Publiziert am: 05.10.2018

Ein schlechter Deal, kein Kompromiss

Die jetzige Vorlage «Steuervorlage 17/ STAF» ist ein schlechter Deal und kein Kompromiss. Die Unternehmenssteuern und die AHV müssen dringend reformiert werden. Der Wirtschaftsstandort Schweiz braucht die Steuervorlage, diese darf aber nicht zum Schaden der Demokratie und der Generationengerechtigkeit mit der AHV-Reform vermischt und Letztere auf die lange Bank geschoben werden.

Die Steuervorlage 17 ist für den Wirtschaftsstandort Schweiz wichtig. Sie könnte der Bevölkerung als eigenständige Vorlage vorgelegt und ehrlich und transparent erklärt werden. Davon bin ich fest überzeugt. Die Steuervorlage führt über alle Ebenen gesehen insgesamt zu keinen Steuerausfällen und benötigt daher auch keinen «sozialen Ausgleich». Die Unsicherheiten über die Auswirkungen wurden seit der abgelehnten USR III weitgehend ausgeräumt. Die Steuerlast für Unternehmen wird fairer verteilt und die Vorlage macht volkswirtschaftlich Sinn. Sie erfüllt ihre Ziele der Wettbewerbs­fähigkeit, der internationalen Kompatibilität, aber auch der Ergiebigkeit der Steuereinnahmen. Schade ist, dass wir Grünliberalen nicht mit unserem Antrag durchgekommen sind, eine rechtsformneutrale Besteuerung der Unternehmen einzuführen und damit Fehlanreize und steuerliche Ungerechtigkeiten zu beseitigen.

Im Gegensatz zumSteuerteil ist der AHV-Teil im Deal schädlich und klar abzulehnen. Eine strukturelle Reform der Altersvorsorge wird durch diese einseitige AHV-Finanzspritze für viele Jahre verschleppt. Die Jungen, die arbeitende Bevölkerung und die Wirtschaft werden mit höheren Lohnbeiträgen belastet. Am Ende trägt die arbeitende Bevölkerung die ganze Last, die Rentnerinnen und Rentner tragen nichts dazu bei. Das ist unfair. Sowohl die Angleichung des Rentenalters als auch die Reform der zweiten Säule, welche über Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge finanziert werden müsste, werden weiter herausgezögert. Den Preis dafür werden die Jungen bezahlen, das ist verantwortungslos.

Die sachfremde Verknüpfung der Steuervorlage mit der AHV verunmöglicht zudem eine differenzierte Willensäusserung: Im Falle eines Referendums gibt es für die Stimmberechtigten keine Möglichkeit, die Steuervorlage anzunehmen und die AHV-Finanzspritze abzulehnen – oder umgekehrt. Die Grünliberalen haben sich daher im Parlament an vorderster Front für eine Auftrennung der Vorlage eingesetzt. Wäre das gelungen, hätten wir der Steuervorlage überzeugt zugestimmt. Da die Bundesratsparteien, allen voran die FDP, CVP und SP, das verhindert haben, lehnen wir diesen Deal nun ebenso überzeugt ab. Die Jungen Grünliberalen haben verständlicherweise bereits das Referendum angekündigt.

Wir sind in der Schweiz zu Recht stolz auf unsere Kompromissfähigkeit und unseren Sinn für pragmatische Lösungen. Echte Kompromisse sucht man aber innerhalb einer Vorlage und nicht, indem man die AHV-Reform zugunsten der Steuervorlage verrät. Das ist kein Kompromiss, das ist ein schlechter, unverdaulicher Deal. Ich bin überzeugt, dass das Volk das durchschauen wird.

*Jürg Grossen ist Präsident der Grünliberalen Partei Schweiz

«DIE STEUERVORLAGE ALLEIN KÖNNTE DER BEVÖLKERUNG EHRLICH UND TRANSPARENT ERKLÄRT WERDEN.» Jürg Grossen*

Die POSITION DES SGV

Ein pragmatisches Ja

Für den Schweizerischen Gewerbeverband sgv als Interessenvertreter der KMU wäre es nicht in Frage gekommen, eine Steuerreform mit Gegenfinanzierungen wie Erhöhung der Teilbesteuerung von Dividenden und Erhöhung der Familienzulagen zu unterstützen. Das geht in jedem Fall zu Lasten von KMU und Familienunternehmen. Diese Massnahmen sind nun vom Tisch. Klar ist eines: Solche Vorschläge werden vom sgv auch weiterhin dezidiert bekämpft.

Nicht alle sind heute mit der vorliegenden Verknüpfung aus Sozial- und Steuerpolitik zufrieden. Doch erinnern wir uns: Bereits mit der Absicht, die Familienzulagen zu erhöhen, enthielt die ursprüngliche Steuervorlage SV 17 eine Verknüpfung von Elementen der Steuer- und Sozialpolitik. Heute bedauern einige, dass die Teilrevision der AHV nicht ehrgeizig genug sei, andere, dass die Steuererleichterungen für Unternehmen eine zu grosse Rolle spielten.

Der sgv hatte sich dafür eingesetzt, dass die Finanzierung der AHV durch eine moderate Erhöhung der Mehrwertsteuersätze erfolgt. Das fand keine politische Mehrheit und ist so zu akzeptieren. Nun aber liegt ein Kompromiss bzw. eine Vereinbarung zwischen Volksvertretern vor, die auf beiden Seiten Zugeständnisse gemacht haben. Nebenbei bemerkt: Jene, die kritisieren, die Politik bringe keine mehrheitsfähigen Vorlagen mehr zustande, sprechen jetzt wiederum von einem «Kuhhandel». Bekanntlich ist aber die Politik die Kunst des Machbaren.

Eine Lösung liegt nun vor. Es muss nun darum gehen, für die Unternehmungen Rechtssicherheit zu schaffen und damit den Wirtschaftsstandort Schweiz im internationalen Wettbewerb zu stärken und zu sichern. Deshalb unterstützt der sgv die SV 17/STAF.

Nationalrat Hans-Ulrich Bigler, Direktor sgv

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