Publiziert am: 06.06.2014

«Je heisser, desto mehr Zecken»

GESUNDHEIT – Pro Jahr registriert die Suva rund 9000 Fälle von Zeckenstichen. Vor allem im Mai und Juni haben die gefährlichen Blutsauger Hochkonjunktur.

Die Zahl der schweren Hirnhautentzündungen wegen Zeckenstichen hat gemäss Bundesamt für Gesundheit stark zugenommen. Die gesamtschweizerische Entwicklung sei beunruhigend. Dort habe sich die Zahl der Hirnhautentzündungen mehr als verdoppelt. Pro Jahr registriert die Suva rund 9000 Fälle von Zeckenstichen. Obwohl ein hundertprozentiger Schutz gegen zeckenübertragene Krankheiten nicht möglich ist, kann das Risiko eines Zeckenstiches schon mit einfachen Verhaltensweisen vermindert werden.

Felix Ineichen, Arbeitsmediziner bei der Suva, weiss, wie sich der Mensch vor Zecken schützen kann – und was es mit der Hasenpest auf sich hat.

Schweizerische Gewerbezeitung: Im Frühling sind Zecken besonders aktiv. Wie kann man sich am besten vor Stichen schützen?

n Felix Ineichen: Nach dem Aufenthalt im Wald, Unterholz und auf Wiesen sollte die Haut nach Zecken abgesucht werden. Besonders häufig stechen Zecken in die Kniekehlen, Leisten und Achselhöhlen. Generell wird im Wald das Tragen von gut abschliessenden hellen Kleidern empfohlen. Auf hellem Hintergrund sind Zecken besser zu erkennen und können sofort entfernt werden, bevor sie auf die Haut gelangen. Ebenfalls von Vorteil ist ein Zeckenschutzmittel für Haut und Kleider.

«Von Zecken über 
Hasen auf den 
Menschen.»

Wieso sind Zecken so gefährlich?

n Durch Zeckenstiche werden Infektionskrankheiten auf den Menschen übertragen; in der Schweiz sind es hauptsächlich die von Viren ausgelöste Frühsommer-Meningoenzephalitis und die von Bakterien verursachte Lyme-Borreliose. Die Vireninfektion kann bei Menschen Hirnhautentzündungen und in seltenen Fällen schwere Erkrankungen an Hirn und Rückenmark zur Folge haben. Im Gegensatz zur Frühsommer-Meningoenzephalitis ist die Lyme-Borreliose relativ häufig und verursacht Entzündungen der Haut, Gelenke, Herz und Nervensysteme. Eine weniger bekannte Krankheit, die ebenfalls von Zecken auf den Menschen übertragen werden kann, nennt sich Hasenpest.

Was muss man sich unter der Hasenpest vorstellen?

n Wie der Name sagt, befällt diese Krankheit in erster Linie Hasen sowie Mäuse und andere Nagetiere. In der Medizin ist die Krankheit unter dem Namen Tularämie bekannt. Im Jahr 2013 wurden in der Schweiz etwas mehr als 20 Fälle bei Menschen erfasst, im Jahr zuvor waren es noch 40. Die Betroffenen weisen vielfältige Symptome auf. Zuerst kommt es bei allen Formen zu grippeähnlichen Beschwerden. Danach kann im Falle einer Ansteckung durch eine Zecke an der Stelle des Stichs ein Hautgeschwür entstehen und es treten Lymphknotenschwellungen auf.

Wann ist die Gefährdung von Hasenpest besonders hoch?

n Die Erreger, Bakterien namens Francisella tularensis, gelangen auch in den Körper, wenn man sie durch den Mund aufnimmt oder einatmet. Somit sind Jäger und Wildhüter gefährdet, weil sie direkten Kontakt mit Wildtieren haben. Aber auch Forstleute können sich anstecken, etwa wenn bakterienhaltiger Staub aufgewirbelt wird. Solcher Staub kann vom Kot erkrankter Tiere oder von Tierkadavern stammen. Also ist beim Arbeiten auf Wiesen, an Böschungen und im Unterholz Vorsicht geboten. Gerade wenn Freischneider oder Laubbläser zum Einsatz kommen, sind Ansteckungen möglich. In solchen Situationen bietet eine Staubmaske Schutz.

Wie viel bringt der sogenannte Zeckenschnelltest, mit dem man eine Zecke auf Borrelien untersuchen lassen kann?

n Nur etwa 5 bis 50 Prozent aller Zecken sind überhaupt Träger von Borrelien, also der Bakterien, welche krank machen können. Und auch befallene Zecken übertragen Borrelien erst, wenn sie nach dem Stich längere Zeit, wahrscheinlich mehr als 24 Stunden, am Saugen waren. In vielen Fällen ergibt also eine solche Untersuchung von Zecken überhaupt keinen Sinn. Nicht zu vergessen ist auch: Selbst wenn in einer Zecke keine Borrelien nachgewiesen werden können, ist eine Infektion durch einen anderen, nicht bemerkten Zeckenstich sehr wohl noch möglich.

Was gibt es neben dem Zeckenschnelltest sonst noch für Schutzmassnahmen in der Schweiz?

n Eine in der Schweizer Forstwirtschaft schon angewandte Schutzmassnahme stellt das Tragen von Schutzkleidung dar, die mit einem zeckenabweisenden Mittel imprägniert ist. Der Wirkstoff namens Permethrin wird seit längerem in vielen Bereichen eingesetzt; unter anderem ist er in Insektensprays enthalten. Er kann durch die Haut aufgenommen werden, eine krebserzeugende Wirkung ist umstritten.

Unfall oder Krankheit?

Wer bezahlt bei 
einem Zeckenstich?

Das Gesetz umschreibt den Unfallbegriff als plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper. Ein Zeckenbiss erfüllt die verlangten Kriterien und wird deshalb von den Unfallversicherern als Unfall eingestuft (Hautverletzung mit Infektionsrisiko). Die Kosten werden somit durch den Unfallversicherer getragen. Dies gilt auch bezüglich allfälliger, in Einzelfällen möglicherweise auftretender Spätfolgen, sofern zwischen den eingetretenen Gesundheitsstörungen und dem Zeckenbiss ein überwiegend wahrscheinlicher Kausalzusammenhang bewiesen ist.

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