Publiziert am: 18.03.2022

Ein noch neueres CO2-Gesetz

CO2-GESETZ – Das Volk hat im Jahr 2021 ein neues CO2-Gesetz abgelehnt. Die Subventionierung und die Steuererhöhungen fanden vor dem Souverän keine Gnade. Trotzdem braucht die Schweiz ein neues Gesetz.

Die Ausgangslage ist einfach: Das aktuell geltende CO2-Gesetz folgt der Logik der inländischen Klimagesetzgebung und des internationalenKyoto-Protokolls. Beide Gesetzes- resp. Vertragswerke können auf grosse Leistungen zurückblicken. Heute blickt die Schweiz auf rekordtiefe Treibhausgasemissionen pro Kopf, nämlich 5,4 Tonnen CO2 (zum Vergleich: In Frankreich sind es über 6, in Italien 7 und in Deutschland über 9) und pro Franken Wertschöpfung, nämlich 0,07 Kilo CO2 (zum Vergleich: In der EU sind es 0,39).

«Paris» bringt eine neue Logik

Doch mit dem Klimaübereinkommen von Paris kommt eine neue Logik zum Zug. Sie ist internationaler und flexibler. Das ermöglicht auch ambitioniertere Klimaziele. Die Schweiz will ihren Ausstoss von Treibhausgasen bis zum Jahr 2030 um 50 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 reduzieren. Das Parlament hat das Übereinkommen ratifiziert, und dagegen wurde kein Referendum ergriffen. Also steht die Schweiz zu «Paris».

«Paris» umsetzen

Die grosse Frage ist nun, wie man «Paris» in die nationale Gesetzgebung aufnimmt. Dafür braucht es ein CO2-Gesetz. Der vom Volk abgelehnte Entwurf setzte «Paris» nur teilweise um. Es engte den im Übereinkommen definierten Spielraum übermässig ein, verwarf vom Übereinkommen geschaffene Mechanismen und setzte vor allem auf Steuern – was nicht im Sinne von «Paris» ist.

Da die Schweiz trotz des Volksentscheids ein neues Gesetz braucht, wurde eine noch neuere Vorlage ausgearbeitet. Diese ist jetzt in der Vernehmlassung. Dabei ist diese neue Version des Gesetzes gleich ambitioniert wie die abgelehnte. Sie ist aber – und das ist wichtig – viel verhältnismässiger. Sie setzt auf Anreize, Technologieentwicklung und verzichtet auf höhere Steuern. Vor allem behält sie die Bandbreite und die Flexibilität von «Paris» bei.

Natürlich ist auch diese Vorlage nicht perfekt. Deshalb verlangt der Schweizerische Gewerbeverband sgv auch Korrekturen. Die Anreize für die energetischen Gebäudesanierungen sind gut, aber Ersatzneubauten müssen gleichwertig qualifiziert werden. Die Beibehaltung der Energieeffizienzprogramme (Energieagentur der Wirtschaft) ist gut, doch sie müssen skaliert werden, um mehr und mehr Unternehmen zu umfassen. Und auch die Beimischpflicht kann den Treibstoffpreis in die Höhe treiben. Trotz dieser Pro-bleme ist die Vernehmlassungsvor-lage gut unterwegs.

Problem Gletscherinitiative

Die Gletscherinitiative will die Schweiz bis zum Jahr 2050 «fossilfrei» machen. Sie setzt dabei nicht nur auf Technologieverbote, sondern auf Steuern und staatliche Lenkung. Im Parlament wird derzeit über einen direkten und über einen indirekten Vorschlag dazu diskutiert. Beide sind problematisch, weil sie die radikale Planungslogik der Initiative aufnehmen.

Noch problematischer sind sie, weil ihre Beratung teilweise mit der des noch neueren CO2-Gesetzes zusammenfallen werden. Damit droht der vernünftige Entwurf des Gesetzes durch die radikalideologischen und überrissenen Forderungen der Gletscherinitiative übersteuert zu werden. Und damit erhöht sich das Risiko eines erneuten Scheiterns des Gesetzes an der Urne.

«DIE GLETSCHERINITIATIVE SABOTIERT DAS NEUERE CO2-GESETZ. DAMIT DROHT EIN ERNEUTES SCHEITERN AN DER URNE.»

Um das Klimaübereinkommen von Paris umzusetzen und die Schweizer Zielsetzung für 2030 zu erfüllen, braucht es ein neues CO2-Gesetz. Die Gletscherinitiative sabotiert genau dies.

Henrique Schneider,

stv. Direktor sgv

Meist Gelesen