Publiziert am: 10.02.2017

Entscheidende Wochen stehen bevor

DIE MEINUNG

Die Reform der Altersvorsorge wird das grosse Thema der kommenden Frühjahrssession. Ende 2017 läuft bekanntlich die Zusatzfinanzierung der Invalidenversicherung aus. Damit fallen 0,3 Mehrwertsteuerprozente weg. Ziel ist es, diese 0,3 Mehrwertsteuerprozente ohne Unterbruch in die AHV zu überführen. Darüber soll der Souverän im September abstimmen. Dies ist nur dann möglich, wenn die Altersvorsorge 2020 in der März-Session zu Ende beraten wird. Wir stehen damit vor entscheidenden Wochen.

Im Moment stehen sich im Parlament zwei Konzepte gegenüber, die sich klar unterscheiden. Der Ständerat will die Auswirkungen der Senkung des Umwandlungssatzes teilweise in der ersten Säule kompensieren. Konkret will er alle neuen AHV-Renten um 70 Franken erhöhen. Zudem soll der Plafond für die Ehepaarrenten von 150 auf 155 Prozent erhöht werden. Finanzieren will er die Reform einerseits mit einem zusätzlichen Mehrwertsteuerprozent und andererseits mit 0,3 zusätzlichen Lohnprozenten. Der Ständerat will zudem auf eine Stabilisierungsregel verzichten. Damit würde «bloss» das Rentenalter der Frauen auf 65 Jahre angehoben. Entscheide für eine generelle Erhöhung des Rentenalters würden auf eine nächste Reform verschoben.

Der Nationalrat will die Auswirkungen der Senkung des BVG-Mindestumwandlungssatzes ausschliesslich in der zweiten Säule kompensieren. Dazu will er den Koordinationsabzug ganz streichen und die Altersgutschriftensätze anpassen. Der Nationalrat will zudem eine Stabilisierungsregel, welche auch eine schrittweise Erhöhung des Rentenalters bis auf 67 Jahre vorsieht. Die Mehrwertsteuersätze sollen in einer ersten Phase bloss um 0,6 Prozent erhöht werden. Weitere 0,4 Mehrwertsteuerprozente würden dann fällig, wenn im Rahmen der Stabilisierungsregel das Rentenalter erhöht würde.

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv lehnt das Paket des Ständerats klar ab. Aus Sicht des sgv braucht es dringend eine Stabilisierungsregel, die als Ultima Ratio auch eine Erhöhung des Rentenalters vorsieht. Am meisten stört aber der vorgeschlagene Ausbau der AHV. Hier werden rote Linien überschritten. Der Souverän hat AHVplus mit 59 Prozent Nein-Stimmen klar abgelehnt. Es darf nicht sein, dass man nun versucht, AHVplus gleichwohl noch zu einem Drittel umzusetzen.

Das Konzept des Nationalrats ist in vielen Punkten besser als jenes des Ständerats. Es hat aber auch einen grossen Nachteil, indem es den Koordinationsabzug ganz streichen will. Für den Niedriglohnbereich hätte diese Streichung massive Mehrkosten zur Folge. Da die Margen in den betroffenen Branchen sehr tief sind, hätten sowohl die Betriebe als auch die Angestellten grösste Mühe, diese Mehrkosten zu verkraften. Tausende von Arbeitsplätzen in der Schweiz würden abgebaut oder ins Ausland verlagert. Angesichts dieser gravierenden Auswirkungen tut sich der sgv nach wie vor sehr schwer mit diesem Ansatz.

Im Rahmen der Differenzbereinigung kommt die Reform der Altersvorsorge noch zweimal in den Nationalrat und einmal in den Ständerat. Es ist davon auszugehen, dass es danach immer noch erhebliche Differenzen geben wird. Deshalb wird es in der letzten Sessionswoche wohl eine Einigungskonferenz geben. Und es ist keinesfalls sicher, dass die bereinigte Vorlage am Ende die Hürde der Schlussabstimmungen überwinden wird. Klar ist heute einzig: Die nächsten Wochen werden auf alle Fälle sehr spannend.

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