäftsführer des «Home Barista Shops» sowie von zwei Restaurants in Aarau, ist für seinen exzellenten Kaffee über die Kantonsgrenze hinaus bekannt. Doch vorerst gibt es bei ihm keinen Kaffee vor Ort mehr. «Ich weiss noch nicht, was mir finanziell blüht, doch ich habe für meine 30 Angestellten Kurzarbeit eingereicht.» Der Schliessung seiner Geschäfte versucht der Gastronom möglichst etwas Positives abzugewinnen. «Momentan erledige ich Arbeiten, die längst fällig waren.» Er bleibt konsequent und verkauft auch in seinem Take-away an der Aarauer Bahnhofstrasse keinen Kaffee über die Gasse. «Es ist einfach wichtig, dass sich alle an die Regeln des BAG halten und zu Hause bleiben. Wer meinen Kaffee will, kann ihn im Webshop bestellen und zu Hause trinken.» Der Webshop, den er in den letzten fünf Jahren aufgebaut hat, ist ein kleiner Hoffnungsschimmer, irgendwie über die Runden zu kommen.

Produktion mehrheitlich

unterbrochen

Jakob’s Basler Leckerly hat schon vieles überstanden: zwei Weltkriege, Hungersnöte im 18. und 19. Jahrhundert in der Schweiz und die Spanische Grippe. Nun kämpft die Firma, die das Unternehmerpaar Andreas und Charlotte Kuster vor drei Jahren aus dem Dornröschenschlaf erweckt hat (vgl. SGZ vom 21. Februar 2020) mit der Corona-Krise. «Wir wurden mit voller Wucht getroffen. Als Zulieferer von Globus, Airportstores und Feinkostläden sowie der Gastro- und Eventbranche brechen unsere wichtigsten Absatzkanäle ein. Wir haben eine sehr hohe zweistellige Umsatzeinbusse», so Kuster. Somit verbleibt noch ein kleiner zweistelliger Umsatzprozentsatz für Versand via Webshop. Der Unternehmer hat vorausschauend das Lager der gut haltbaren Produkte gefüllt. Zurzeit ist die Produktion mehrheitlich unterbrochen, sodass sich nicht mehr als eine Person gleichzeitig im gleichen Raum aufhält. Kuster hat Kurzarbeit eingegeben. Es wird leider auch zu einem kleinen Stellenabbau kommen. «Wir hatten in den letzten Jahren ein grosses Wachstum und deshalb zusätzlich Personal eingestellt. Nun müssen wir wieder zurückbuchstabieren.»

Corinne Remund

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