Publiziert am: 24.02.2017

KMU sind besonders verletzlich

WETTBEWERBSRECHT – Immer öfter sind Kleinunternehmen in Untersuchungen involviert. Oft wird deren Existenz durch ein Wettbewerbsverfahren gefährdet. Eine Motion will dies ändern.

Das Wettbewerbsrecht der Schweiz ist streng; aber nicht immer zu Gunsten der KMU. Immer häufiger kommen Fälle vor, in denen Kleinunternehmen involviert sind. Ebenso oft wird die Existenz dieser Unternehmen durch das Wettbewerbsverfahren gefährdet. Das darf nicht sein. Eine Gesetzesanpassung tut not.

Das Kartellgesetz entwickelt sich in der Praxis weiter. Doch die Leitplanken für diese Entwicklung gibt das Gesetz vor. In vielem entspricht das, was heute von der Wettbewerbskommission und den Gerichten entschieden wird, dem Gesetz. Aber diese sich entwickelnde Praxis trägt nicht immer der Situation der KMU genügend Rechnung.

Jede Firma ein Einzelfall

Der Gesetzgeber hatte es noch klar vor Augen: Die Schweizer Wirtschaft besteht im Wesentlichen aus einer Vielzahl von kleineren und mittleren Unternehmen. Auch die Wettbewerbskommission wollte ursprünglich die KMU berücksichtigen. Auf jeden Fall hat sie eine «Bekanntmachung betreffend Abreden mit beschränkter Marktwirkung», auch bekannt als «KMU-Bekanntmachung», verabschiedet.

Leider läuft die Entwicklung der Rechtsprechung dieser ursprünglichen Absicht zuwider. Dabei gehen oft folgende Tatsachen vergessen:

n KMU haben keine Rechtsabteilungen;

n Firmen tun sich zusammen für bestimmte Aufträge und gehen dann separate Wege;

n Firmen sind auf effiziente Informationsbeschaffung ĂĽber den Markt angewiesen;

n Unternehmer sind operativ tätig;

n Unternehmerinnen engagieren sich in der Firma, im Verein und in der Politik.

Alles das und viel mehr muss berĂĽcksichtigt werden, wenn man den Wettbewerb regeln und gleichzeitig die BedĂĽrfnisse der KMU im Auge behalten will. Denn in der KMU-Welt gilt ganz besonders: Jede Firma ist ein Sonderfall.

Differenzierung notwendig

Der Walliser CVP-Ständerat Jean-­René Fournier, Vorstandsmitglied im Schweizerischen Gewerbeverband sgv, will den ursprünglichen Willen des Gesetzgebers, die KMU differenziert zu betrachten, umsetzen und stärken. Fouirnier verlangt deshalb in einer Motion:

1. Die Wettbewerbs- und Gerichtsverfahren sind zu vereinfachen und zu beschleunigen, indem Fristen in die Gesetzgebung aufgenommen werden.

2. Das Gesetz soll die Veröffentlichung von Informationen über laufende Verfahren regeln: Um zu verhindern, dass der Ruf von Parteien unnütz – und vielleicht auch zu Unrecht – im Markt und in der Öffentlichkeit geschädigt wird, dürfen die Entscheide der Wettbewerbskommission erst veröffentlich werden, nachdem ihnen Rechtskraft erwachsen ist.

3. Die Sanktionen bei unzulässigen Abreden tragen der Grösse des Unternehmens und der Tragbarkeit der wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen auf dieses angemessen Rechnung. Sie müssen verhältnismässig sein und gesetzlich so ausgestaltet werden, dass die betroffenen Unternehmen sie tragen können.

4. Die Parteien sollen eine Entschädigung für ihre Kosten erhalten.

Verhältnismässigkeit wahren

Mit dieser gezielten Änderung des Kartellgesetzes werden die KMU gestärkt. Damit werden auch die Wettbewerbsprozesse nicht nur gerechter; sie werden auch effizienter. Das steigert sowohl das Verständnis für das Kartellgesetz als auch seine Akzeptanz unter den KMU.Sc

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