Publiziert am: 20.11.2015

«Kleine» kommen unter die Räder

FINANZDIENSTLEISTUNGEN – Der sgv steht zum dynamischen und diversen Finanzplatz Schweiz und setzt sich für die Versorgung der KMU mit guten Finanzdienstleistungen ein. Deshalb wehrt er sich gegen die Diskriminierungsvorlage Fidleg∕Finig.

Trotz aller Widerstände seitens der KMU hat der Bundesrat das Paket «Finanzdienstleistungsgesetz» (Fidleg) und «Finanzinstitutsgesetz» (Finig) verabschiedet. Die Vorlage ist doppelt diskriminierend: Sie diskriminiert Kunden und KMU-Finanzdienstleister.

«FINANZ-KMU SORGEN FÜR BERATUNG UND VERSORGUNG AUF ­AUGENHÖHE.»

Was wollen Fidleg und Finig? Ursprünglich wollte man mit den ­Vorlagen den Marktzugang zum EU-ropäischen Finanzplatz sicherstellen. Plötzlich hat der Bundesrat seine Begründung geändert. Nun steht sie im Lichte der Verstärkung des Kundenschutzes.

Verlierer und Gewinner

Was das Paket aber wirklich bewirkt, ist gerade das Gegenteil. Kunden werden entweder aus den Finanzdienstleitungen ausgeschlossen oder diese werden so teuer werden, dass Anlegerinnen und Anleger alles Interesse an Investitionen verlieren (vgl. Interview auf dieser Seite). Doch nicht nur auf Kundenseite werden zusätzliche Kosten generiert. Auch die Anbieter von Finanzdienstleistungen müssen Mehrkosten stemmen. Und gerade für Finanz-KMU wird es teuer. Aber es gibt auch Profiteure: die Grossbanken. Sie können die zusätzlichen Regulierungskosten leicht durch ihre Struktur ausgleichen. Und die neuen, formalisierten Prospekt- und Protokollpflichten wirken sich auch positiv auf sie aus. Sie lassen die Kundinnen und Kunden verschiedene Male unterschreiben, dass die Bank in jedem Falle entlastet ist.

Marktzugang und ­Automatismen?

Sollte man nicht auch erwähnen, dass die Grossbanken auch wegen des Marktzugangs zur EU zu den Gewinnern gehören? Für diesen Optimismus ist es zu früh. Auch wenn der Bundesrat immer wieder vom Marktzugang durch Äquivalenz redet: Beides ist alles andere als sicher. Beide – Äquivalenz und Marktzugang – sind politische Entscheide seitens der EU und ihrer Mitglieder. Die Schweiz hat nicht die Macht, ein Gesetz zu machen und es der EU zu diktieren. Also müsste man auch im Fall Fidleg/Finig auf eine Zusage warten. Zudem: Äquivalenz ist ein dynamischer Begriff. Um äquivalent zu bleiben, muss man die Rechtsentwicklungen in der EU mitmachen. Konkret heisst dies: Jede Regeländerung in der EU müsste auch in der Schweiz umgesetzt werden. Die automatische Rechtsübernahme ist also nicht weit weg davon.

sgv für Rückweisung

Das Paket Fidleg/Finig geht nun in die parlamentarische Beratung. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv verlangt eine Rückweisung der Vorlage. Der Bundesrat hätte den erkannten Handlungsbedarf mit viel verhältnismässigeren Mitteln und günstiger lösen können.

Der erkannte Handlungsbedarf lässt sich mit der gezielten Verbesserung der bestehenden Rechtsgrundlagen lösen. Hier braucht es keine gigantistische «Neuarchitektur des Finanzplatzes». Zum Beispiel liessen sich in der Zivilprozessordnung die Kundenrechte stärken. Oder man könnte bestehende Aufsichtsorganisationen ausbauen, statt vier neue semistaatliche Organisationstypen zu schaffen.

Finanzplatz nicht 
aufs Spiel setzen

Der Finanzplatz ist wichtig für die Schweiz. Er versorgt Anlegerinnen, Anleger und Unternehmen mit Geld und sorgt so für Wohlstand. Anders als die weniger entwickelten europäischen Finanzplätze hat die Schweiz eine grosse Diversität von Akteuren. Sehr viele Finanz-KMU sorgen für Beratung und Versorgung auf Augenhöhe. Damit haben Schweizer Anleger einen einfachen und günstigen Zugang zu Produkten und Märkten. Dieser Vorteil muss gewahrt werden.

Doch die Diversität des Schweizer Finanzplatzes hat einen noch wichtigeren Vorteil. Durch die sehr grosse Zahl von Anbietern werden die systemischen Risiken vermindert. In einem Land mit systemrelevanten Banken ist es umso notwendiger, die Klumpenrisiken auf Anbieterseite zu minimieren. Das schafft man nur, indem die Finanz-KMU gedeihen können.

Der sgv steht zu einem dynamischen und diversen Finanzplatz Schweiz und setzt sich für die Versorgung der KMU mit guten Finanzdienstleistungen ein. Umso mehr wehrt er sich gegen die Fidleg-/Finig-Diskriminierungsvorlage.

Henrique Schneider,

Ressortleiter sgv

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