Publiziert am: 13.05.2016

«Endlich vorwärtskommen!»

FAIRE VERKEHRSFInANZIERUNG –Die Lückenschliessung der Zürcher Oberlandautobahn ist eines von vielen Verkehrsprojekten, die stocken. Die «Milchkuh»-Initiative am 5. Juni schafft Abhilfe.

Sie haben Ihren geschäftlichen Zeitplan gut durchdacht und in der Regel bestens im Griff. Momentan sind Sie unterwegs zu einer Besprechung mit Geschäftskunden. Doch da wird Ihre flotte Fahrt abrupt gestoppt: Stau! Sie stecken in der Blechlawine fest – einmal mehr! Der Verkehrsfluss ist zäh, die Verkehrsinfrastruktur total überlastet, und Sie bewegen sich nur langsam im Schritttempo vorwärts. Die Zeit läuft, Ihr Zeitmanagement löst sich langsam, aber sicher in Luft auf, Ihr Kunde wartet, und alle nachfolgenden Termine erreichen den Status «Verspätung un­bestimmt». Diese Situation ist für unzählige Gewerbetreibende, Angestellte und Unternehmer sowohl in Wirtschaftszentren wie auch in Randregionen Alltag. Kilometerlange Staus, Verkehrsüberlastung und lange Kolonnen verstopfen die Strassen, und es gibt kein Vorwärtskommen mehr. Über 21 000 Stunden werden Strassenbenützer in der Schweiz jährlich im Stau blockiert – verursacht durch den nicht zeit- und bedarfsgerechten Ausbau der Strasseninfrastruktur. «Die Folge­schäden dieser staatlich verursachten Verkehrsblockaden sind enorm», stellt Nationalrat Hans-Ulrich Bigler, der Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes sgv fest. Stress und Unfälle verursachen vermeidbares Leid. «Der volkswirtschaftliche Schaden übersteigt die Milliardengrenze», so Bigler. Selbst Bundesbern hat erkannt, dass dieser Zustand dringend geändert werden muss.

Zusätzliche finanzielle Mittel

Die überlastete Verkehrsinfrastruktur ist auch für Gewerbe und Bevölkerung im Zürcher Oberland respektive in der Agglomeration Wetzikon – Uster – Betzholz eine tägliche Belastung. Schon seit Jahren fordern dort KMU-Wirtschaft und Einwohner die Schliessung der Lücke in der Zürcher Oberlandautobahn (siehe Kasten). Dieses Verkehrsprojekt ist eines von vielen, das eindrücklich zeigt, dass viele verkehrs­politische Fragen ungeklärt sind und die Mühlen von Politik und Verwaltung langsam mahlen. «Das Beispiel der Oberlandautobahn zeigt exemplarisch, wie unser Land langsam aber sicher zum reinen ‹Planungsstaat› verkommt und wir zunehmend keine grossen Würfe mehr realisieren ­können», sagt der Zürcher SVP-­Nationalrat Bruno Walliser. Gemäss dem Kaminfegermeister aus Volketswil braucht es für die Beschleunigung dieses dringenden Strassenprojektes zusätzliche finanzielle Mittel. Damit schlägt er den Bogen zur «Milchkuh»-Initiative. Sie sei die einzige gesicherte finanzielle Basis für künftige Investitionen für unser Stras­sennetz. «Die ‹Milchkuh›-Initiative will, dass die Steuern und Abgaben der Strassenbenützer endlich für die Strasseninfrastruktur eingesetzt werden», erklärt sein Parteikollege Gregor Rutz. «Wenn diejenigen 50 Prozent Mineralölsteuer­erträge, welche heute zweckent­fremdet werden und in die Bundeskasse fliessen, für die Strasse eingesetzt würden, hätten wir genügend Geld, um die anstehenden Projekte zu realisieren», konkretisiert der Nationalrat aus Zollikon.

«Das Geld der Stras­senbenützer soll nun endlich zielgerichtet investiert werden.»

Diese Meinung teilt auch die Zürcher FDP-Nationalrätin Doris Fiala: «Mit der Annahme der ‹Milchkuh›-Initiative wird die Finanzierungsfrage für Strassenprojekte geklärt. Selbstverständlich hätte dies eine beschleunigende Wirkung für viele Projekte – auch für die Oberlandautobahn.» Und das Mitglied des Initiativkomitees Für eine faire Verkehrsinfrastruktur fordert: «Das Geld der Strassenbenützer soll zielgerichtet in die Strasseninfrastruktur investiert werden – damit wir alle wieder vorwärtskommen!»

Mehr Sicherheit auf der Strasse

Für die Wirtschaftsregion Zürcher Oberland, aber auch für die Bevölkerung ist das Projekt Oberlandautobahn von grosser Bedeutung. Hans Heinrich Raths, SVP-Kantonsrat aus Pfäffikon, kämpft schon lange an vorderster Front für die Schliessung der höchst ärgerlichen Lücke: «Der Stau entlang der Achse Uster–Wetzikon-Hinwil und der Achse Pfäffikon–Wetzikon–Hinwil gehört zum Alltag. Der grossräumige Ausweichverkehr belastet aber auch Weiler und Quartiere stark. Die Situation ist unerträglich und verschlimmert sich von Jahr zu Jahr.» Durch die täglichen Stausituationen versuchten viele Automobilisten, dem Stau auszuweichen, und suchten Schleichwege durch die Dörfer im schönen Zürcher Oberland, skizziert Raths die unhaltbare Verkehrssituation. Und Fiala führt in diesem Zusammenhang auch die Verkehrssicherheit ins Feld. «Strassen durch Dörfer und Quartiere, unter anderem auch Schulwege, werden dann sicherer, wenn der Berufsverkehr und die Lastwagen auf Umfahrungsstrassen vorwärtskommen und nicht unsere Dörfer verstopfen.»

