Publiziert am: 19.03.2021

«Fair ist und bleibt anders»

STAATLICHE KONKURRENZ – Der Berner Regierungsrat will keine Aufspaltung des Energie- und Infra-strukturkonzerns BKW. Berner KMU ist ernüchtert – weil die unfaire staatliche Konkurrenz damit weitergeht.

Aus Sicht des Bernischen Regierungsrats gibt es keinen Handlungsbedarf, den Dienstleistungsbereich der BKW in ein separates Unternehmen zu überführen. Dies hält er in einem Bericht fest, den der Grosse Rat angefordert hatte. Hintergrund sind die anhaltenden Übernahmen von privaten Unternehmen durch die Bernischen Kraftwerke BKW und der dadurch entstehende Druck auf die KMU – weit über Bern hinaus.

Nicht überraschend – aber dennoch enttäuschend

Für den kantonalen Gewerbeverband Berner KMU ist die Haltung des Regierungsrats «absolut nicht nachvollziehbar», wie der Verband in einem Communiqué festhält. «Dass die Bernische Regierung keinen sachlichen Handlungsbedarf sieht und eine Abspaltung der BKW als finanzielles und wirtschaftliches Risiko beurteilt, findet Berner KMU mehr als bedenklich.»

Die vom Regierungsrat vorgeschlagene Herabsetzung der Sperrminorität auf einen Drittel löse das Problem der ungleich langen Spiesse nicht, für die sich Berner KMU im Rahmen seiner Kampagne «Der Staat als Konkurrent: Fair ist anders» immer wieder einsetzt. «Für Berner KMU ist klar, dass es nicht Aufgabe des Staates ist, Bau-, Gebäudetechnik- und Elektroinstallationsfirmen zu betreiben», hält Verbandspräsident Toni Lenz fest.

Berner KMU habe den Bericht der Regierung auf die vom Grossrat sehr deutlich überwiesene Motion «mit Spannung erwartet, auch wenn diese von Anfang an einen alles andere als entschlossenen Eindruck machte, wirklich etwas ändern zu wollen. Aus diesem Grund überrascht die Haltung des Regierungsrats zwar nicht; sie ist aber dennoch enttäuschend.»

Mit dem Staat im Rücken

Die Problematik der heutigen Struktur liege darin, «dass die BKW AG auf den Märkten mit dem Staat im Rücken operieren kann». Nach wie vor verfügen die BKW in der Stromversorgung über ein Monopol. «Der Stromtarif der BKW», so Berner KMU weiter, «gehört zu den höchsten in der Schweiz und hat dem Unternehmen jahrelang gute Erträge beschert. Private Haushalte sowie KMU sind gezwungen, den Strom bei der BKW zu kaufen. Diese KMU finanzieren so indirekt ihren neuen Konkurrenten BKW, der dutzendweise gewerbliche Firmen und Ingenieurbüros aufkauft. Damit wird eine normale Nachwuchsregelung verunmöglicht, und die Monopolstellung wird zunehmend auch auf die Planungs- und Installationsbran-che ausgedehnt. Es gibt bereits Fälle, bei denen die BKW AG sowohl die Planung als auch die Bauleistungen offeriert hat.» Somit habe der neu konzipierte Konzern BKW Interesse, Planungs- und Ausführungsaufträge «im Haus zu behalten» und nicht auszuschreiben. Der Zutritt der privaten Konkurrenz werde damit erschwert oder gar verunmöglicht, kritisiert Berner KMU.

Für verbindlichere Vorgaben

Die BKW bestreite zwar, dass sie den Bereich der Gebäudetechnik quersubventioniere, und mache geltend, dieser diene umgekehrt dazu, die Schwierigkeiten des Konzerns auf dem Strommarkt auszubügeln. «Bei allem Respekt vor diesbezüglichen Erfolgen bleibt es eine Tatsache, dass diese massgeblich auf Synergien mit der staatlich privilegierten Position zurückzuführen sind. Die KMU-Wirtschaft stört allein die Möglichkeit, dass unfaire Quersubventionierungen und solche Synergieeffekte den Wettbewerb verfälschen können.»

Wie weiter? «In in unseren Augen muss eine Aufspaltung des Konzerns ernsthaft geprüft werden», sagt Lenz. «Was nicht zur Produktion, dem Handel und der Verteilung von Strom gehört, ist auszugliedern und zu privatisieren.» Berner KMU will deshalb nun eine weitere Motion mit wesentlich verbindlicheren Vorgaben prüfen.En

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