Publiziert am: 21.10.2016

Gute Nachrichten fürs Gewerbe

ZAHLUNGSVERZUG – Gute Kunde für Gläubiger: Die Motion von FDP-Nationalrat Peter Schilliger zum Verzugsschaden wurde gegen den Willen des Bundesrates mit klarem Mehr überwiesen. Nun ruhen die Hoffnungen auf dem Ständerat.

Die Zahlungsmoral in der Schweiz ist rückläufig. Durch Forderungsausfälle verliert die Wirtschaft jährlich rund zehn Milliarden Franken. Darin nicht enthalten sind die Kosten, welche jährlich von Unternehmungen für Inkassomassnahmen aufgewendet werden müssen. Für das Inkasso dieser Forderungen entstehen dem Betrieb zusätzliche Kosten. Ein Unternehmer oder ein Privater wird immer mehr dazu gezwungen, ausserhalb seiner Kernkompetenzen Zeit und Aufwand einzusetzen, um ausstehende Gut-haben bei Zahlungsunwilligen einzubringen. Will ein Gläubiger seine Zeit auf seine effektiven Kernkompetenzen fokussieren, ist er gezwungen, einen Dritten mit dem Inkasso seiner Ausstände beizuziehen oder aber auf das Einholen seiner unbezahlten Forderungen zu verzichten. In der Wirtschaft ist es daher heute gang und gäbe, dass Inkassounternehmungen mandatiert werden. Das verursacht Zusatzkosten.

«Fern der Kernkompetenz»

Um eine einheitliche Anwendung des Verzugsschadens zu garantieren, hat der Luzerner FDP-Nationalrat und Gewerbetreibende Peter Schilliger Nationalrat eine Motion (14.4278) eingereicht. Diese verlangt, dass derjenige, der Kosten durch Schulden verursacht, diese auch selber zu tragen hat. Laut Motionär geht es nicht an, dass säumige Zahlerinnen und Zahler durch ihr Verhalten der Allgemeinheit einen Schaden verursachen. Die Kosten für das Inkasso müssen nämlich auf den Preis geschlagen werden, wenn das Verursacherprinzip nicht gilt. Leidtragende sind die Konsumentinnen und Konsumenten. «Ein Unternehmer darf nicht gezwungen werden, Arbeitsaufwand fern seiner Kernkompetenz für Inkasso-massnahmen zu erbringen, nur weil er danach diese Auslagen nicht auf den Fehlbaren überwälzen darf», 
argumentiert Schilliger.

Sein Zürcher Fraktionskollege, Nationalrat und Rechtsanwalt Beat Walti, unterstützt Schilligers Motion: «Schuldner können heute davon profitieren», so Walti, «dass die Eintreibung von Ausständen für die Gläubiger aufwändig ist und sie nicht mit einer vollständigen Erstattung des tatsächlichen Aufwandes rechnen können.» Dieses Ungleichgewicht sollte behoben werden. Der Einbezug von Inkassokosten in den Verzugsschaden würde die Zahlungsmoral bestimmt fördern, sagt Walti weiter: «Eine differenzierte Regelung hinsichtlich Voraussetzungen, Ausnahmen und Umfang anrechenbarer Inkassokosten ist richtig und soll auch nach einer Überarbeitung der geltenden gesetzlichen Regelung möglich bleiben.»

Verursacherprinzip anwenden

In der Herbstsession ist die Motion gegen den Willen des Bundesrates mit 104 zu 78 Stimmen überwiesen worden. Dieser lehnte den Vorstoss mit Verweis auf die Arbeiten im 
Zusammenhang mit einem offenen Postulat (12.3641)von Ständeratspräsident Raphaël Comte (FDP) ab. Ausserdem ist der Bundesrat der Auffassung, dass bereits heute die Rechtslage klar sei. Doch da irrt der Bundesrat. Er argumentiert damit, dass der gesetzlich vorgesehene Verzugszins von fünf Prozent die Kosten, die für das Inkasso entstehen, deckten. Damit lässt er ausser Acht, dass es beim Verzugszins einzig um die Verzinsung der eigentlichen Forderung geht und nicht um den Schaden, der entsteht, weil der offene Geldbetrag nicht eingetrieben werden kann.

Seit Inkrafttreten des Obligationenrechts 1911 ist der gesetzlich verankerte Verzugszins nicht angepasst worden. Damals war es die Absicht des Gesetzgebers, dass ein Schuldner eine unbezahlte Forderung zu verzinsen hatte, um quasi den Zinsverlust des Gläubigers zu entschädigen. Von einer Entschädigung für die Umtriebe des Gläubigers ist nicht die Rede. Das Verursacherprinzip soll aber auch in der Inkassowirtschaft angewendet werden. Nur mit einer klaren Konkretisierung von OR 106 kann dies erfolgen. Die Motion geht nun an den Ständerat.

Hoffen auf den Ständerat

Der VSI Verband Schweizerischer Inkassotreuhandinstitute hat erfreut zur Kenntnis genommen, dass der Nationalrat die Motion Schilliger mit so grossem Mehr angenommen hat. «Die ganze Hoffnung der Branche ruht nun auf dem Ständerat», sagt VSI-Präsidentin Eveline Küng. Mit diesem «vorausschauenden Entscheid» habe die grosse Kammer die Interessen der Wirtschaft, aber auch der Konsumenten gewahrt. «Nicht die sich korrekt verhaltenden Konsumenten sollen die Zeche in Form von Preiserhöhungen bezahlen, wenn sich eine Minderheit der Konsumenten nicht an ihre Zahlungspflichten hält. Die Inkassokosten inklusive 
jener mit dem Inkasso beauftragten Dritten soll von den Verursachern getragen werden.»Kl/En

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