Besonders stark leiden Wirtschaft und Gewerbe. Für sie ist eine intakte Strassen­infrastruktur von zentraler Bedeutung. Als Vorstandsmitglied des Kantonalen Gewerbeverbandes KGV weiss Raths, wovon er spricht: «Handwerker sind darauf angewiesen, Material und Werkzeug mit Lieferwagen und Autos transportieren zu können.» Aber auch die Industrie sei davon betroffen. «Transporte von und zu den Betrieben verspäten sich oft», so der Vizepräsident des Vorstandes des Vereins Zusammenschluss Oberlandstrasse. Auch der Busverkehr leide stark. «Busse bleiben regelmässig im Stau stecken. Die Folge sind verpasste Anschlüsse an die Bahn oder andere Busse», gibt Raths zu bedenken.

«Im Stau gehen unzählige Stunden 
produktiver 
Arbeitszeit verloren.»

Zu gewissen Tageszeiten stehe man regelmässig im Stau, weiss auch Gregor Rutz. «Wenn man bedenkt, dass die jährlichen Staukosten gesamtschweizerisch rund zwei Milliarden Franken betragen, fragt man sich, warum die Politik nicht viel schneller Massnahmen in die Wege geleitet hat.» Fiala wiederum gibt zu bedenken, oftmals könnten Termine nicht pünktlich eingehalten werden, weil die Verkehrssituation sehr unzuverlässig sei. «Unproduktive Wartezeiten verursachen Kosten. Diese zahlt am Schluss der Kunde oder die Konsumentin. Darum ist die ‹Milchkuh›-Initiative auch ein Anliegen der Konsumenten.»

Durchschnittlich eine halbe 
bis eine Stunde im Stau

Für die Entwicklung und das Bestehen der Schweizer Volkswirtschaft sind gute Strassenverbindungen eine Grundvoraussetzung. «Mobilität ist für die Wirtschaft und den Handel entscheidend», betont der Zürcher CVP-Kantonsrat Josef Wiederkehr. Als Unternehmer, der mehrere KMU im Bauhauptgewerbe und im Gerüstbau mit gesamthaft rund 200 Angestellten führt, kann er bezüglich Staus und überlasteten Verkehrsin­frastruktur ein Liedchen singen: «Ein erheblicher Teil meiner Mitarbeiter steht durchschnittlich täglich zwischen einer halben und einer ganzen Stunde im Stau», so Wiederkehr. Und der Präsident des Schweizerischen Gerüstebau-Unternehmerverbandes SGUV konkretisiert: «So gehen unzählige Stunden produktiver Arbeitszeit verloren. Pro Tag kostet mich das rund 3000 Franken. Auf das Jahr hochgerechnet, ergibt dies einen höheren sechsstelligen Betrag.»

Eine gute Infrastruktur sei auch ein wichtiger Standortvorteil. «Ein gut funk­tionierendes Schienen- und Stras­sennetz ist eine zentrale Voraussetzung zur Stärkung der Konkurrenzfähigkeit des Standortes Schweiz. Die täglichen Staus kosten Wirtschaft und Gewerbe Millionen. Wir müssen deshalb in eine zeitgemässe und zukunftstaugliche Infrastruktur investieren», betont der Präsident des Industrie- und Handelsvereins Dietikon (IHV). Im Kanton Zürich müsse nicht nur die Auto­bahn­lücke zwischen A53 und A3 (Oberlandautobahn) endlich geschlossen werden, sondern auch das Nadelöhr am Gubrist müsse beseitigt werden. «Er ist seit Jahren chronisch überlastet. Wie damals beim Bareggtunnel braucht es hier eine dritte Röhre mit drei Spuren. Nur so können der Verkehr wieder verflüssigt und die Umgebung vom Ausweichverkehr entlastet werden.» Um diese Engpässe zu beseitigen, ist gemäss dem CVP-Politiker die «Milchkuh»-Initiative die einzige Lösung. Im Interesse aller Verkehrsteilnehmer stellt eine Annahme die nötigen finanziellen Mittel dazu bereit.

Corinne Remund

Zürcher Oberlandautobahn

LĂĽcke endlich schliessen!

Die Planung des Projekts Oberlandautobahn begann bereits in der 50er-Jahren. Erste Teilstücke zwischen Brüttisellen und Uster wurden nach und nach fertiggestellt. Mit der Eröffnung der Autostrasse Schmerikon-Jona im Herbst 2003 konnte dem Verkehr ein wichtiges Teilstück übergeben werden. So besteht nun eine durchgehende Verbindung von der Autobahn A3 bis Betzholz. Aber die Lücke zwischen Betzholz und Uster besteht immer noch. Die Gründe ­dafür liegen beim Bund, wo um eine Finanzierung gerungen wird, und beim Kanton bei der Festsetzung der Linienführung im Richtplan.

Der Verein Zusammenschluss Oberlandstrasse ZOS engagiert sich derweil unermüdlich für eine rasche ­Realisierung der Oberlandautobahn – ein Projekt, welches für die Bevölkerung und die Wirtschaft im Zürcher Oberland von grosser Bedeutung ist. ZOS wurde 1999 gegründet und zählt rund 1000 Mitglieder.

CR

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