Publiziert am: 07.01.2019

«Für Berggebiete verheerend»

GEFAHR FÜR DIE RANDREGIONEN – Die Berggebiete würde die Annahme der Zersiedelungsinitiative empfindlich treffen. Die Folgen für den Tourismus: weniger Sicherheit, Innovation, Gäste und Arbeitsplätze, dafür mehr Abwanderung.

«Eine Annahme der Zersiedelungsinitiative hätte für die Berggebiete verheerende Folgen», warnt Nationalrat Thomas Egger (CVP/VS). Der Direktor der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete SAB betont, dass ausserhalb der Bauzonen nur noch standortgebundene Bauten und Anlagen für bodenabhängige Landwirtschaft bewilligt würden. «Jegliche zukünftige Entwicklung wird verhindert.»

Den Lawinen ausgeliefert

Die Permafrost-Strategie der Jungen Grünen – sie wollen die Bauzonen auf dem heutigen Stand einfrie-ren – würde viele KMU direkt treffen. Auch die Wyssen Avalanche Control AG aus Reichenbach im Kandertal BE, bekannt für die Konstruktion von Lawinen-Sprengmasten. Die Pioniere der Lawinensicherung schützen viele Skigebiete und Verkehrswege. Über 120 Sprengmasten stehen alleine im Silvretta-Gebiet. Geschäftsführer Samuel – genannt Sam – ­Wyssen beschäftigt in seinem KMU 26 Angestellte, darunter 4 Lernende. 7 weitere Mitarbeiter sind weltweit tätig. «Wir verkaufen rund die Hälfte unserer Anlagen an private Unternehmen und generieren 35 Prozent des Umsatzes in der Schweiz», so der Lawinenspezialist. Wird die Zersiedelungsinitiative angenommen, könnten in der Schweiz keine neuen Systeme mehr gebaut werden. «Das wäre ein substanzieller Verlust für unsere Firma.»

Initiative gefährdet Betriebe

Der Umwelt trägt die Wyssen Avalanche Control auch so Sorge. «Unsere Anlagen greifen nur geringfügig in die Natur ein. Die Grundfläche unserer Bauten beträgt einen Qua­dratmeter», erklärt Sam Wyssen. «Sie sind komplett rückbaubar, und die Stromversorgung erfolgt über Solarpanels.» Sogar die Ladungsbehälter für die Sprengungen sind biologisch abbaubar.

Viele Betriebe wie der von Sam Wyssen sind durch die Initiative zumindest gefährdet. «Sie könnten ihre Betriebe nicht mehr an ihrem angestammten Standort erweitern», sagt der Walliser Nationalrat Egger.

Erfolg dank Entwicklung

Vor 20 Jahren haben vier Freunde im Muotathal SZ damit begonnen, Schlittenhunde-Touren anzubieten. Ihr Angebot wuchs, aus einem Unterstand wurde ein Camp, aus dem Camp wurde eine Lodge und schon bald war ein weiterer Ausbauschritt nötig. Aus der Lodge wurde schliesslich ein Hüttenhotel. Heute bietet die Erlebniswelt Muotathal GmbH 6 Voll- und rund 30 Teilzeitstellen. Dank dem Ausbau.

Die 2015 gebaute «Pensiun Laresch» ist ein Berghotel und zum Wahrzeichen des 50-Seelen-Dorfes Mathon GR geworden. Skigebiete oder andere Attraktionen sucht man hier vergebens. Die Betreiber beschäftigen vier Teilzeitangestellte. Vom Hotel profitieren aber auch die Bauernfamilien. Die Pension nimmt ihnen Wurst, Eier und Käse ab und bringt Kundschaft in ihre Hofläden. Ermöglicht hat es der Hotelneubau.

Oberhalb von St. Niklaus VS machte die Seilbahn die Jungenalp zum beliebten Ausflugsziel. Weil das Bergrestaurant vom Betreiber geschlossen wurde und er das Haus anderweitig nutzen wollte, starteten zwei ehemalige Gemeindepräsidenten ein Projekt für ein neues Restaurant. Denn ohne Restaurant weniger Gäste; diese amortisieren jedoch die Seilbahn, welche wiederum für die Alpwirtschaft unverzichtbar ist. Am 1. September 2018 eröffnete das neue Bergrestaurant.

Bei einer Annahme der Zersiedelungsinitiative wären solche Erfolgsgeschichten wohl nicht mehr realisierbar.

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