Publiziert am: 18.09.2020

Fünf Herausforderungen für das Gewerbe

Das SECO sprach von einem «historischen Einbruch». Im zweiten Quartal schrumpfte das Bruttoinlandprodukt der Schweiz um 8,2 Prozent. Auch wenn die einzelnen Branchen unterschiedlich betroffen sind, ergeben sich für das ganze Gewerbe Herausforderungen, die durch die Pandemie hervorgerufen oder akzentuiert wurden.

Unsicherheit ist Gift

Ist mein Job in Gefahr? Wird die Wirtschaft längerfristig in die Rezession kippen? Kommt es zu erneuten staatlichen Einschränkungen? Unsicherheit ist Gift. Sie dämpft die Konsumstimmung der Bevölkerung. Und sie hemmt die Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Beides verschärft eine sonst schon schwierige Wirtschaftslage.

Natürlich kann man sich als einzelnes Unternehmen dem allgemeinen Trend nicht entziehen. Es gibt aber eine gute Nachricht. Die Unsicherheit hat einen klaren Namen: Coronavirus. Bis Anfang Jahr liefen die Weltwirtschaft wie die Schweizer Binnenwirtschaft bestens. Es gibt keinen Grund daran zu zweifeln, dass wir dort anknüpfen können, wenn das Virus unter Kontrolle kommt.

Besinnung auf eigene Stärken

Wenn ein Mensch Fieber bekommt, dann ist das ein Zeichen, dass der Körper eine Krankheit bekämpft. Eine Wirtschaftskrise ist mit einem Fieberschub vergleichbar. So hart es tönt: Von Zeit zu Zeit müssen nicht überlebensfähige Firmen verschwinden oder Überkapazitäten abgebaut werden.

Krisen legen Schwächen offen. Welche Bereiche haben Fett angesetzt? Wo liegen die eigenen Stärken? Dabei gilt ein wichtiger unternehmerischer Grundsatz: Man muss seine Kraft in die Stärken investieren – und nicht in die Bekämpfung der Schwächen. Sonst hat man am Ende die eigenen Stärken vernachlässigt und die Schwächen trotzdem nicht beseitigt.

Sinnvolle Digitalisierung

Schon vor der Corona-Krise war die Digitalisierung ein grosses (Mode-)Thema. Etwas weniger hochgestochen gesagt: Die Unternehmen sind schon seit Jahrzehnten daran, effizienter zu werden. Früher nannte man diesen Vorgang Automatisierung.

Der Lockdown hat viele Bereiche zu einem Digitalisierungsschub gezwungen. Ob Videokonferenzen, Generalversammlungen oder Homeoffice – es gibt viele sinn­volle Verbesserungen. Man muss kein grosser Prophet sein: Gewisse Dienstleistungen, ich nenne die Banken als Beispiel, werden sich stark verändern. Aber der Lockdown hat die Grenzen der Digitalisierung ebenso deutlich gemacht.

Abbau von Arbeitsplätzen

Wenn Aufträge oder Kunden mittelfristig ausbleiben, dann müssen verantwortungsbewusste Unternehmen auch schmerzhafte Entscheidungen treffen. Zu den schwierigsten Herausforderungen gehören der Abbau oder das Nichtersetzen von Arbeitsplätzen. Aber die Firmen sind – im Gegensatz zum Staat – gezwungen zu reagieren, um das Überleben zu sichern.

Gewöhnung an den Staat

Kurzarbeit, Gratiskredite, À-fonds-perdu-Beiträge… Insgesamt belaufen sich die finanziellen Massnahmen des Bundes auf über 60 Milliarden Franken. Es ist richtig, dass der Staat dort Schadenersatz leistet, wo die Corona-Massnahmen die Unternehmen in ihrer Tätigkeit einschränken.

Aber es macht sich eine gefährliche Anspruchshaltung bereit. Beispiel Kultur. Anstatt dass die Kulturschaffenden möglichst bald wieder arbeiten können, wird eine Art bedingungsloses Grundeinkommen geschaffen. So gerechtfertigt gewisse Staatshilfen sind, es gilt die Warnung: Wer den Staat ruft, muss sich nicht wundern, wenn der Staat dauerhaft bleibt.

Was der Staat (nicht) tun sollte

Ist Ihnen auch aufgefallen, dass den Restaurants plötzlich grosszügiger Aussenplätze bewilligt wurden? Hoffen wir, dass diese positive Flexibilität erhalten bleibt und auch andere Bereiche davon profitieren können: Wenn es etwa um die Bewilligung von Nacht- oder Sonntagsarbeit oder Baugesuche geht.

Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge sollten – wenn immer möglich – regionale Betriebe berücksichtigt werden. Mit dem nötigen Bewusstsein können Behörden die Kriterien zugunsten des einheimischen Gewerbes auslegen, ohne dabei gegen die Auflagen verstossen zu müssen.

Die wichtigste Forderung aber bleibt: Am nachhaltigsten unterstützt der Staat die Unternehmen, wenn er sie nicht unnötig einschränkt und belastet mit Abgaben, Steuern und Regulierungen.

* Der Luzerner Unternehmer und SVP-Nationalrat Franz Grüter ist VR-Präsident von green.ch.

www.franz-grueter.ch

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